Die Kommunistin Jeannette Jara und der Rechtsaußen-Politiker José Antonio Kast treten nächsten Monat in einer Stichwahl um die Präsidentschaft Chiles an. Nach einer Auszählung von rund 80 Prozent der Stimmen am Sonntag (Ortszeit), erkannte Präsident Gabriel Boric Jara und Kast als stärkste Kandidaten für die Stichwahl am 14. Dezember an. Boric betonte, dass Dialog, Respekt und die Liebe zu Chile Differenzen überbrücken sollten. Jara erhielt mehr als 26 Prozent der Stimmen, Kast lag mit mehr als 24 Prozent knapp dahinter – und beide damit deutlich unter der für einen Sieg in der ersten Wahlrunde erforderlichen 50-Prozent-Hürde.
Die 51-jährige frühere Arbeits- und Sozialministerin Jara gehört der Kommunistischen Partei des südamerikanischen Landes an, sie gilt aber als gemäßigt links und tritt als Kandidatin eines Mitte-Links-Bündnisses an. Sie ist zudem die erste Kandidatin der Kommunistischen Partei Chiles, die es in eine Stichwahl schafft. Jara bedankte sich nach Bekanntwerden der ersten Ergebnisse bei ihren Wählerinnen und Wählern und sprach von einem „großartigen Land“.
Der 59-jährige Jurist Kast tritt für die Republikanische Partei an und bewirbt sich bereits zum dritten Mal um das Präsidentenamt. Meinungsforscher sehen ihn im Vorteil, denn sie erwarten, dass sich die konservativen Kräfte hinter dem Gründer der rechtsgerichteten Republikanischen Partei sammeln und ihm zum Sieg verhelfen. In seinem Wahlprogramm setzte er auf harte Maßnahmen gegen Kriminalität und illegale Einwanderung, um auf die weitverbreitete Unzufriedenheit in Chile zu reagieren. Kast zeigte sich so auch am Sonntag siegesgewiss: „Wir werden unser Heimatland wieder aufbauen“, sagte er nach der ersten Wahlrunde vor Anhängern. Der Anwalt und Vater von neun Kindern wäre der erste Rechtsaußen-Präsident in Chile seit dem Ende der Herrschaft von Diktator Augusto Pinochet (1973–1990).
Im ersten Wahlgang gab es insgesamt acht Kandidaten. Der populistische Kandidat Franco Parisi landete laut Teilergebnissen überraschend auf dem dritten Platz, vor dem libertären Kandidaten Johannes Kaiser und der konservativen Kandidatin Evelyn Matthei.
Migration und Kriminalität prägten den Wahlkampf
Wichtigste Themen im Wahlkampf waren der Kampf gegen kriminelle Banden sowie die Einwanderung. In der Amtszeit des scheidenden linksgerichteten Präsidenten Boric ist die Mordrate zwar um zehn Prozent gesunken, doch die zunehmende Gewalt krimineller Banden bereitet vielen Chilenen Sorgen. Zudem verzeichnete das Land einen Anstieg der Migrationszahlen. Eine Mehrheit der Chilenen bringt den Anstieg der Kriminalität mit der illegalen Einwanderung in Verbindung.
Kast hat angekündigt, die rund 337.000 Menschen ohne Papiere – überwiegend Venezolaner – aus dem Land zu werfen. Im Wahlkampf kündigte er Massenabschiebungen, den Bau einer Grenzmauer, die Aufrüstung der Polizei und den Einsatz der Armee in kritischen Gebieten an. „Wir brauchen Einheit, um die Probleme (...) im Zusammenhang mit der Sicherheit anzugehen“, sagte Kast bei der Stimmabgabe in der Hauptstadt Santiago de Chile.
Linkskandidatin Jara versicherte nach ihrer Stimmabgabe in Santiago, dass sie „keinerlei Komplexe in puncto Sicherheit“ habe. „Angst zu schüren reicht nicht aus, um ein Land zu regieren“, sagte sie.
Parallel zur ersten Runde der Präsidentschaftswahl wurden auch die Mitglieder der Abgeordnetenkammer in dem südamerikanischen Land neu gewählt. Zudem wurde die Hälfte der Sitze im Senat neu vergeben. Sollte die Rechte die Präsidentschaft und die Kontrolle über beide Kammern des Kongresses erringen, wäre dies das erste Mal seit dem Ende der Pinochet-Diktatur. Erstmals seit 2012 galt wieder eine Wahlpflicht in Chile.
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