61 Stunden hat der Iran sich Zeit gelassen, bis er Vergeltung für die amerikanischen Luftschläge gegen sein Atomprogramm in der Nacht zum Sonntag übte. Am Montagabend feuerte Teheran eine Reihe von Mittelstreckenraketen auf die US-Militärbasis in Katar. Alle Raketen konnten abgefangen werden, Tote oder Verletzte gab es keine.
Entgegen martialischen Drohungen beschränkte sich das Mullah-Regime damit auf eine symbolische Vergeltung. US-Präsident Donald Trump verfolgte den Gegenschlag mit seinem nationalen Sicherheitsrat in der Kommandozentrale des Weißen Hauses und bezeichnete sie im Nachgang auf Truth Social als „sehr schwach“.
Die iranischen Raketen hätten „kaum Zerstörung“ angerichtet, schrieb er und fügte an: „Sie haben jetzt Dampf abgelassen und jetzt gibt es hoffentlich keinen weiteren Hass.“
In der Nacht zum Sonntag hatte er noch mit „weitaus größerer Gewalt“ gedroht, sollte der Iran zurückschlagen. Dies scheint er nun nicht wahr machen zu wollen. Trump wolle nun keine weiteren Maßnahmen unternehmen, berichtete die „New York Post“ unter Berufung auf einen Pentagon-Offiziellen.
Die Zeichen standen schon auf Deeskalation, als der Iran Katar im Vorfeld von seinem Vergeltungsschlag informierte. Am späten Montagnachmittag schloss die Regierung in Doha ihren Luftraum – und warnte die USA vor, wie das Portal „Axios“ unter Berufung auf israelische Regierungskreise berichtete. „Ich möchte dem Iran danken, dass er uns vorgewarnt hat“, schrieb Trump auf Truth Social.
Mit seiner Warnung habe Teheran Tote und Verletzte vermeiden wollen, zitiert die „New York Times“ katarische Offizielle. Der Iran habe „symbolisch zurückschlagen müssen“ und gleichzeitig deeskalieren wollen, hieß es.
Dafür spricht auch die Natur des Vergeltungsschlags. Man habe „genauso viele Raketen benutzt, wie die USA ihrerseits“, teilte der iranische Sicherheitsrat im Anschluss mit. Die dahinterliegende Botschaft ist deutlich: Man wollte eine Eskalation vermeiden. Zwar wollte man mit der Parität in der Raketenzahl für Augenhöhe sorgen, hat aber ein Ziel ausgewählt, wo die erwartete Zerstörung äußerst gering ist.
Die Al-Udeid-Basis ist der größte Militärstützpunkt der USA im Mittleren Osten und der am besten geschützte. Washington hat Luftabwehrsysteme vom Typ Patriot und THAAD dort stationiert, was eine gute Verteidigung gegen eintreffende Raketen garantiert. Außerdem wurden in den vergangenen Tagen bereits Gerät und Personal evakuiert. Satellitenaufnahmen vom Montag zeigen, dass sämtliche Flugzeuge, die sich Mitte Juni dort noch befanden, nicht mehr da sind.
„Iran ist gerade die schwächste Partei im Mittleren Osten“
Im Vorfeld des amerikanischen Bombardements der Atomanlagen kamen aus Teheran scharfe Drohungen. Die USA würden „irreparable Konsequenzen“ fürchten, sollten sie den Iran angreifen, hieße es. Dass das Mullah-Regime diese Drohung nicht wahr gemacht hat, spricht für seine derzeitige Schwäche. „Iran ist gerade die schwächste Partei im Mittleren Osten und daher risiko-avers“, sagte Ian Bremmer, Gründer der Eurasia-Group bei CNN. „Sie haben alles dafür getan, Präsident Trump zu signalisieren, dass sie aufhören wollen“, so der Nahost-Experte.
Nach den tagelangen Angriffen des israelischen Militärs sind die iranischen militärischen Fähigkeiten dezimiert. Jerusalem kontrolliert den Luftraum über dem Westen des Landes und hat zahlreiche Raketenabschussbasen zerstört. Teherans Stellvertreter in der Region, die Terrororganisationen Hamas, Hisbollah und Huthis sind ebenfalls durch die israelischen Angriffe massiv geschwächt und der Verbündete der Mullahs, Syriens Präsident Bashar al-Assad musste nach Moskau fliehen.
Für Donald Trump ist für den Moment das bestmögliche Ergebnis eingetreten. Mit seinem Militärschlag gegen den Iran konnte er Stärke demonstrieren und Kredibilität für künftige Drohungen erlangen. Schließlich kam der Iran seiner Aufforderung nach einer diplomatischen Lösung der Krise nicht nach, was nach Ablauf des Ultimatums den Angriff zur Folge hatte.
Gleichzeitig scheint der Iran so geschwächt, dass er nicht willens ist, ernsthaft zurückzuschlagen, was eine Eskalation in der Region für das Erste verhindert. Sollte es bei dieser Reaktion des Iran bleiben und er nicht zu anderen Racheaktionen, wie asymmetrische Aktionen gegen die USA und ihre Verbündete greifen, muss Trump kein langwieriges militärisches Engagement fürchten, was ihm eine innenpolitische Auseinandersetzung mit dem MAGA-Lager erspart. Einige haben sich nach dem Angriff gegen den Iran hinter ihn gestellt, einige wenige wetterten jedoch weiter laut dagegen.
Mehr noch: Wie der öffentlich-rechtliche israelische Kan-Sender unter Berufung auf israelische Sicherheitskreise berichtete, will Jerusalem den Krieg gegen den Iran bis Ende der Woche beenden. Man habe die meisten seiner Kriegsziele erreicht, hieß es. Dies wäre etwas, was Trump als Erfolg für sich verbuchen könnte. Dass der Präsident dies im Sinn hat, machte er in seinem Truth-Social-Post deutlich. Vielleicht könne sich der Iran jetzt dem Frieden und der Harmonie in der Region zuwenden, schrieb er und ergänzte: „Und ich werde Israel mit Nachdruck dazu ermutigen, dasselbe zu tun.“
Was das Schicksal des iranischen Atomprogramms angeht, besteht weiterhin Unklarheit. Bisher ist nicht definitiv bestätigt, dass die US-Angriffe die Anlage in Fordo vollständig zerstört wurde. Dass die Zentrifugen durch die Explosion der bunkerbrechenden Bomben schweren Schaden genommen haben, gilt als sehr wahrscheinlich. Allerdings ist es dem Iran nach Einschätzung des Chefs der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, gelungen, die rund 400 Kilogramm auf 60 Prozent angereichertes Uran in Sicherheit zu bringen. Entscheidend für künftige atomare Ambitionen Teherans ist daher, ob die Fähigkeit des Landes, Uran auf bis zu 90 Prozent anzureichern vollständig und nachhaltig zerstört wurde.
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