Was 2005 mit einer Traumhochzeit in feinsten Hamburger Kreisen begann, ist heute blanker Hass und ein bundesweites Medienspektakel vor dem Landgericht Hamburg: Der Ex-Mann von Block-House-Erbin Christina Block wirft ihr vor, in der Silvesternacht 2023/24 die gemeinsamen Kinder vor seinem Haus in Dänemark gewaltsam entführt haben zu lassen; Block streitet das ab. Block wiederum wirft Stephan Hensel vor, die Kinder jahrelang gegen sie aufgehetzt und nach falschen Gewaltvorwürfen Ende August 2021 rechtswidrig bei sich in Dänemark behalten zu haben. Ein entsprechendes Gerichtsverfahren gegen Hensel ist noch in der Schwebe.
Jede Woche kommen neue Details des jahrelang erbittert geführten Rosenkriegs ans Licht. Es geht um vermeintliche Drohungen, intime persönliche Gedanken und gegenseitige Beschuldigungen. Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Wie entstand der Hass zwischen Hensel und Block?
Hensel trat ins Block-Imperium ein
Die Antwort führt nach WELT-Recherchen nicht nur zu den Kindern oder der Entführung in der Silvesternacht, sondern auch ins Fleischgeschäft. Anhand vertraulicher Dokumente, die dieser Redaktion exklusiv vorliegen, lässt sich erstmals rekonstruieren, wie der Block-Krimi schon vor langer Zeit im Block-House-Imperium begann.
2005 wechselt der gelernte Bankkaufmann Hensel von der Berenberg-Bank in die Block House Handels AG (heute Block Foods AG). Firmenpatriarch Eugen Block schätzte die anpackende Art Hensels. Der Ehemann seiner Tochter ist zunächst kaufmännischer Leiter und später Chef der Logistikabteilung. Nach einiger Zeit holt ihn Eugen Block an die Spitze des wohl wichtigsten Unternehmens im Block-Reich – und überträgt ihm die Leitung der Block Fleischerei GmbH. Dort wird Hensel Geschäftsführer und soll unter anderem den Import von Rindfleisch aus Südamerika verantworten, auf das die Blocks in ihren Restaurants traditionell Wert legen.
Rauswurf oder auf eigenen Wunsch verlassen?
Doch im Oktober 2009 scheidet Hensel offiziell dort aus. Zu den Gründen schweigt die Familie bislang. In einem vertraulichen Brief von Eugen Block an ein dänisches Gericht vom 6. Oktober 2025 schreibt der Patriarch: „Der Kindesvater bat darum, in meinem Unternehmen zu arbeiten. Diesem Wunsch bin ich gefolgt. Nach vielen belegten Unregelmäßigkeiten (Bedrohung von Kollegen, Falschbehauptungen über Kollegen, insgesamt unkollegiales Verhalten und vieles mehr, wegen derer die weiteren Geschäftsführer nicht mehr mit Herrn Hensel zusammenarbeiten wollten/konnten) sah sich unser damaliger Aufsichtsrat gezwungen, das Arbeitsverhältnis zu beenden.“
Hensel will Fragen dazu nicht beantworten. Er erhielt allerdings am 30. Oktober 2009 ein sehr positives Arbeitszeugnis sowie eine Erklärung des Unternehmens, dass Hensel die Firma auf eigenen Wunsch verlassen habe.
Nach dem Ausscheiden aus dem direkten Block-Firmenimperium erhält Hensel – zu jener Zeit noch liiert mit Eugen Blocks einziger Tochter Christina – eine zweite Chance. In Eugen Blocks Brief ans dänische Gericht heißt es dazu: „Nachdem Herr Hensel das Unternehmen verlassen hatte, habe ich ihn vor einer strafrechtlichen Verfolgung seines Fehlverhaltens bewahrt und ihm das Startkapital für eine Unternehmensbeteiligung in der Lebensmittelherstellung gegeben – aus Respekt vor seiner Rolle als Vater meiner Enkelkinder.“
Auch dazu will Hensel nichts sagen, bestreitet aber strafrechtliches Fehlverhalten bislang.
Hensel bekommt Geld für eigene Firma
Tatsächlich stellt die Familie Block laut interner Firmendokumente Hensel damals rund 250.000 Euro zur Verfügung – für den Einstieg bei der Firma DanDo, die später in Meat Factory Hamburg H&B GmbH umbenannt wird. Das Unternehmen handelt mit tiefgekühltem Rindercarpaccio sowie Rind-, Schweine-, Straußen- und Lammfleisch. Hensel steigt zum Geschäftsführer auf.
Im ersten Jahr macht die Firma bei rund einer Million Euro Umsatz noch einen knappen Gewinn. 2012, im zweiten Jahr, rutscht sie mit 80.000 Euro jedoch in die Verlustzone. Es läuft nicht rund. Wieder müssen die Blocks einspringen, um das Unternehmen zu retten. Eugen Block, so heißt es, wollte seinen Schwiegersohn trotz aller Differenzen nicht fallen lassen, auch wegen des Familienfriedens. Deshalb habe er immer wieder versucht, Hensel Brücken zu bauen und ihm bei dessen Geschäften finanziell zu helfen.
Christina Blocks jüngerer Bruder Philipp übernimmt auf Bitten von Vater Eugen für 200.000 Euro 26 Prozent der Anteile an der Firma. Hensel behält mit 59 Prozent die Mehrheit, hat damit das Sagen. Doch auch das Bereitstellen neuen Kapitals führt nicht zu einem Wandel: Die Firma macht immer höhere Verluste. Ende 2013 sind es bereits 1,2 Millionen Euro.
Dennoch gibt sich Hensel mit seiner Firma in einer Unternehmenspräsentation Ende 2013 selbstbewusst. Im Folgejahr soll Meat Factory wieder schwarze Zahlen schreiben. 2015 soll seine Firma sogar rund 350.000 Euro und 2016 etwa 720.000 Euro Gewinn machen, heißt es in der Präsentation. Dutzende bekannte Supermarktketten stehen in der sogenannten „Carpaccio Kunden und Akquisitionsplanung 2014 – 2016“ der „Meat Factory“. Zusätzlich hofft Hensel auf eine noch engere Zusammenarbeit mit den Blocks. In der Unternehmenspräsentation heißt es am Ende unter dem Punkt „Was noch fehlt“: „Eine partnerschaftliche, familiäre Zusammenarbeit mit der Block Gruppe (Friede ernährt, Unfriede verzehrt“).“
Arbeitsgruppe „Carpaccio“
Doch Hensel gelingt es nicht, das Unternehmen aus der Verlustzone zu führen. Anfang 2014 wird die Lage immer bedrohlicher. Um Schaden von der Familie und vom eigenen Unternehmen abzuwenden, gründen die Blocks die Arbeitsgruppe „Carpaccio“, die nach Lösungen suchen soll. Am 15. Februar 2014 präsentiert eine Beratungsagentur auf 21 Seiten (liegt WELT vor) ihre Ideen. Nach außen soll das Bild der Geschlossenheit gewahrt bleiben. Deshalb heißt es unter „Prämissen“: „Es darf nicht den EINEN ‚Verlierer‘ geben.“ Vielmehr müsse eine Lösung für Eugen Blocks Kinder Philipp, Dirk und Christina Block sowie Hensel tragfähig sein. Sie müsse zudem Eugen Block zeigen, „dass die Beteiligten schwierige Themen alleine und erfolgreich lösen können“.
Die Ideen, die die Berater präsentieren, werden im Dokument mit der „We are family“-Lösung beschrieben. Demnach soll die Meat Factory ein eigenständiges Unternehmen bleiben und eine Schwestergesellschaft der Block Holding werden. Die drei Block-Kinder und Hensel sollen je 25 Prozent der Geschäftsanteile halten. Hensel soll geschäftsführender Gesellschafter bleiben, zudem eine Umsatz- und/oder Ergebnisprovision erhalten. Die Block-Gruppe soll zusätzlich einen Vertrag für Carpaccio-Produkte mit Hensels Firma abschließen.
Der „We are family“-Ansatz soll Lösung bringen
Die Beratungsagentur listet zahlreiche Vorteile dieser Lösung auf, die nicht nur den Blocks und Hensel unternehmerisch helfen soll. So heißt es: „Keine Gefahr weiterer Dispute zwischen dem Ehepaar CB/SH (Christina Block/Stephan Hensel, Anm. d. Red.) wegen der Carpaccio-Thematik.“ Und: „Familienfrieden bleibt erhalten, da kein Gegeneinander in unternehmerischen Aktivitäten.“ Hensel bleibe zudem mit seiner Vertriebskompetenz der Block-Gruppe erhalten und „wandert nicht ab zur Konkurrenz“.
„We are family“ brauche Goodwill und Vertrauen aller Beteiligten und Betroffenen, heißt es am Ende der Präsentation. Hensel scheint die Idee, die ihn wieder enger an die Unternehmen der Block-Gruppe gebracht hätte, zu befürworten, schreibt zwei Wochen später ein Memo mit vielen Details, wie es weitergehen sollte.
Verluste häufen sich
Allerdings bedeutet der Ansatz auch, dass die Block-Kinder mehr Geld nachschießen müssen. Nicht alle sind davon begeistert, dem Vernehmen nach auch Christina Block nicht, die zwischen ihrem Ehemann und ihrer Verpflichtung für die Block-Gruppe hin- und hergerissen ist. Zudem wird das persönliche Verhältnis zwischen den Blocks und Hensel in dieser Zeit immer angespannter. Bei der Taufe von Sohn Theo Ende Februar kommt es nach einem lautstarken Streit schließlich zum Eklat. Christina Block zieht danach mit ihren Kindern aus.
Die wirtschaftlichen Probleme der Meat Factory verbessern sich im Frühjahr 2014 entgegen Hensels Annahmen nicht – im Gegenteil. Eine Unternehmensberatung warnt die Blocks vor einem Fass ohne Boden. „Das voraussichtliche Jahresergebnis wird sich Stand heute nach Auskunft von P. Block in der von (…) avisierten Größenordnung von – 500T€ bewegen.“ Am Ende werden es sogar 1,4 Millionen Euro Verlust sein.
Endgültiger Bruch zwischen Hensel und den Blocks
Zum endgültigen Bruch kommt es, als Philipp Block auf dem Gelände der Meat Factory eine Palette mit Semerrollen findet, die aus Namibias Hauptstadt Windhoek stammt. Das sind magere Teilstücke aus dem Schwanzstück der Rinder- oder Kalbskeule. Die Blocks beziehen jedoch ausschließlich teureres Fleisch aus Südamerika und legen Wert auf hohe Qualitätsstandards. Für die Familie ein ungeheuerlicher Vorgang.
Kurz darauf schreibt Philipp Block an Hensel, dass er als Geschäftsführer zurücktritt und Hensel von seiner Familie kein weiteres Geld mehr für die klamme Firma erhält. Hensel fordert daraufhin von seinem Mit-Eigentümer eine Gesellschafterversammlung. Auf der Tagesordnung stehen zwei Punkte: Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen Philipp Block und „Fortführung/Stilllegung des operativen Geschäfts der Gesellschaft in Verbindung mit einem Antrag auf Insolvenz“.
Das Signal ist klar: Entweder Philipp Block zahlt oder es muss über eine Insolvenz gesprochen werden – was die Blocks aus Imagegründen unbedingt vermeiden wollen. Hensel informiert zudem Eugen Block, die Eskalation ist damit perfekt. Doch der Patriarch bleibt hart, will kein weiteres Geld von der Familie in die Firma nachschießen.
Daraufhin droht Hensel mehrfach, die Blocks und sie persönlich „fertig zu machen“, berichtete Christina Block im Prozess. Hensel bestreitet solche Aussagen, verlor aber vor Gericht in Frankfurt/Main einen Prozess gegen Block im Zusammenhang mit diesen Aussagen. Laut Gerichtsurteil habe Block mit mehreren eidesstattlichen Versicherungen die Richtigkeit dieser Aussage „hinreichend glaubhaft gemacht“.
Firmen-Liquidation statt Insolvenz
Um eine drohende öffentlichkeitswirksame Insolvenz zu verhindern, wird Meat Factory geräuschlos liquidiert. Hensel erhält schließlich 220.000 Euro, wird im August 2014 als Geschäftsführer abgesetzt. Eine für die Familie teure Abwicklung. Christina Block erklärte zu Beginn des Block-Prozesses im Juli: „Insgesamt zahlte meine Familie für seine geschäftlichen Vorhaben und zum Ausgleich der von ihm verursachten Schäden, etwa wegen der Liquidation der Carpaccio-Firma, über drei Millionen Euro.“
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