Sie sehen vielleicht aus wie Touristen, heißt es – ungepflegt und vollgepackt mit Ausrüstung. Oder wie Wanderer, die allerdings oft erkennbar keine Ahnung hätten, wie man sich im Wald verhalte. Der lettische Geheimdienst erklärte am Mittwoch, dass es sich bei solchen Menschen in Wirklichkeit um russische Saboteure und Spione handeln könnte.
Lettland grenzt im Osten des Landes über fast 300 Kilometer an Russland. Und genau wie in den anderen baltischen Staaten – Estland im Norden und Litauen im Süden – ist man dort nervös wegen der angespannten Sicherheitslage in der Region und möglichen russischen Sabotageakten.
Zuletzt hatte es eine Reihe von Sabotageakten gegeben, etwa Brandstiftungen, für die westliche Regierungen Russland verantwortlich machen, darunter auch brennende Pakete bei DHL. Diese Anschuldigungen hatte Moskau stets bestritten. In seinem Jahresbericht gibt der lettische Nachrichtendienst MIDD nun Ratschläge, wie man mögliche Aufklärungs- und Sabotageakteure erkennen könne.
In dem Bericht wird eine lange Liste potenziell verdächtiger Anzeichen aufgezählt: merkwürdiges Auftreten, unpassend wirkende Militär- oder Sportkleidung und die Neigung, verdächtige Fragen zu stellen. Nach Angaben des Sicherheitsdienstes könne man etwa in der Nähe von militärischen Einrichtungen oder kritischer Infrastruktur auf derartige Gruppen treffen. Oder in abgelegenen Gebieten, wo die Betreffenden häufig auffällig wenig Interesse an der Natur zeigten. Manche gäben sich auch als humanitäre Helfer aus, könnten spezielle medizinische Ausrüstung tragen, Karten oder Funkgeräte – Gegenstände, die eben besser für Geheimoperationen geeignet seien als für normale Campingausflüge.
Der lettische Leitfaden wird in einer Zeit veröffentlicht, in der auch anderswo in der Region Broschüren mit Ratschlägen für den Fall einer Eskalation herausgegeben werden. Die neuen Nato-Mitglieder Schweden und Finnland etwa erklären ihren Bürgern, wie man in Kriegen oder Naturkatastrophen seine Überlebenschancen erhöhen kann. Und auch das nahe gelegene Polen bereitet derzeit entsprechende Leitlinien vor.
Auch vor vermeintlichen Heldentaten wird gewarnt
Norwegen gab ein Buch heraus, in dem es darum geht, wie man unter widrigen Umständen eine Woche lang überleben kann. „Wir leben in einer zunehmend turbulenten Welt“, heißt es dort. „Auch, wenn in Norwegen die meisten Dinge im Allgemeinen wie gewohnt funktionieren, müssen wir uns bewusst sein, dass extreme Wetterbedingungen, Pandemien, Unfälle, Sabotage – und im schlimmsten Fall Kriegshandlungen – uns beeinträchtigen können.“
Der MIDD, neben dem Staatssicherheitsdienst und dem Verfassungsschutz einer der drei lettischen Sicherheitsdienste, warnt, dass russische Saboteure auch versuchen könnten, Unruhen zu schüren oder „gesellschaftlich bedeutende Personen“ zu ermorden. Auch könnten sich ihre Aktivitäten darauf konzentrieren, „die Lage der Gesellschaft des Ziellandes zu untersuchen und Unruhen gegen die bestehende Regierung zu schüren“.
Die Agentur warnt auch davor, dass Spione nicht immer dem klassischen Bild entsprechen müssten: „Die Erfahrung der Ukrainer zeigt, dass die russischen Spezialdienste in der Lage sind, sich anzupassen“, heißt es in dem Bericht. Nicht alle Spione passten in ein Schema.
Der Bericht warnt auch davor, im Falle einer Aufdeckung Risiken einzugehen – das Vorgehen gegen Sabotagegruppen solle Profis überlassen werden. „Wenn Sie glauben, eine Sabotagegruppe auf lettischem Boden entdeckt zu haben, rät der MIDD davon ab, selbst gegen sie vorzugehen“, heißt es. „Melden Sie Ihren Verdacht stattdessen der Staatspolizei, den Spezialdiensten oder der nächstgelegenen Militäreinheit.“
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