In Belarus hat Machthaber Alexander Lukaschenko nach offiziellen Angaben 123 politische Gefangene freigelassen. Opposition und Menschenrechtler teilten mit, dass unter ihnen auch prominente Oppositionelle wie Maria Kolesnikowa und der Friedensnobelpreisträger Ales Beljazki seien.

Der 63-jährige Bjaljazki werde nach 1613 Tagen, also gut vier Jahren Haft, nach Litauen abgeschoben, erklärte Wjasna in Online-Netzwerken. „Ich habe mit ihm gesprochen und er reist nach Litauen und er fühlt sich gut“, sagte seine Frau Natalia Pintschuk der Nachrichtenagentur AFP.

Auch der Ex-Präsidentenkandidat Viktor Babariko sei wieder in Freiheit.

Freilassung nach Absprachen mit den USA

Die Freilassung sei im „Rahmen der mit US-Präsident Donald Trump getroffenen Vereinbarungen und auf dessen Bitte hin“ erfolgt, teilte Lukaschenkos Pressedienst in Minsk mit. Es gab zunächst keine offizielle Liste der Freigelassenen. Schon zuletzt hatte Lukaschenko Gefangene auf Drängen der USA freigelassen.

Grund des Schritts sei auch die Aufhebung der Sanktionen gegen die Kalium-Industrie der Republik Belarus, teilte die Führung in Minsk weiter mit. Lukaschenko habe Bürger verschiedener Länder begnadigt, „die nach den Gesetzen der Republik Belarus wegen verschiedener Straftaten – Spionage, terroristische und extremistische Aktivitäten – verurteilt wurden“, hieß es. Die Verurteilten hatten die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Sie galten als politische Gefangene.

Es handele sich um eine Geste auf „Bitten anderer Staatschefs und aus humanitären Gründen sowie aufgrund allgemeiner menschlicher und familiärer Werte“, teilte Lukaschenkos Pressedienst mit. Ziel sei es, die positive Dynamik der Beziehungen zu den Partnerländern von Belarus zu beschleunigen und die Lage in der gesamten europäischen Region zu stabilisieren.

US-Sondergesandter John Coale sprach nach Gesprächen mit Lukaschenko in Minsk von „sehr produktiven“ Treffen.

Kolesnikowa nicht mehr in Belarus

Kolesnikowa sei schon nicht mehr in Belarus, teilten Oppositionsvertreter in Vilnius mit. Lukaschenko erkaufte sich mit der Freilassung der Gefangenen unter US-Vermittlung auch die Aufhebung von westlichen Sanktionen gegen das Land. Er hatte zuletzt Dutzende Gefangene freigelassen und sich offen gezeigt, auch Kolesnikowa gehen zu lassen. Allerdings müsse sie dafür ein Gnadengesuch an den als letzten Diktator Europas verschrienen Politiker schreiben, sagte er.

Kolesnikowa gehörte zu den Anführerinnen der Massenproteste nach der von beispiellosen Manipulationsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl 2020. Machthaber Lukaschenko ließ die Proteste niederschlagen. Kolesnikowa wurde im September 2020 festgenommen und ein Jahr später wegen Verschwörung zum Umsturz zu einer elfjährigen Haftstrafe verurteilt. Sie gilt als politische Gefangene. In dem Land sind immer noch Hunderte Kritiker Lukaschenkos in Haft.

Tichanowskaja: EU-Sanktionen schmerzhafter als US-Strafmaßnahmen

Die belarussische Oppositionsführerin Tichanowskaja sagte der Nachrichtenagentur AP am Samstag, die Aufhebung der Sanktionen sei Teil eines Deals zwischen den zwei Regierungen. „Die Freilassung politischer Gefangener bedeutet, dass Lukaschenko den Schmerz westlicher Sanktionen versteht und versucht, sie zu lockern“, sagte Tichanowskaja. Doch dürfe man „nicht naiv sein: Lukaschenko hat seine Politik nicht geändert“, sagte sie. Der belarussische Präsident gehe weiter gegen Kritikerinnen und Kritiker vor, zudem unterstütze er den russischen Angriffskrieg gegen die Ukrainer.

Tichanowskaja sagte, die Sanktionen der EU gegen belarussisches Düngemittel mit Kaliumkarbonat seien deutlich schmerzhafter für Belarus als die US-Sanktionen. Die Europäer sollten mit ihren Strafmaßnahmen auf einen langfristigen Systemwandel in Belarus und auf das Ende des Kriegs in der Ukraine hinwirken, sagte sie.

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