Die Linke sieht die deutsche Migrationspolitik als einen der Gründe für den Wahlsieg des rechtskonservativen Präsidentschaftskandidaten Karol Nawrocki in Polen. Damit habe die Bundesregierung „aktiv auch Wahlkampfhilfe für diesen rechten Präsidenten gemacht“, sagte Parteichefin Ines Schwerdtner in Berlin. Die Zurückweisungen von Asylbewerbern seien in Polen ein großes Thema gewesen. Sie hätten dem rechten Kandidaten genutzt.

„Damit hat Friedrich Merz vielleicht sogar das Ende einer EU-freundlichen Tusk-Regierung eingeleitet und eben mit seiner Politik dafür gesorgt, dass weitere EU-Feinde an die Macht kommen“, fügte Schwerdtner hinzu. „Damit macht Friedrich Merz, ob er das will oder nicht, am Ende europafeindliche Politik. Er stärkt die Feinde Europas.“

Auch Grünen-Chefin Franziska Brantner warf die Frage auf, ob die Bundesregierung Nawrocki mit ihrer Politik gestärkt habe. Sie wies auf die verstärkten Grenzkontrollen und Gedankenspiele verschiedener Politiker zur Zukunft der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 hin. „Antieuropäisches Handeln“ könnte auch anderswo „antieuropäische Kräfte stärken und vielleicht am Ende auch einen Unterschied machen“.

Nawrocki hatte die Präsidentenwahl in Polen knapp gegen den proeuropäischen Kandidaten Rafal Trzaskowski gewonnen. Der Präsident hat in Polen mehr Befugnisse als der Bundespräsident in Deutschland: Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, bestimmt die Außenpolitik mit und hat das Recht, Gesetzentwürfe einzubringen oder sein Veto gegen vom Parlament beschlossene Gesetze einzulegen.

Ziemiak erwartet Zäsur im deutsch-polnischen Verhältnis

Der Vorsitzende der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe, Paul Ziemiak, erwartet nun eine Zäsur für das deutsch-polnische Verhältnis. „Es wird mit dem neuen Präsidenten Karol Nawrocki nicht einfach“, sagte Ziemiak im ARD-„Morgenmagazin“. Im Wahlkampf habe Nawrocki auch antideutsche Töne angeschlagen.

Der CDU-Politiker sagte, der Bundeskanzler sei aber der festen Überzeugung, dass es ein starkes Verhältnis von Frankreich, Deutschland und Polen brauche. Die deutsch-polnische Zusammenarbeit sei „fundamental wichtig“ für Europa, sagte Ziemiak. Gerade wenn es schwer werde, müsse dafür gearbeitet werden.

Ziemiak wertete das Wahlergebnis als Protestwahl. Die Wahl des politischen Neulings sei ein Protest „gegen bisher sehr bekannte Gesichter“ in der polnischen Politik. Nawrocki habe nun ein Vetorecht gegen Entscheidungen des liberal-konservativen Regierungschefs Donald Tusk. „Mir fehlt jetzt etwas die Fantasie, wie es jetzt weitergehen soll“, sagte Ziemiak. Entweder gelinge es, dass der Präsident und die Regierung miteinander Kompromisse finden - „oder es gibt vielleicht sogar irgendwann vorgezogene Neuwahlen“.

EU-Kommission gibt sich „zuversichtlich“

Deutlich optimistischer hat sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gezeigt. Sie gratulierte Nawrocki zu dessen Sieg und sei „zuversichtlich, dass die EU ihre sehr gute Zusammenarbeit mit Polen fortführen wird“, erklärte von der Leyen im Onlinedienst Bluesky. „Lassen Sie uns daran arbeiten, die Sicherheit und den Wohlstand unserer gemeinsamen Heimat zu gewährleisten.“

„Wir sind zusammen alle stärker in unserer Gemeinschaft des Friedens, der Demokratie und Werte“, schrieb von der Leyen in ihrer Botschaft an den Wahlsieger.

Auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte gratulierte Karol Nawrocki zum Wahlsieg. Er freue sich darauf, mit Nawrocki zusammenzuarbeiten und „sicherzustellen, dass die Nato zusammen mit Polen noch stärker wird als sie es heute ist“, sagte Rutte am am Rande eines Treffens der osteuropäischen Nato-Länder in Vilnius.

Aus Sicht der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist der Sieg ein herber Rückschlag für Europa. „Das ist kein guter Morgen für das größte Friedensprojekt der Welt: Europa“, sagte Strack-Zimmermann der „Rheinischen Post“. Dass die Nationalisten in Europa verstärkt Zulauf hätten, sei besorgniserregend, ergänzte Strack-Zimmermann.

Die polnische Regierung müsse sich „jetzt auf eine totale Opposition eines feindlich gesinnten Präsidenten einstellen, der – wie im Wahlkampf angekündigt – alles unternehmen wird, um die Regierung Tusk zu stürzen“, warnte die FDP-Europaabgeordnete mit Blick auf Ministerpräsident Donald Tusk.

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