Unmittelbar vor dem Treffen von US-Vertretern mit Unterhändlern der Ukraine und europäischer Staaten am Sonntag in Genf kommen widersprüchliche Ansagen aus Washington, wie vollumfänglich die Regierung von Donald Trump hinter dem Friedensplan steht.

Zunächst hatte der US-Präsident selbst am Samstagmittag Ortszeit die Frage nach einem Verhandlungsspielraum für Kiew mit dem Kommentar beantwortet, der Plan sei „nicht endgültig“. Er, Trump, wolle gern „zum Frieden gelangen“.

Wenige Stunden später erklärten drei Senatoren in verschiedenen US-Medien, dass sie Telefonate geführt hätten mit US-Außenminister Marco Rubio. Dabei habe Rubio „uns sehr deutlich gemacht, dass wir die Empfänger eines vorgelegten Vorschlags sind“. Der 28-Punkte-Plan sei nicht die Empfehlung der USA, „es ist nicht unser Friedensplan“ und „im Wesentlichen die Wunschliste der Russen“. Mehr noch: Der Plan sei ohne Wissen der USA an die Öffentlichkeit durchgestochen worden.

Das Außenministerium in Washington dementierte die Aussagen der Senatoren einige Stunden später. Der Vorschlag sei von den USA erstellt worden und basiere auf „Anregungen der russischen Seite, aber auch auf früheren und aktuellen Beiträgen der Ukraine“, schrieb Rubio.

Am Sonntag wird der höchste US-Diplomat in Genf selbst erläutern können, wie hart das am kommenden Donnerstag auslaufende Ultimatum wirklich ist. In der Schweiz trifft er Spitzenvertreter der Ukraine sowie Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens. Die Europäer hatten zuvor eine gemeinsame Erklärung abgegeben, dass der Plan „zusätzliche Arbeit“ benötige. Es gelte das „Prinzip, dass Grenzen nicht gewaltsam verändert werden dürfen“.

Die widersprüchliche Kommunikation der US-Seite deutet auf möglichen Widerstand in der Administration gegen den eindeutig russische Interessen bedienenden Friedensplan hin. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte nach dem ersten Bekanntwerden des Plans mit den Worten reagiert, sein Land stehe vor der Entscheidung, „seine Würde zu verlieren oder einen der wichtigsten Partner“.

„Solider Rahmen für die laufenden Verhandlungen“

Außenminister Rubio teilte am Samstagabend Ostküstenzeit mit, seine Regierung sei Autor des Plans, der „als solider Rahmen für die laufenden Verhandlungen“ dienen solle. Was anders klingt als das, was in den Tagen zuvor aus US-Regierungskreisen drang. So hatte die „Financial Times“ am Freitag berichtet, dass Washingtons Emissäre in Kiew extremen Druck gemacht hätten, den Plan zu akzeptieren. Die Stimmung bei dem Treffen sei „widerwärtig“ gewesen, ließ sich ein anwesender Diplomat zitieren.

Trump selbst hatte zu dem Eindruck beigetragen, dass die Ukraine keine Wahl mehr habe als dem für das Land unerträglichen Konzessionen zuzustimmen. „Er wird es genehmigen müssen“, kommentierte der US-Präsident. Selenskyj „hat keine Karten“. Ein Ausdruck, den Trump seinerzeit beim berüchtigten Eklat im Oval Office Ende Februar benutzt hatte.

Ob der US-Präsident von seiner knallharten Linie nun wieder abrückt, ist eine offene Frage. Auffallend ist, dass Rubio bereits am Mittwoch seine eigene Lesart des neuen Friedensplans öffentlich machte. Der ehemalige Senator schrieb auf X, dass „ein umfassender Austausch ernsthafter und realistischer Ideen erforderlich“ sei für die Beendigung des Krieges. Mit beiden Konfliktparteien entwickelten die USA deshalb „eine Liste mit möglichen Ideen“.

Was anders klang als die „Friss oder stirb“-Ansage, die kurz darauf aus Kiew kam. Beobachter in Washington weisen darauf hin, dass der US-Verhandlungsführer Steve Witkoff längere Zeit nicht an Verhandlungen über eine Friedenslösung in der Ukraine beteiligt war und eher überraschend plötzlich als Schlüsselfigur dieses „Ultimatums“ auftauchte. Der Trump-Freund war mehrfach in Moskau und erzählte im Anschluss unter anderem in der Show von Tucker Carlson begeistert von seinen Treffen mit Russlands Machthaber Wladimir Putin. Wittkoff kann im Gegensatz zu Rubio keine außenpolitische Erfahrung vorweisen. Der New Yorker Immobilienmilliardär war maßgeblich am 21-Punkte-Plan für eine Beendigung des Krieges im Gazastreifen beteiligt.

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