- Laut Ökonomen bringen strengere deutsche Klimaziele kaum etwas, weil im EU-Emissionshandel andere Länder die eingesparten Emissionen ausgleichen.
- Einem Klimaforscher zufolge können ehrgeizige Klimaziele Deutschland zum Technologievorreiter machen.
- In Hamburg fordern Aktivisten eine frühere Klimaneutralität, weil das Kosten senken, Innovation fördern und lokal Fortschritte ermöglichen könne.
Reint Gropp ist nicht nur ein Ökonom, sondern er sorgt sich auch ums Klima. Der Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle wünscht sich mehr Ökostrom und Forschung zu klimafreundlichen Technologien. Trotzdem hält auch Gropp die deutschen Klimaziele für überambitioniert: "Es gibt wirklich keinen sinnvollen Grund, dass wir ehrgeizigere Klimaziele haben sollten als die EU."
Gropp verweist auf den europäischen Emissionshandel. Es ist nämlich so: Die Menge an CO2, die in Europa ausgestoßen werden darf, legt die EU über sogenannte Verschmutzungsrechte fest. Wenn Deutschland auf seine Rechte früher als andere verzichtet, helfe das dem Klima gar nicht, weil andere Länder dann mehr ausstoßen könnten: "Die Quote für Deutschland kann dann von anderen Ländern ausgefüllt werden", erklärt Gropp.
Der Magdeburger Klimaökonom Joachim Weimann sieht das genauso. Jedes Gramm CO2, das Deutschland früher einspare, emittierten im Rahmen des Emissionshandels dann andere: "Wenn wir auf dem Weg weitergehen und versuchen, bis 2045 klimaneutral zu werden, dann wird uns das ökonomisch umbringen. Aber für das Klima dieser Erde wird das nichts bringen. Es wäre völlig wirkungslos."
Deutschland als Vorreiter
Doch warum halten viele trotzdem am Ziel für 2045 fest? Darius Sultani vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung findet, die Ökonomen betrachteten die Sache zu eng. Mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz böte auch Chancen.
Deutschland könne bei manchen Klimatechnologien Vorreiter werden. Die Bundesregierung setze mit dem Erreichen der Klimaziele bis 2045 ein klares Zeichen: "Dass sie es mit der Transformation ernst meint. Die Unternehmen können ihre Investitionsentscheidungen in den nächsten Jahren danach ausrichten. Das erachte ich als zentral in der Debatte."
Hamburg will Klimaneutralität vor 2045
Einigen reicht sogar das deutsche Ziel bis 2045 nicht. Hamburg will nochmal fünf Jahre früher klimaneutral sein – gerade beschlossen per Volksentscheid. Annika Rittmann ist Sprecherin der Initiative, die sich dafür eingesetzt hat: "Zum einen wird CO2 in den kommenden Jahren teuer. Das heißt, wir beschützen die Menschen, die in Hamburg wohnen, vor einem steigenden CO2-Preis und steigenden Heizkosten."
Außerdem sei Klimaschutz auch ein Innovationsmotor, sagt Rittmann: "Die Hamburger Wirtschaft wollte schon 2040 klimaneutral werden. Das ist eine Möglichkeit, Dinge, die man sowieso angehen muss, schneller und ökologisch anzugehen."
Rittmann argumentiert: Wer früh umsteuert, kann später Geld sparen – und vielleicht doch dem Klima helfen. Auch wenn andere Länder die frei werdenden deutschen Verschmutzungsrechte nutzen: Lokal sei man einen Schritt weiter. Und langfristig, so argumentiert Rittmann, zahle sich der Ehrgeiz dann doch aus.
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