Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) warnt vor der Rolle Russlands bei Spionage- und Sabotageaktivitäten in Deutschland. „Ein Ziel unserer neuen Strategie gegen hybride Bedrohungen ist, herauszufinden, ob ausländische Mächte linksextreme oder anarchistische Gruppen nutzen, um Spionage oder Sabotage zu betreiben“, sagte Dobrindt der WELT AM SONNTAG. „Eine Vermutung ist, dass sogenannte Low-Level-Agents eingesetzt werden, das heißt, fremde Mächte bedienen sich ansprechbarer oder erpressbarer Personen vor Ort, um Spionage- oder Sabotageakte durchzuführen.“
Bei Sabotageakten gegen Bahn- und Energieinfrastruktur sei die Frage, ob zwischen ausländischen staatlichen Akteuren und linksextremen Gruppen „überhaupt noch so klar zu trennen“ sei. Dobrindt kündigte an, in seinem Ministerium einen eigenen Stab für hybride Bedrohungen einzurichten. „Er soll Berichte auswerten, Muster erkennen und mögliche Akteure identifizieren.“
Zu Unterwanderungsversuchen von ausländischen Akteuren sagte Dobrindt: „Wir beobachten, dass Linksextremisten versuchen, Staat und Institutionen zu delegitimieren. Es ist nicht auszuschließen, dass ausländische Mächte solche Aktivitäten unterstützen. Auffällig ist, wie häufig linksextreme Gruppen russische Narrative im Kontext des Ukraine-Kriegs übernehmen“, so der Bundesinnenminister.
In Deutschland hat es in den vergangenen Jahren mehrere Sabotageakte gegen kritische Infrastrukturen gegeben. Immer wieder geraten dabei Bahnstrecken ins Visier der Täter: So legten im Oktober 2022 gezielte Beschädigungen an Glasfaserkabeln der Deutschen Bahn große Teile des norddeutschen Zugverkehrs lahm. Im Juli dieses Jahres beschädigte ein Brand in einem Kabelkanal die wichtige Bahnstrecke zwischen Duisburg und Düsseldorf. Die Polizei geht von einem Sabotageakt aus. Der Staatsschutz ermittelt.
Auch die Tesla-Gigafactory in Grünheide war bereits mehrfach Ziel von Sabotage. Ein Brandanschlag auf einen Hochspannungsmast führte 2024 zu einem Ausfall der Stromversorgung des Werks. Eine linksextremistische Gruppe bekannte sich später zu dem Anschlag. Parallel verzeichnen die Behörden zunehmend Angriffe auf die Energie-Infrastruktur, darunter Brandstiftungen und Manipulationen an Strommasten in Berlin, die wie im August dieses Jahres teils zu großflächigen Stromausfällen führten. Auch zu dieser Tat bekannten sich Linksextremisten.
Bei all diesen Sabotageakten, die meistens aus dem anarchistischen, ökoanarchistischen oder linksextremen Milieu kommen, gibt es seit einiger Zeit den Verdacht, dass die Taten auch von ausländischen Staaten gesteuert worden sein könnten. Ein Beweis dafür gibt es allerdings nicht.
Russischer Botschafter einbestellt
Das von Johann Wadephul (CDU) geführte Außenministerium bestellte am Freitagvormittag den russischen Botschafter ein. Begründung: Russland sei für einen Cyberangriff auf die deutsche Flugsicherung und systematische Desinformationskampagnen auch während der Bundestagswahl im Februar 2025 verantwortlich. Die Vorfälle seien klar der Verantwortung des russischen Militärgeheimdiensts GRU zugeordnet worden, sagte ein Sprecher des Außenministeriums.
„Wir beobachten seit geraumer Zeit eine massive Zunahme bedrohlicher hybrider Aktivitäten durch Russland“, sagte der Außenamtssprecher. „Diese reichen von Desinformationskampagnen über Spionage und Cyberattacken bis hin zu Sabotageversuchen.“ Ziel sei es, „die Gesellschaft zu spalten, Misstrauen zu schüren, Ablehnung hervorzurufen und das Vertrauen in demokratische Institutionen zu schwächen“. Russland bedrohe „damit ganz konkret unsere Sicherheit“.
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