Seit hundert Tagen ist Donald Trump im Amt. Zweifellos gab es in der jüngeren US-Geschichte keine Präsidentschaft, die in so kurzer Zeit weltweit für so viel Aufregung gesorgt hat. Auch die traditionelle 100-Tage-Marke ließ der Republikaner nicht ohne großen öffentlichen Auftritt verstreichen. In der Autobauer-Stadt Warren im US-Bundesstaat Michigan trat er am Dienstagabend vor seinen Anhängern auf. „Leute, ich habe Euch vermisst! Wie ich den Wahlkampf vermisse“, bekannte der 78-Jährige seinen jubelnden Fans.

Die Zeit seit seinem Amtsantritt am 20. Januar seien „die erfolgreichsten ersten 100 Tage, die es je in einer Präsidentschaft gegeben hat“, behauptete Trump. Und zählte seine Errungenschaften auf. Die fünf wichtigsten, und was von ihnen zu halten ist.

Ende der illegalen Migration

Das Versprechen, die „Invasion“ der USA zu beenden, war eines der wichtigsten Themen für Trumps Wahlsieg. Zum einen durch die Abschottung der Grenze nach Mexiko. Zum Zweiten durch Massenabschiebung. Hinsichtlich des ersten Ziels kann Trump in den ersten hundert Tagen Ergebnisse vorlegen. Die Zahl der illegalen Grenzübertritte ist dramatisch gesunken. Waren es unter Vorgänger Joe Biden im März 2023 noch 137.000 Menschen, die ohne Papiere über die Grenze kamen, sind es ein Jahr später nur noch 7000.

Das gelang Trump durch verstärkte Grenzabsicherung und Druck auf Mexikos Regierung. Auch haben gezielt eingesetzte Social-Media-Clips und TV-Berichte, die harsche Zugriffe durch die Ausländerbehörden zeigen, nachweislich eine abschreckende Wirkung auf Migranten.

Die versprochene Massenabschiebung ist hingegen ausgeblieben. Administrativ und juristisch sind die Hürden hoch. Zwar lässt Trump aufwendig einzelne Abschiebeflüge inszenieren. Eine Million Menschen hatte der Präsident pro Jahr auszuweisen versprochen. Nach Berechnung des Migration Policy Institute wird er maximal die Zahl von einer halben Million erreichen – und damit weniger Menschen abschieben als sein Vorgänger Biden im Jahr 2024.

Respekt für die USA

In Michigan rühmte sich Trump, dass er seine Nation nach „der Zerstörung“ durch Biden wieder zu einem geachteten Land gemacht habe. „Die USA werden wir wieder respektiert. Sie kommen aus aller Welt, um euren Präsidenten zu sehen und einen Deal mit uns zu machen“, erklärte Trump. Damit meinte er wohl die Treffen, die er jüngst nach dem Verhängen der Zölle Anfang April hatte.

Die Frage stellt sich, ob die Welt Trumps Interpretation teilt. Staats- und Regierungschefs reichen sich tatsächlich in Washington die Klinke in die Hand. Doch in den meisten Fällen waren die Treffen von Anspannung geprägt, sei es jenes mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, mit Jordaniens König Abdullah II. Oder mit Israels Premier Benjamin Netanjahu. Ob Staaten wie Kanada, Panama oder Grönland Trumps USA mehr Achtung erweisen, nachdem der US-Präsident deren territoriale Integrität massiv bedroht hat, steht ebenfalls zur Debatte. Von seiner vollmundigen Ansage, Russlands Krieg in der Ukraine „binnen 24 Stunden zu beenden“, ist Trump derweil weit entfernt.

Günstiger Leben mit Trump

Gleich vom ersten Tag seiner Präsidentschaft werde das Leben für die US-Bürger billiger, war eines der großen Versprechen. Zwischen 2020 und 2024 stiegen die Lebensmittelpreise um 24 Prozent. Am Trend nach oben hat Trump nichts geändert. Im März gab es ein neues Plus von 2,4 Prozent.

Die von Trump angekündigten Zölle werden die Verbraucherpreise voraussichtlich noch weiter antreiben. Weshalb das Verbrauchervertrauen merklich sinkt. Es fiel im April um 7,9 Punkte auf 86 Punkte und damit auf ein Fünf-Jahres-Tief.

„You are fired“

Trump versprach im Wahlkampf, mit Bürokratie und „Korruption“ im „Sumpf Washington“ aufzuräumen. Als Manager stellte er dafür Elon Musk ein. Zweifelsfrei hat Musk auf dem Papier in hohem Tempo ganze Arbeit geleistet. Zehntausende öffentliche Angestellte verloren ihre Jobs. Nach Berechnungen der Demokraten fror die Administration umgerechnet 380 Milliarden Euro ein. Besonders hart traf es die US-Entwicklungsbehörde USAID, die abgewickelt wurde.

Trump schloss auch das Bildungsministerium und strich weltweit führenden Forschungseinrichtungen Milliardengelder. Er ließ Bundesbehörden für Wetterwarnung und Katastrophenschutz zusammenstreichen. Experten rechnen damit, dass viele dieser Einschnitte enorme Folgekosten haben werden.

Triumph in den Meinungsumfragen?

„Unser Goldenes Zeitalter hat gerade erst begonnen“, behauptete Trump vor den jubelnden Fans in Warren. Das bestätigten ihm zufolge auch seine Umfragewerte: Zum ersten Mal in der US-Geschichte meinte die Mehrheit der Amerikaner, dass das Land in die richtige Richtung gehe.

Schaut man auf die aktuellen Umfragen, bestätigen diese das Gegenteil. Zum einen ist kein Präsident seit 1945 nach hundert Tagen im Amt so unbeliebt gewesen wie Trump. Zugleich sagen 62 Prozent der Bürger einer neuen Studie der Universität Chicago zufolge, dass ihr Land in die falsche Richtung gehe.

Stefanie Bolzen berichtet für WELT seit 2023 als US-Korrespondentin aus Washington, D.C. Zuvor war sie Korrespondentin in London und Brüssel.

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