Nach Einschätzung des Medienrechtlers Dieter Dörr ergeben sich aus der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch durch das Bundesamt für Verfassungsschutz keine Änderungen für den journalistischen Umgang mit der Partei. Dies gelte auch für die Einladungspraxis der Talkshows öffentlich-rechtlicher Sender, sagte Dörr dem Evangelischen Pressedienst.
„Wen man in Sendungen einlädt und wie man mit Vertretern solcher Parteien in Interviews umgeht, obliegt auch bei ARD und ZDF in erster Linie der journalistischen Verantwortung.“
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD Anfang Mai als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Dagegen geht die AfD juristisch vor. Die Einstufung ist daher ausgesetzt, bis das Verwaltungsgericht Köln über einen entsprechenden Eilantrag entschieden hat.
Dörr sagte, eine Einladung von AfD-Politikern in Talkshows stehe auch nicht im Widerspruch zu den Programmgrundsätzen der Öffentlich-Rechtlichen. Die Sender hätten einen Wertvermittlungsauftrag, der die Grundwerte der Verfassung einschließe. Das komme in den Programmgrundsätzen zum Ausdruck, wonach der öffentlich-rechtliche Rundfunk etwa für Menschenwürde und Demokratie einzustehen habe. „Dies geschieht beispielsweise durch die Wahl der Fragestellung und Kommentierung in einer Sendung“, sagte der Gründungsdirektor des Mainzer Medieninstituts. Die journalistische Verantwortung, ausgewogen und vielfältig zu berichten, schließe auch die Auseinandersetzung mit verfassungsfeindlichen Ansichten ein.
„Solange eine Partei nicht vom Bundesverfassungsgericht verboten ist, bleibt sie eine Partei mit allen Rechten“, betonte Dörr. Dies habe viele Folgen. „So darf sie etwa bei Wahlwerbezeiten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht benachteiligt werden, mögen ihre Wahlwerbespots auch noch so verfassungswidrig sein, so das Bundesverfassungsgericht.“ Die Grenze sei bei Wahlwerbespots erst durch die Verletzung strafrechtlicher Regelungen erreicht.
Dörr widersprach mit seiner Einschätzung den Äußerungen des Hamburger Journalistik-Professors Volker Lilienthal. Dieser hatte zuvor gesagt, die Podien in Talkshows, „diese Wahlkämpferbühnen zur besten Sendezeit“, seien seit der Einstufung durch den Verfassungsschutz „als ein Verstoß gegen die geltenden Programmgrundsätze zu klassifizieren“. Dies sei nicht mehr nur eine politische, sondern auch eine medienrechtliche Frage: „Vielleicht sogar irgendwann ein Fall für die Rechtsaufsicht – wenn sich nichts bessert“, sagte Lilienthal.
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