Unterbrochene Internetverbindungen und abgerissene Telefonate: Funklöcher nerven und sorgen für wirtschaftlichen Schaden. Die Bundesnetzagentur hat jetzt ermittelt, wo die blinden Flecken sind.
Noch immer gibt es in ganz Deutschland Löcher im Mobilfunknetz. "Seit es Mobilfunk gibt, hat Seifriedsburg noch nie die Möglichkeit gehabt, das auch ordentlich zu nutzen", sagt Bürgermeister Jürgen Lippert (Bündnis für Bürgernähe/FW). Der schlichte Grund: Kein Netz. Seifriedsburg ist ein Ortsteil von Gemünden und liegt im vergleichsweise wenig besiedelten bayerischen Landkreis Main-Spessart. Zuletzt gehörte der Landkreis zu den am schlechtesten mit Mobilfunknetz ausgestatteten Regionen Deutschlands.
Vom 26. Mai bis zum 1. Juni konnten Nutzerinnen und Nutzer im Rahmen einer bundesweiten Mobilfunkmesswoche der Bundesnetzagentur per App mitteilen, wo sie gar kein Netz, nur ein schwaches Netz oder aber eine 4G oder gar 5G Netzabdeckung vorgefunden haben.
Bundesnetzagentur zufrieden
Die Bundesnetzagentur hat nun eine Art Zwischenbericht herausgegeben zu ihrer Aktionswoche. Die Bilanz: Mehr als 150.000 Menschen haben bundesweit mitgemacht. Die Behörde konnte ihre Daten damit um rund 145 Millionen Messpunkte erweitern.
Davon kamen mit mehr als 22 Millionen die meisten aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen gefolgt von Bayern mit ebenfalls gut 22 Millionen Messpunkten. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, zeigte sich zufrieden: "Fantastisch, das hilft uns sehr, Funklöcher aufzuspüren".
Überhaupt kein Netz nur in einem Prozent der Fälle
Eine erste Erkenntnis der Messwoche ist, dass nur in weniger als einem Prozent der Fälle Nutzerinnen und Nutzer absolut kein Netz hatten. 4G gab es zu fast 51 Prozent und das besonders leistungsstarke 5G Netz bei 47 Prozent der Messungen. Von der Qualität des Netzes hängt ab, ob Anrufe via Messenger-Dienst funktionieren und wie schnell eine Seite im Netz lädt. Trotz Netzabdeckung kann der Verbraucher also faktisch auch mal nicht oder nur mit erheblichen Einschränkungen surfen oder telefonieren.
Das Hauptproblem ist, dass das Netz vom Betreiber abhängt. Und da mehrere Netzanbieter im Spiel sind, hängen Verfügbarkeit und Qualität des Netzes auch vom Mobilfunkvertrag ab. Nicht alle Anbieter sind auch überall vertreten. Netz "auf dem Papier", wie Müller sagt, bedeutet also nicht automatisch, dass auch jeder wirklich Netz hat. Der Präsident der Bundesnetzagentur gibt zu: "Da hat Deutschland noch einiges zu tun".
Nahezu 100 Prozent Netzabdeckung ist das Ziel
Das Problem aus Sicht von Gemündens Bürgermeister Lippert ist es, dass sich in weniger dicht besiedelten Regionen, wie etwa in seinem Landkreis Main-Spessart, der Ausbau für die einzelnen Netzbetreiber oft nicht rentiert. Diese Hürde ist inzwischen zumindest theoretisch behoben. Jetzt macht die Bundesnetzagentur den Betreibern nämlich zur Auflage, jeweils und nicht gemeinsam für nahezu 100 Prozent Netzabdeckung sorgen zu müssen. Bis vor Kurzem stand das noch nicht in den Verträgen.
Das hatten mehrere Bundesländer immer wieder kritisiert. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) etwa sagt, das sei überfällig. Bayern sei "als High-Tech-Standort" darauf angewiesen, dass das Netz überall funktioniere. Wenngleich die Abdeckung gerade in den Alpen schwer sei. Man könne nicht "in jedem Bergtal" einen Funkmast errichten.
Mobilfunknetzwoche soll jährlich wiederholt werden
Nach der abgeschlossenen Mobilfunkmesswoche geht es laut Bundesnetzagentur darum, die Daten mit bereits bestehenden Erkenntnissen abzugleichen. Die Informationen von den unterschiedlichen Netzbetreiber sollen mit den Erfahrungen der Nutzerinnen und Nutzer vor Ort zusammengebracht werden.
Bundesnetzagentur-Chef Müller erklärt, der Unterschied komme auch oft dadurch zustande, dass "das normale Messkonzept" eine "störungsfreie" Umgebung voraussetze. Das aber entspreche häufig nicht "der Lebenswirklichkeit". Probleme gebe es durch Bauwerke, oder "geografische Herausforderungen", wie Hügel, Senken oder Wälder.
Die Bundesnetzagentur will bei Funklöchern und schlechter Netzabdeckung nochmal selbst nachmessen. Konsequenz könnten neue Masten sein, oder zumindest eine Neuausrichtung von bestehenden Anlagen. Das Ziel: 99,5 Prozent Netzabdeckung in Deutschland zu erreichen. Dazu soll die Mobilfunknetzwoche jährlich wiederholt werden. "Jetzt gehts in die richtige Richtung", sagt Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger.
Auch im unterfränkischen Seifriedsburg ist erst vor Kurzem ein Funkmast errichtet worden. Zum Jahresende soll er in Betrieb genommen werden, kündigt Bürgermeister Lippert an. Die regionalen Ergebnisse der Mobilfunkmesswoche sollen noch im Juni veröffentlicht werden unter www.breitbandmessung.de
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