Der frühere Außenminister und Vizekanzler Joschka Fischer (Grüne) spricht sich für eine Rückkehr zur Wehrpflicht aus. „Ich bin der Meinung, dass wir wieder eine Wehrpflicht brauchen. Der Personalbestand der Bundeswehr ist verdammt niedrig“, sagt er dem „Spiegel“. Die neue Bundesregierung aus Union und SPD plant bislang, einen Wehrdienst einzuführen, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert.

Nach Ansicht von Fischer reicht dieses Modell jedoch nicht aus: „Wenn wir abschreckungsfähig werden wollen, wird das ohne eine Wehrpflicht nicht gehen“, sagt er. Diese solle auch für Frauen gelten. „Beide Geschlechter sind gefragt. Entweder wir haben die Gleichstellung, oder wir haben sie nicht.“ Dass er einst selbst gegen die Wehrpflicht gewesen sei, bezeichnet Fischer „aus heutiger Sicht“ als Fehler und betont: „Für die eigene Freiheit muss man einstehen. Wenn es darauf ankommt, auch kämpfen.“

Er habe sich nicht gewünscht, dass Deutschland auf Aufrüstung angewiesen sei. „Aber ich sehe keine Alternative“, fügte der frühere Grünen-Politiker hinzu. Auf die Frage, ob Europa an der Schwelle zu einem Dritten Weltkrieg stehe, sagte Fischer: „Das Risiko ist erheblich gewachsen! Wenn wir ausschließen wollen, dass es zu einer bewaffneten Konfrontation kommt, müssen wir alles tun, um Europa mit militärischer Macht auszustatten.“

Die USA würden sich gerade „mitsamt ihrer Sicherheitsgarantie“ von Europa verabschieden oder hätten dies schon getan. „Wir sind heute allein und können uns nur auf uns selbst verlassen.“ Um eine Alternative zur amerikanischen Schutzgarantie haben, sollte die Integration der französischen und der britischen Nuklearmacht in Europa vorangetrieben werden. Das werde „sehr kompliziert“, aber er sehe keine andere Chance, der „nuklearen Erpressbarkeit“ durch Russland zu entkommen.

Henning Otte (CDU), der neue Wehrbeauftragte des Bundestages, kündigte kürzlich an, für einen Pflichtdienst einzutreten, falls die Bundeswehr über den freiwilligen Wehrdienst nicht ausreichend personell aufgestockt werden könne. Auch der Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erklärte zuletzt, dass eine Rückkehr zur Wehrpflicht unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.