Auf diese Nachricht hat die Öffentlichkeit lange gewartet. Am Mittwoch erhielt die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg, die das Verfahren gegen Taleb al Abdulmohsen führt, eine wichtige Postsendung. Der Inhalt: das von der Generalstaatsanwaltschaft in Auftrag gegebene forensisch-psychiatrische Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit. Es war am Freitag vergangener Woche von einem Sachverständigen aus Halle an der Saale fertiggestellt worden. Zu den Details wollte sich Oberstaatsanwalt Klaus Tewes nicht äußern. Nach Informationen von WELT ist der Magdeburger Attentäter laut dem 73 Seiten umfassenden Gutachten bei seinem Anschlag am 20. Dezember 2024 voll steuerungs- und somit schuldfähig gewesen.

Im Sommer wird die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg eine Abschlussverfügung für die Anklage erstellen, in die auch das forensisch-psychiatrische Gutachten einfließen wird. Taleb al Abdulmohsen bleibt nach Auskunft der Generalstaatsanwaltschaft weiterhin in Haft. Denn für eine Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung besteht auch nach Eingang des Gutachtens kein Anlass.

Bereits im Februar hatte Oberstaatsanwalt Tewes WELT AM SONNTAG gesagt, dass alle bisherigen Indizien darauf hinweisen würden, dass der Tatverdächtige „steuerungsfähig“ war. „Es handelt sich – nach vorläufiger Bewertung – wohl um einen vorsätzlich geplanten Anschlag eines Amokläufers“, erklärte Tewes damals. Insofern ging die Generalstaatsanwaltschaft bereits zu diesem Zeitpunkt von einer Schuldfähigkeit des Täters aus. Das in Auftrag gegebene Gutachten eines Psychiaters sollte Klarheit bringen. Die gibt es nun. Das ist auch eine wichtige Nachricht für die zahlreichen Nebenkläger.

Der Prozess gegen Taleb al-Abdulmohsen wird eine Mammutaufgabe für die Justiz. Eine Taskforce unterstützt dabei das Landgericht Magdeburg, vor dem der Attentäter angeklagt werden soll. Weit mehr als 100 Nebenkläger, die Betroffene des Anschlags sind, werden erwartet. Es wird mit großem Interesse der Öffentlichkeit und zahlreichen Verfahrensbeteiligten wie Zeugen und Anwälten gerechnet.

„Die Justiz muss im Anklagefall für eine umfassende Sicherheit aller Verfahrensbeteiligten – also auch für den Beschuldigten – sorgen. Mir ist in Sachsen-Anhalt bislang noch kein Gebäude bekannt, welches sich für einen Prozess dieser in der deutschen Rechtsgeschichte einmaligen Größenordnung eignen würde“, hatte Tewes WELT bereits Anfang Mai gesagt. Derzeit wird eine Leichtbauhalle auf einem gesicherten Gelände, etwa einer Bundeswehrkaserne oder einem Areal der Bereitschaftspolizei favorisiert.

Neben dem Attentat sieht sich Taleb al-Abdulmohsen weiteren Vorwürfen ausgesetzt. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung hatten Polizisten einen unerwarteten Fund gemacht. Die Staatsanwaltschaft Halle führt derzeit ein Verfahren gegen ihn wegen des Verdachts auf Besitz kinderpornografischer Inhalte. „Die sichergestellten Foto- und Video-Dateien sind umfangreich und werden derzeit vom Landeskriminalamt ausgewertet“, hatte Oberstaatsanwalt Dennis Cernota WELT mitgeteilt. Was genau auf den Dateien zu sehen ist, könne man aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht sagen.

Missbrauchsvorwürfe junger Frauen

Zudem sollen junge saudische Frauen angegeben haben, von Taleb al-Abdulmohsen. missbraucht worden zu sein. „Sie trauten sich aber nicht, bei der Polizei auszusagen, weil er sie angeblich eingeschüchtert und erpresst hätte“, hatte Rana Ahmad gegenüber WELT AM SONNTAG erklärt. Die ebenfalls aus Saudi-Arabien geflüchtete Frau hatte den späteren Attentäter über den von ihr in Köln gegründeten Verein „Säkulare Flüchtlingshilfe“ kennengelernt.

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