- Die geplante Schüler-ID stößt auf Kritik von Datenschützern und der GEW, die vor Risiken durch Datensammlungen warnen.
- Lehrerverbandspräsident Düll hält die Schüler-ID zwar für sinnvoll, warnt aber vor mehr Aufwand und hohen Kosten für Schulen bei der technischen Umsetzung.
- Bildungsforscher Dohmen sieht die Schüler-ID als langfristig interessant, aber warnt vor einem übermäßigen Fokus auf Daten statt konkreter Umsetzung.
Schon lange wird über die Einführung einer Schüler-ID diskutiert. Die Kultusministerkonferenz hatte die Pläne erstmals Anfang der 2000er-Jahre forciert. Geschlecht, Geburtsdatum, Schulwechsel und Sitzenbleiben sollten darin unter anderem gespeichert werden. Auch wegen kritischer Stimmen von Datenschützern wurden die Pläne damals auf Eis gelegt.
Kritik an Schüler-ID
Welche Daten in der nun von Union und SPD geplanten Schüler-ID landen sollen, steht zwar noch nicht fest, Frank Spaeing von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz äußert dennoch bereits Bedenken: "Es bietet das Potenzial, dass daraus viele Probleme erwachsen können. Da kann, je nachdem, wer sie wie verwendet, eine Datensammlung entstehen, die wir nie wieder eingefangen kriegen."
Auch die Bildungsgewerkschaft GEW sieht die Einführung kritisch. Einerseits aus Datenschutzgründen, andererseits wird die Prioritätensetzung bemängelt. Es gebe nicht zu wenig Daten, sondern zu wenig Lehrerkräfte, sagt Anja Bensinger-Stolze von der GEW: "In den letzten Jahren seit PISA haben wir eine Menge Daten gesammelt und wir sehen nicht den Erfolg, sondern immer noch die Frage: Wie setzen wir das eigentlich im Unterricht um?"
Hoher Arbeitsaufwand
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, glaubt nicht, dass die Schüler-ID den Lehrkräften oder Schulen helfen wird. Er befürchtet viel mehr, dass auf sie mehr Arbeit zukommen wird: "Das ist der entscheidende Punkt, weil die Daten existieren. Jetzt müsste ich die Daten pro Schüler mit einer ID verknüpfen." Düll fragt sich wie das technisch umgesetzt werden kann, ohne hohen Arbeitsaufwand und jede Menge Kosten.
Düll hält die Einführung der Schüler-ID dennoch grundsätzlich für eine gute Idee – allerdings eher als Grundlage für politische Entscheidungen und wissenschaftliche Untersuchungen.
Daten können nicht alles abbilden
Der Bildungsforscher Dieter Dohmen vom Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie ist trotzdem zwiegespalten. Die Idee sei für die Bildungsforschung interessant, aber erst in weiter Zukunft: "Selbst wenn wir eine Schüler-ID hätten, braucht es etliche Jahre bevor wir sie auswerten können." Er schätzt, dass es erst 2035 bis 2040 so weit sein könnte. "Für die Bildungsreformen, die im Moment anstehen, meines Erachtens viel zu spät und auch wenig hilfreich."
Auch Dohmen hält es für falsch, sich zu sehr auf Daten zu fixieren. Er sagt, dass viele wichtige Faktoren wie das Schulklima oder das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler in so einer Schüler-ID nur sehr schwer abgebildet werden könnten: "Ich habe viele Kontextdaten, die ich sammeln müsste und das idealerweise so, dass es keinen zusätzlichen Aufwand verursacht. Ich bin da sehr skeptisch."
Um das Bildungssystem besser zu machen, brauche es nicht noch mehr Daten, sagt Dohmen. Das Wissen sei bereits jetzt da, es müsse nur umgesetzt werden – und am besten schnell.
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