Während seiner Reise in den Mittleren Osten hatte US-Präsident Donald Trump eine gute Zeit. Saudi-Arabien versprach Investments in den USA in Milliardenhöhe, der Scheich von Katar ließ Kamele zu seinen Ehren aufmarschieren und bestückte die Eskorte des US-Präsidenten mit roten Tesla Cybertrucks. In den Emiraten führten Frauen zur Begrüßung einen Haar-Tanz auf.

Einer verhagelte ihm in dieser Woche jedoch die Laune: Wladimir Putin. Der russische Präsident war nicht zu den von ihm selbst initiierten Verhandlungen mit der Ukraine in Istanbul erschienen. Immer wieder wurde Trump von den mitreisenden Journalisten danach gefragt, worauf er zunehmend gereizt reagierte.

Nachdem die Gespräche in der Türkei im Kern ergebnislos geblieben waren, schien Trump der Geduldsfaden mit dem Kreml-Chef endgültig zu reißen. Er drohte Putin erstmals konkret mit Konsequenzen, sollte er keinen Frieden schließen wollen und kündigte für Montag ein Telefonat mit ihm an.

Rückblick: Als Wladimir Putin Ende April seine Armee mal wieder im großen Stil Luftangriffe auf ukrainische Städte und andere zivile Infrastruktur fliegen ließ, setzte bei Trump offenkundig Verwunderung ein. Ob Putin ihn hinhalte, weil er gar keinen Frieden wolle, fragte er in einem Post auf seinem Netzwerk Truth Social. „Vielleicht muss man mit ihm anders umgehen und Sanktionen gegen Banken und sekundäre Sanktionen verhängen“, schob er hinterher.

Seine Unzufriedenheit mit der mangelnden Friedensbereitschaft Russlands schien am Freitag nur noch größer zu werden. Dass Putin nur eine drittrangige Delegation nach Istanbul entsandt hatte, kommentierte er mit den Worten: „Ich habe es satt“. Zuvor hatte er prognostiziert, dass in der Frage ohnehin nichts passieren werde, bevor er selbst mit Putin spreche.

Als klar war, dass sich bei den Verhandlungen in der Türkei im Kern nichts getan hatte, wurde aus dem „vielleicht“ von Ende April eine konkrete Drohung. „Ich werde es tun, wenn wir keinen Deal machen“, sagte Trump mit Blick auf sekundäre Sanktionen in einem Interview mit dem amerikanischen TV-Sender Fox News in Doha. Für wie mächtig er dieses Instrument hält, machte er am Beispiel Iran klar. Wer Teheran Öl abkaufe, könne keine Geschäfte mehr mit den USA machen. „Man sieht, wie die Schiffe die iranischen Häfen verlassen“, so Trump.

Es ist das erste Mal seit Amtsantritt, dass Donald Trump die Notwendigkeit verspürt, den Druck auf Putin zu erhöhen. Lange Zeit war es in den Augen des US-Präsidenten nämlich Wolodymyr Selenskyj, der nicht zum Friedensschluss bereit sei. Doch der ukrainische Staatschef hat es in den vergangenen Wochen geschafft, Trump zu beweisen, dass es nicht an ihm liegt.

Selenskyj reiste sogar in die Türkei, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht klar war, dass Putin kommen würde. Die Botschaft war klar: Kiew ist verhandlungsbereit. Und die kam in Washington an.

„Putin wird die Bemühungen um einen Waffenstillstand so lange blockieren und verzögern, bis seine Wirtschaft schwer getroffen ist und er auf einer finanziellen Insel isoliert ist“, sagte der demokratische US-Senator Richard Blumenthal. Zusammen mit seinem republikanischen Kollegen Lindsey Graham, der zwischenzeitlich nicht gut auf Selenskyj zu sprechen war, treibt er derzeit ein Gesetz voran, dass Trumps Sanktionsdrohung untermauert.

Strafzoll von 500 Prozent

Importe aus allen Ländern, die russische Energie kaufen, sollen mit einem Strafzoll von 500 Prozent belegt werden. Ein solcher Schritt würde in erster Linie China treffen, das Moskau allein im Januar Öl, Gas und Kohle im Wert von rund 5,9 Milliarden Dollar abgekauft hat, wie eine Analyse des Thinktanks Center for Research on Energy and Clean Air (CREA) ergeben hat.

Auch die Türkei würden die Zölle schmerzhaft treffen, sie war im Januar mit Importen in Höhe von 3,9 Milliarden der zweitgrößte Abnehmer russischer Energie, dicht gefolgt von Indien, was Russland 3,8 Milliarden bezahlte. Doch auch die EU importierte noch im Januar russisches Öl und Gas im Wert von 1,6 Milliarden Euro.

Brächen diese Einnahmen weg, würde das der russischen Kriegswirtschaft schweren Schaden hinzufügen. Anders als in all den Jahren zuvor, schwächelt sie inzwischen erheblich. Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel rechnet nur noch mit einem Wachstum von 1,5 Prozent in diesem Jahr und mit 0,8 Prozent im kommenden. Die Gesetzesinitiative von Graham und Blumenthal hat im Senat Berichten zufolge bereits 71 Unterstützer.

Dieses Damoklesschwert wird über Wladimir Putin hängen, wenn er am Montag um 16 Uhr deutscher Zeit den Telefonhörer abhebt. Donald Trump hat für diese Zeit ein Telefonat der beiden angekündigt. Seine Erwartung an den Kreml-Chef formulierte er gleich mit: „Hoffentlich wird es einen Waffenstillstand geben“, schrieb er am Samstag auf Truth Social.

Im Anschluss an das Gespräch mit Putin werde er mit Selenskyj sprechen, so Trump. Danach, zusammen mit dem ukrainischen Präsidenten, mit „mehreren Mitgliedern der Nato“.

Damit könnten unter anderem die Staats- und Regierungschefs des neu ins Leben gerufenen „Kiew-Formats“ gemeint sein: Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Polen. Sie waren die treibende Kraft bei dem Versuch, Donald Trump zu Sanktionsdrohungen zu bewegen. Die EU hat bereits beschlossen, am Dienstag das 17. Sanktionspaket auf den Weg zu bringen. In der Folge sollen rund 200 Schiffe von Russlands Schattenflotte mit Strafmaßnahmen belegt werden.

Abhängig vom Ausgang des Telefonats zwischen Trump und Putin am Montag könnte sich die Dynamik nochmals verschärfen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kündigte beim Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Tirana am Freitag an, noch einmal neue Sanktionen auf den Weg bringen zu wollen. Diese sollen weitreichender sein als das 17. Paket. Konkret sollten sie sich gegen Nordstream und den russischen Bankensektor richten. Man sei „in engem Kontakt“ mit US-Senator Graham.

Gregor Schwung berichtet für WELT seit 2025 als US-Korrespondent aus Washington, D.C. Zuvor war er als Redakteur in der Außenpolitik-Redaktion in Berlin für die Ukraine zuständig.

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