Tausende Menschen haben am Sonntag in Spanien auf Mallorca, Ibiza und dem Festland erneut gegen den Massentourismus protestiert. Mit Wasserpistolen ausgerüstet, gingen in Barcelona etwa 600 Einwohner auf die Straße. Die Teilnehmer des Demonstrationszuges forderten eine Neubewertung des Besucherzustroms, der ihrer Ansicht nach die Wohnungsnot verschärft und den Charakter ihrer Heimat auslöscht.

„Die Spritzpistolen sind dazu da, die Touristen ein wenig zu ärgern“, sagte Andreu Martínez lachend, nachdem er ein Pärchen, das in einem Café im Freien saß, nass gemacht hatte. „Barcelona ist den Touristen überlassen worden. Dieser Kampf dient dazu, Barcelona den Einwohnern zurückzugeben.“

Martínez, ein 42-jähriger Verwaltungsangestellter, gehört zu einer wachsenden Zahl von Einwohnern, die davon überzeugt sind, dass der Tourismus in der 1,7 Millionen Einwohner zählenden Stadt zu weit geht. Im vergangenen Jahr kamen 15,5 Millionen Besucher nach Barcelona, um unter anderem die Basilika La Sagrada Familia und die Flaniermeile Las Ramblas zu sehen.

Seine Miete sei um mehr als 30 Prozent gestiegen, weil immer mehr Wohnungen in seinem Viertel an Touristen für Kurzzeitaufenthalte vermietet würden, sagte Martínez. Dies habe zur Folge, dass traditionelle Läden durch Geschäfte ersetzt würden, die auf Touristen ausgerichtet sind, wie Souvenirläden, Burgerrestaurants und Bubble-Tea-Lokale. Die langjährigen Bewohner der Stadt würden systematisch verdrängt.

Auf Mallorca zogen zeitgleich rund 8000 Menschen am Abend vom Plaça d'Espanya im Zentrum der Inselhauptstadt Palma zur Flaniermeile Passeig del Born. Dort fand die abschließende Kundgebung statt.

Die Demonstranten, darunter viele Rentner und Familien mit kleinen Kindern, skandierten Slogans wie „Wer Mallorca liebt, zerstört sie nicht!“ Zu der Demonstration auf der spanischen Urlaubsinsel hatte die Dachinitiative „Menys turisme, més vida“ („Weniger Tourismus, mehr Leben“) aufgerufen, der zahlreiche Organisationen und Gruppierungen angehören.

Der Sprecher der Initiative, Jaume Pujol, sagte der Regionalzeitung „Diario de Mallorca“: „Wir müssen dem Tourismus Grenzen setzen.“ Man fordere unter anderem eine Begrenzung der Besucherzahlen, ein Kreuzfahrt-Moratorium und ein Ende der touristischen Vermietung.

Besucherzahlen wachsen unaufhörlich

Fast ein Jahr nach dem großen Protest von Juli 2024 sei nichts geschehen, klagte Pujol. Man sei von der Regional-Regierung komplett ignoriert worden. „Das Einzige, was sie getan hat, waren ein paar Debatten zum Thema Nachhaltigkeit, die ein Reinfall waren“, kritisierte er.

Die Zahl der Touristen wächst von Jahr zu Jahr. Es wird erwartet, dass die Balearen mit Mallorca, Ibiza & Co. dieses Jahr erstmals die Marke von 20 Millionen Besuchern knacken werden. 2024 waren rund 19 Millionen gekommen, eine Million oder fünf Prozent mehr als 2023.

Allein Mallorca, das nicht einmal eine Million Einwohner hat, empfing im vorigen Jahr 13,5 Millionen Touristen. Die Zahl der Besucher aus Deutschland kletterte 2024 auf den Balearen um neun Prozent auf die Höchstmarke von gut fünf Millionen.

Davon profitieren die Einheimischen aber auch. 22,4 Milliarden Euro ließen die Touristen aus dem Aus- und Inland 2024 auf den Inseln – etwa zwölf Prozent mehr als 2023. Auf Mallorca hat der Tourismus einen Anteil von über 40 Prozent am Gesamteinkommen. Die Branche freut sich, aber unter den Einheimischen wächst der Unmut.

Größere Proteste gab es in den vergangenen Jahren unter anderem in Barcelona und Madrid, bei denen niedrigere Mieten gefordert wurden. So zogen im April Tausende durch die Straßen der spanischen Hauptstadt und forderten auf Plakaten „Raus mit Airbnb aus unseren Vierteln“. Die Online-Plattform, die Kurzzeitunterkünfte vermittelt, wurde von der spanischen Regierung im vergangenen Monat aufgefordert, fast 66.000 Ferienunterkünfte aus dem Angebot zu nehmen, die ihrer Meinung nach gegen lokale Vorschriften verstoßen hatten.

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