Das höchste deutsche Steuergericht ist der Bundesfinanzhof, angesiedelt in München. Dort sind im vergangenen Jahr 1.744 Steuerklagen eingegangen. Zwei Jahrzehnte zuvor waren es noch mehr als 3.400. Ähnlich sieht der Trend an den 18 Finanzgerichten auf Länderebene aus.

Diese Entwicklung könne vielfältige Gründe haben, sagt Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler: "Man muss hier sicherlich differenzieren, dass der Weg zum Bundesfinanzhof je nach Sach- oder Rechtsfrage durchaus kompliziert und entsprechend teuer ist bezüglich der Vertretung der Anwälte oder Steuerberater, die man dafür benötigt."

Bund der Steuerzahler: Vielfach Einigung mit Finanzämtern

Zu vermuten sei darüber hinaus, dass sich viele Steuerzahler bei Streitigkeiten vorab mit den Finanzämtern einig würden, denn die Zahl der Einsprüche dort sei gestiegen: "Was uns zeigt, dass die Steuerzahler sehr wohl Einspruch erheben, wenn sie der Auffassung sind, dass etwas nicht richtig oder vollständig berücksichtigt wurde." Das zeige aber auch, dass im Zweifel bereits im Vorfeld – bis es zu einer Klageerhebung komme – eine Einigung erzielt werde. Insofern gehe man nicht davon aus, dass mehr Steuerfrieden herrsche, sondern die Finanzämter schon im Vorfeld bemüht seien, die Steuer richtig festzusetzen.

Statistisch gesehen lasse sich nicht erkennen, um welche Art der Steuer in den letzten Jahren mehr oder weniger gestritten wurde, sagt Karbe-Geßler. Lediglich die Einsprüche zur Grundsteuer ließen sich zuordnen, diese seien in den vergangenen zwei Jahren gestiegen.

Steuerberater sehen hohe Hürden für Klagen

Steuerberater sehen als Hauptgrund für den Rückgang der Klagen beim Bundesfinanzhof (BFH) die hohen Hürden. Carsten Nicklaus, Vize-Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands, sagt, es gebe "die Schwierigkeit, überhaupt zum BFH zu kommen". Denn in vielen Fällen werde eine Revision überhaupt nicht zugelassen. "Dann muss man mit der Nichtzulassungsbeschwerde arbeiten." Und selbst wenn man damit Erfolg habe, seien die Hürden verhältnismäßig hoch. Diese Hürden würden viele Steuerpflichtige nicht nehmen, so Nicklaus.

Darüber hinaus müsse man auf die Kosten schauen, denn die Kläger zahlten nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die für Steuerberater und Anwalt: "Und sie kämpfen mit der Unsicherheit. Denn solche Verfahren dauern viele Monate, manchmal auch Jahre. Die Mandanten wollen Rechtsfrieden, sie wollen nicht noch eine große Nachzahlung fürchten müssen, die irgendwann mal kommt, wenn die Entscheidung getroffen wird. Die möchten das abschließen."

Außerdem hätten viele Steuerpflichtige nun mehr Möglichkeiten, sich selbst über mögliche Erfolgsaussichten einer Klage zu informieren, sagt Nicklaus. Dazu gehöre die Recherche via Internet. Insbesondere KI-Tools könnten auf die Rechtssprechung vergangener Jahre zurückgreifen und so Perspektiven aufzeigen.

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