Mit einer Bemerkung zum Klimagipfel COP30 hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Brasilien für Empörung gesorgt. Beim Handelskongress in Berlin hatte Merz vergangene Woche abfällig über seinen Kurzaufenthalt in Belém gesprochen, wo derzeit die Klimakonferenz stattfindet. Alle in seiner Delegation seien froh gewesen, dort abzureisen.
In sozialen Netzwerken ging ein regelrechter Shitstorm über Merz nieder. Von unhöflich bis rassistisch wurde die Aussage eingestuft. Einige Nutzer erwarteten eine Entschuldigung; andere gingen sogar noch weiter und forderten, der Bundeskanzler dürfe nie wieder in Brasilien empfangen werden.
Auch örtliche Medien kritisierten Merz. Dabei gab es auch Äußerungen, die Merz unterstellten, mit seinen Äußerungen Stimmen bei Neonazis in Deutschland zu suchen. Auch wurde er beschuldigt, das „weiße Überlegenheitsgefühl“ zur Schau gestellt zu haben, das zum Zweiten Weltkrieg führte.
Der Kanzler hatte am 7. November an einem Treffen mit anderen Staats- und Regierungschefs in Belém teilgenommen.
In seiner Rede einige Tage später hatte er dann wörtlich gesagt: „Meine Damen und Herren, wir leben in einem der schönsten Länder der Welt. Ich habe einige Journalisten, die mit mir in Brasilien waren, letzte Woche gefragt: Wer von euch würde denn gerne hierbleiben? Da hat keiner die Hand gehoben. Die waren alle froh, dass wir vor allem von diesem Ort, an dem wir da waren, in der Nacht von Freitag auf Samstag wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind.“ Videoclips von der Äußerung kursieren nun bereits seit Tagen in den sozialen Medien.
„Unglücklich – arrogant – voreingenommen“
Die Antwort folgte prompt und nicht weniger scharf: Der Bundeskanzler hätte besser eine Kneipe im Teilstaat Pará oder eine Tanzveranstaltung besuchen sollen, erklärte Präsident Lula da Silva am Dienstag. Berlin biete „nicht zehn Prozent der Qualität, die Pará zu bieten“ habe. Belém ist die Hauptstadt von Pará.
Beléms Bürgermeister Igor Normando bezeichnete die Äußerung als „unglücklich, arrogant und voreingenommen“. Der Gouverneur von Pará, Helder Barbalho, erklärte: „Eine voreingenommene Äußerung offenbart mehr über den, der das sagt, als über das, worüber er spricht.“
Der Bürgermeister von Rio de Janeiro, Eduardo Paes, beschimpfte Merz auf der Plattform X am Dienstag (Ortszeit) gar als „Nazi“ und „Hitlers Vagabunden-Sohn“.
Die Veröffentlichung wurde später wieder gelöscht und durch eine andere ersetzt, in der Paes schrieb, das brasilianische Außenministerium möge sich beruhigen. „Es lebe die Freundschaft zwischen Brasilien und Deutschland.“ Ob das Außenministerium Paes zum Löschen des Posts riet, ist nicht bekannt.
„Ich bin immer dafür, dass Politiker auch mal frei reden dürfen“, sagt Klingbeil
Allerdings gab es auch Verständnis für Merz in sozialen Medien. So kritisieren einige Brasilianer die Zustände in der Stadt Belém. Es sei unverantwortlich gewesen, die COP in der unter extrem heißem Wetter und Starkregen leidenden Stadt auszutragen. Zudem sei es nicht die Schuld von Friedrich Merz, dass man in der Stadt große Armut sehen könne, schrieben manche Nutzer. Man höre in Brasilien nicht gerne die Wahrheit, hieß es.
Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) bemüht sich derweil, die Wogen zu glätten. So veröffentlichte er in sozialen Medien ein Bild von einem Besuch im Urwald und lobte die Gastgeber: „Brasilien ist ein wunderbares Land mit freundlichen Menschen und guten Gastgebern. Schade, dass ich nach der COP nicht länger bleiben kann. Ich hätte ein paar Ideen, zum Beispiel mit meinen Freunden aus dem Amazonas zu angeln.“
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) zeigte sich zuversichtlich, dass die Irritationen über die Äußerungen schnell ausräumen lassen. „Ich glaube, insgesamt muss man sagen, war das ein sehr guter Besuch, den der Bundeskanzler auch in Belém hatte“, sagte der SPD-Politiker bei einer Reise in China.
Man sei auch dabei, mit Brasilien Projekte auf den Weg zu bringen. „Und insofern, ich habe auch wahrgenommen, dass es diese Irritation gibt, aber die werden wir sehr schnell ausräumen.“ Auf die Frage, ob man sich als Kanzler so äußern sollte, sagte Klingbeil: „Ich bin immer dafür, dass Politiker auch mal frei reden dürfen.“
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace fordert dennoch eine Entschuldigung des Bundeskanzlers. „Friedrich Merz muss sich bei der Bevölkerung von Belém entschuldigen“, sagte der Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser. Die Vertreter der deutschen Nichtregierungsorganisationen in Belém hätten sich für den Kanzler fremdgeschämt. Man erlebe eine super organisierte COP und erfahre große Gastfreundschaft von Seiten der Brasilianer.
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