Die Preise für Erdbeeren aus Deutschland sind in den vergangenen zehn Jahren um fast 70 Prozent gestiegen. Was ist der Grund für diesen Trend? Und bleibt die Erdbeere auch in Zukunft noch bezahlbar?

Der Einkauf am Erdbeerstand ist für Verbraucher in den vergangenen zehn Jahren erheblich teurer geworden. Erdbeeren aus Deutschland kosten rund 70 Prozent mehr als 2015. Wurden für ein Kilogramm heimischer Erdbeeren damals noch 3,94 Euro fällig, waren es im vergangenen Jahr 6,65 Euro, wie die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mitteilte. Die Zahlen für die aktuelle Saison lägen noch nicht vor, aber auch 2025 seien die Preise tendenziell höher als im Vorjahr, sagte Marktanalystin Eva Würtenberger.

Großteil der Produktionskosten sind Lohnkosten

Der Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) verweist vor allem auf den 2015 eingeführten Mindestlohn und die Lohnsteigerungen der vergangenen Jahre. "Wir kommen von 8,50 Euro Mindestlohn und sind jetzt bei 12,82 Euro", sagte Verbandssprecher Simon Schumacher. Demnach bestehen die Kosten für die Erdbeerproduktion aufgrund der Ernte von Hand zu 50 bis 60 Prozent aus Personalkosten.

Gerade deshalb haben laut Schumacher viele Betriebe aufgegeben oder ihre Anbauflächen reduziert. So sank die Zahl der Betriebe, die Erdbeeren anbauen, nach Angaben des Statistischen Bundesamts seit 2015 um 24,1 Prozent auf 1.702. Die Anbaufläche verringerte sich um 28,4 Prozent auf 13.149,5 Hektar und die Erntemenge um 30,3 Prozent auf 120.352 Tonnen.

Dominic Ell, Erdbeeranbauer aus dem badischen Oberkirch bei Offenburg, fragt sich, wie lange das Verbraucher noch mitmachen. Ell produziert auf seinem Beerenhof pro Jahr allein 350 Tonnen Erdbeeren. Er glaubt an die Zukunft der deutschen Erdbeere. "Wenn wir mit der Erdbeere kein Geld mehr verdienen, dann frage ich mich, mit was dann?"

Anteil ausländischer Erdbeeren in Supermärkten steigt

Der Selbstversorgungsgrad mit deutschen Erdbeeren ist seit 2015 deutlich gesunken, von rund 68 Prozent auf zuletzt 50 Prozent, wie Marktanalystin Würtenberger berichtet. Das heißt, nur noch die Hälfte der in Deutschland gehandelten Erdbeeren stammen aus Deutschland - die andere aus dem Ausland, vor allem aus Spanien und Griechenland.

Schumacher verweist bei den gestiegenen Produktionskosten auch auf Aufwendungen etwa für den Kauf von Folientunneln und für die Beregnung. Auch die jedes Jahr neu zu erwerbenden Jungpflanzen sind laut Tobias Gabler von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg in Baden-Württemberg im Preis deutlich gestiegen.

Sehr zu schaffen macht den Erdbeeranbauern auch der Klimawandel. Laut Agrarwissenschaftler Gabler sind die Folge häufigere Extremwetterereignisse wie Starkregen und Hagel. "Dieser Starkregen macht natürlich Erdbeerfelder teilweise kaputt beziehungsweise die Ernte ist dadurch einfach nicht mehr gewährleistet." So sei der Anteil des Freilandanbaus massiv zurückgegangen.

Anbauer steigen auf geschützten Anbau um

Anbauer steigen demnach verstärkt auf den geschützten Anbau mit Folientunnel um - teilweise auch noch mit Stellage, brusthohen Rinnen, aus denen sich bequemer ernten lässt. So nahm die Anbaufläche im geschützten Anbau laut Statistischem Bundesamt von 730,7 Hektar im Jahr 2015 auf 2.045,5 Hektar im Jahr 2024 zu - nahezu eine Verdreifachung.

Dort ist auch der Ertrag deutlich höher: Im vergangenen Jahr wurden im Schnitt 20,4 Tonnen Erdbeeren pro Hektar geerntet. Im Freilandanbau waren es nur 9,3 Tonnen. Im geschützten Anbau kann auch noch im Oktober geerntet werden, während die traditionelle Saison bereits im Juli endet.

Auch Obstanbauer Ell stellt nach und nach seine Produktion in weiten Teilen um: "Tatsächlich investieren wir seit 2019 immer wieder Stück für Stück in Folientunnel." Allerdings koste die Umstellung eines Hektars von Freiland auf geschützten Umbau bis zu 100.000 Euro.

Preise dürften weiter steigen

Die Experten gehen davon aus, dass die Erdbeerpreise weiter steigen werden. Neben einer möglichen Erhöhung des Mindestlohnes auf 15 Euro rechnet etwa Marktanalystin Würtenberger mit einer weiteren Umstellung auf geschützten Anbau. Eine Möglichkeit zur Kostensenkung in der Zukunft könnten Ernteroboter sein. Diese werden laut Würtenberger bisher etwa in den Niederlanden getestet, aber bisher nicht in der Produktion eingesetzt.

Eine Herausforderung sei zum Beispiel, die Erdbeere vor dem Pflücken per Kamera von allen Seiten zu prüfen. Agrarwissenschaftler Gabler sieht jedoch auch eine Schmerzgrenze der Verbraucherinnen und Verbraucher: "Ich sage mal, fünf Euro pro 500-Gramm-Schale ist eine gewisse Schallmauer." Eine Möglichkeit seien dann noch kleinere Schälchen im Verkauf, wie es sie heute auch schon gebe.

Unabhängig vom langfristigen Trend gibt es immer kurzfristige Marktschwankungen. So waren die Preise Anfang diesen Monats vergleichsweise günstig. In der ersten Juniwoche lag der günstigste Preis im Supermarkt laut der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft bei 2,39 Euro für 500 Gramm - der Durchschnittspreis für das Kilogramm deutsche Erdbeeren bei 5,87 Euro. Hauptgrund war demnach das gute Wetter und der anschließende Regen. Dadurch konnte kaum geerntet werden und die empfindlichen Erdbeeren mussten schnell vermarktet werden. In der zweiten Monatshälfte dürften die Preise wieder angezogen haben.

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