In der Diskussion über die Finanzierung des Gesundheitssystems sieht die Stiftung Patientenschutz in der Honorarreform zugunsten der Ärzte eine Ursache dafür, dass die Zahl der Arztbesuche von Patienten gestiegen ist. „Die vor einem Jahr eingeführte Ärzte-Honorierung trägt Mitschuld an vielen Arzt-Patienten-Kontakten“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. „Es war ein Fehler, dass die Politik auf Drängen der Kassenärztlichen Vereinigung die ambulant-ärztliche Entbudgetierung beschlossen hat. Jetzt wird bei jedem Arztbesuch Kasse gemacht. Folge sind unsinnige Wiedereinbestellungen.“

Wie schon für Kinderärzte war im Frühjahr auch für Hausärzte die Deckelung ihrer Vergütungen durch Quartalsbudgets entfallen. „Das ist ein Beispiel dafür, dass der Bundestag der Kassenärzte-Lobby auf den Leim gegangen ist. Die Kassenärztliche Vereinigung hatte jahrelang darüber geklagt, dass nicht allen ärztlichen Mitgliedern ausreichend Geld am Ende eines Quartals zur Verfügung stehe“, sagte Brysch. „Die Wiedereinführung des festen Budgets ist aber notwendig.“ So sei auch eine effiziente Kostendämpfung möglich.

Indirekt räumte auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, problematische Folgen des Vergütungssystems ein. „Die hohe Zahl der Arztkontakte kann nicht allein mit dem Verhalten der Patientinnen und Patienten erklärt werden. Eine der Ursachen dürfte auch das Vergütungssystem für die Praxen und Kliniken sein. Ich sage mal salopp: Wer Fälle bezahlt, bekommt Fälle“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Darum müssen wir uns Gedanken machen, wie wir die Honorierung so umbauen, dass falsche Anreize und ein Missbrauchspotenzial so weit wie möglich vermieden werden. Das benötigt aber Zeit.“

Zudem lenke aus seiner Sicht die Einführung einer Kontaktgebühr bei Praxisbesuchen nur von notwendigen Reformen ab. Zwar könne man über die Zuzahlung von Versicherten nachdenken, „aber erst in zweiter Linie“, sagte Reinhardt dem Deutschlandfunk. „Ich befürchte, dass es davon ablenkt, dass wir Strukturreformen brauchen im Zugang zum Gesundheitswesen.“

Eine Kontaktgebühr werde eine gewisse Entlastung bieten, aber bei Weitem nicht reichen, um das Defizit zwischen Einnahmen und Ausnahmen in Deckung zu bringen, erklärte der Ärzte-Präsident. „Und es wäre fatal, wenn wir das jetzt sozusagen als einzige Maßnahme oder als eine Maßnahme einführten, die am Schluss davon ablenkt, dass wir wirklich uns um die Strukturen kümmern müssen.“ Überdies sieht Reinhardt in einer Kontaktgebühr eine „einseitige Belastung derer, die Hilfe in Anspruch nehmen müssen“.

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