• Exerten schätzen die Teilnahme der AfD-Abgeordneten an dem Treffen in Sotschi als unnötig ein. Die Abgeordneten würden keinen Durchbruch erzielen können.
  • Die Reise sorgt innerhalb der AfD für Kritik. Während Alice Weidel die Pläne kritisiert, unterstützt Tino Chrupalla das Vorhaben.
  • Die Diskussion offenbart auch eine generelle Debatte um die Ausrichtung der Partei: Pro Trump oder Pro Putin.

Gegenüber MDR Aktuell wollte sich Jörg Urban vor seiner Abreise nicht äußern. In einem Blogeintrag schreibt er aber, Europa befinde sich auf Konfrontationskurs. Würde Europa hingegen Kooperations- und Kompromissbereitschaft signalisieren, bestünden bessere Aussichten auf Frieden, so der Landeschef als Begründung für seine Reise.

Einschätzung: AfD-Politiker werden Russland-Verhandlungen nicht ernsthaft weiterbringen

Aussagen, die bei Osteuropa-Experten wie Peter Neumann, Direktor des Dresdner Osteuropainstituts, auf Unverständnis stoßen: "Ich halte das für lächerlich. Niemand hat auf Herrn Urban gewartet, nachdem der amerikanische Präsident seit Monaten am Nasenring durch die Arena geführt wird. Anzunehmen, dass die Herren jetzt den Durchbruch schaffen, ist nahezu absurd."

Laut seinem Blog will Urban "eingestürzte Brücken wieder aufbauen". Das Bild von eingestürtzten Brücken ist für Neumann aber zu viel: "Dessen ungeachtet wird in der Diskussion ja auch völlig außer Acht gelassen, dass es natürlich Gesprächskanäle gibt. Unterhalb der Ebene und schon aus sicherheitspolitischen Gründen, dass nicht aus Versehen irgendwas schief geht und eine Eskalation erfolgt, weil jemand auf den falschen Knopf gedrückt hat. Selbstverständlich gibt es die ganze Zeit Kontaktkanäle. Da braucht man jetzt keinen AfD-Abgeordneten aus Sachsen, der mal nach Sotschi fährt. Das ist wirklich lächerlich."

Streit innerhalb der AfD: Weidel kritisiert die Pläne - Chrupalla nicht

Auch Ostmitteleuropa-Experte Professor Stefan Garsztecki von der TU Chemnitz bezweifelt, dass es der russischen Seite bei der Einladung tatsächlich um Dialog geht: "Wenn sie mit Vertretern der Opposition redet, dann eigentlich mit dem Ziel, Unruhe zu streuen und zu provozieren. Und das ist eigentlich in den letzten Jahren eine langbekannte Praxis des Kremls, und da sollte die AfD keinen Vorschub leisten."

Die Reise sorgt auch innerhalb der Partei für Streit: Parteichefin Alice Weidel zeigt sich verärgert und stellt die Sinnhaftigkeit in Frage, Co-Vorsitzender Tino Chrupalla hingegen verteidigt die Teilnahme. Ein bayerischer Bundestagsabgeordneter sagte seine Reise daraufhin ab.

Trump oder Putin? Ausrichtung der Partei spaltet die Lager

Dass Sachsens AfD-Chef Urban trotz Kritik an seiner Teilnahme festhält, zeige den innerparteilichen Richtungsstreit, sagt Politikwissenschaftler Professor Hans Vorländer: "Damit will der Verband seine Eigenständigkeit demonstrieren, wenn der Vorsitzende und Oppositionsführer nach Russland fährt. Dahinter verbirgt sich ein Konflikt über die Strategie der AfD, ob sie sich noch stärker an Russland oder vielleicht stärker auch an Trump anlehnt. Das ist die Konfliktlinie in der AfD und die ist jetzt ganz offensichtlich geworden."

Freies Mandat: Abgeordneten-Reisen nach Russland rechtlich in Ordnung

Ob den Reisenden parteiinterne Konsequenzen drohen, ist noch offen. Rechtlich jedoch seien solche Reisen für Abgeordnete und Oppositionsführer unproblematisch, erklärt Roland Löffler, Direktor der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung: "Zunächst einmal gilt das freie Mandat. Der Abgeordnete ist seinem Gewissen unterworfen, vielleicht auch noch einer gewissen Parteidisziplin, aber solange die Bundesrepublik kein Ausreiseverbot nach Russland verhängt hat, kann ein Abgeordneter entscheiden, wohin er fährt und was er tut."

Russland-Politik der AfD könnte zu Streit mit Verbündeten führen

Konsequenzen drohen der AfD trotzdem. Eine Annäherung an Russland könne für eine Abkühlung zu politischen Verbündeten führen, so Löffler: "Die Rechtspopulisten in Europa agieren nicht immer einheitlich. Eine rechtspopulistische Partei aus Finnland oder Polen würde nicht nach Russland reisen, weil das für die ein No-Go ist."

Auch die russische Presse zeigt sich überrascht über den offenen Richtungsstreit in der AfD und spricht von einem Mangel an strategischer Geschlossenheit innerhalb der Partei.

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