Ungeachtet eines Verbots wollen am Samstag zehntausende Menschen an der Pride Parade in Budapest teilnehmen, um für LGBTQ-Rechte zu demonstrieren. Die Veranstalter erwarten eine Rekordteilnahme in der 30-jährigen Geschichte der Veranstaltung, wie ein Vertreter der ungarischen Hauptstadt am Freitag vor Journalisten sagte. Unter den zahlreichen internationalen Teilnehmern werden auch rund 70 Mitglieder des EU-Parlaments sein.
Das ungarische Parlament hatte im März ein Gesetz zum Verbot der jährlichen Pride Parade verabschiedet und damit unter anderem die Kritik von UNO und EU auf sich gezogen. Die ungarische Regierung widersetzte sich jedoch allen Aufforderungen, das Verbot aufzuheben.
Ministerpräsident Viktor Orbán versicherte einen Tag vor der Veranstaltung, dass die Polizei die Demonstration nicht auflöse werde. Die Polizei habe zwar die Befugnis, „solche Veranstaltungen aufzulösen“, aber „Ungarn ist ein zivilisiertes Land“, sagte Orbán am Freitag in einem Interview mit einem staatlichen Radiosender. „Es wird rechtliche Konsequenzen geben, aber es darf nicht das Ausmaß körperlicher Gewalt annehmen“, sagte Orbán. „Wir verletzen einander nicht.“
Polizei wird auch Gesichtserkennung einsetzen
Teilnehmern der Veranstaltung droht eine Geldstrafe von bis zu 500 Euro. Die Polizei hat die Befugnis, Technologie zur Gesichtserkennung zu nutzen, um Teilnehmer zu erkennen. Den Organisatoren der Veranstaltung könnte eine einjährige Freiheitsstrafe drohen.
Die ungarische Polizei die Pride Parade in Budapest hatte vor wenigen Tagen verboten – kurz nachdem die Stadt bekannt gegeben hatte, dass sie die Organisation übernehmen werde. Der liberale Bürgermeister der Hauptstadt, Gergely Karácsony, erklärte, es brauche für die Pride Parade keine offizielle Erlaubnis, weil es sich um eine „städtische Veranstaltung“ handele.
Die Regierung in Ungarn schränkt seit Jahren die Rechte von LGBTQ-Menschen ein, verwiesen wird dabei auf unter anderem auf Gründe des „Kinderschutzes“. Mitte März verabschiedete das ungarische Parlament zudem die besagte Gesetzesänderung, die auf ein Verbot der jährlichen Pride Parade abzielt: Damit werden alle Versammlungen untersagt, die gegen das ungarische LGBTQ-Gesetz verstoßen. Dieses Gesetz aus dem Jahr 2021 wiederum verbietet Darstellungen von Homosexualität vor Minderjährigen.
Orbán vergleicht von der Leyen mit Leonid Breschnew
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen forderte die ungarischen Behörden in der Nacht zu Freitag erneut auf, das Verbot der Demonstration aufzuheben, damit die Organisatoren keine Angst vor Bestrafung haben müssten.
Orbán wies die Forderung zurück und verglich von der Leyen mit dem sowjetischen Staatsoberhaupt Leonid Breschnew. „Sie denkt, dass sie ungarischen Bürgern von Brüssel aus vorschreiben kann, wie sie leben sollen, was sie mögen sollen, was sie nicht mögen sollen, wie ihr Rechtssystem sein soll, was verboten werden soll und was nicht. Genau wie Breschnew“, sagte Orbán.
Rund 70 Europa-Abgeordnete haben ihre Teilnahme an der Veranstaltung angekündigt, darunter sind auch deutsche Parlamentarier. Der Europa-Abgeordnete Moritz Körner (FDP) etwa sagte der Nachrichtenagentur AFP, er fliege angesichts des Verbots mit einem „mulmigen Gefühl“ nach Budapest. Es sei aber „wichtig, ein Zeichen zu setzten“, wenn in einem Mitgliedstaat der EU die Versammlungsfreiheit bedroht sei. Er hoffe trotz des Verbots auf ein „fröhliches Fest, auf dem man Toleranz und Liebe feiert“.
Die Delegation der Parlamentarier soll demnach auch Schutz für die Teilnehmer der Pride Parade bieten. Er erwarte zwar nicht, dass es zur Eskalation komme, sagte Körner. Es habe aber für die Europa-Abgeordneten Sicherheitshinweise gegeben, sich etwa von Gegendemonstrationen fernzuhalten.
Grünen-Parteichef forderte deutsche Botschafterin in Budapest zur Teilnahme auf
Die irische EVP-Abgeordnete Maria Walsh sagte, sie sei „verdammt wütend“, dass im Jahr 2025 in Europa Grundrechte auf diese Weise ausgehöhlt würden. Deswegen habe sie sich entschieden, nach Budapest zu fahren, statt am selben Tag an der Dublin Pride in der irischen Hauptstadt teilzunehmen. Es sei „unglaublich wichtig“, dass gewählte Vertreter in Budapest erschienen, um Solidarität mit den Menschen vor Ort zu zeigen, sagte Walsh.
Auch die EU-Gleichstellungskommissarin Hadja Lahbib reiste am Freitag nach Budapest, „um unsere europäischen Werte und unsere große Vielfalt zu feiern“. Sie plane, am Beginn der Pride Parade am Samstagnachmittag teilzunehmen, erklärte die EU-Kommission. Sie wolle sich, wenn möglich, aber auch mit ungarischen Regierungsvertretern wie Justizminister Bence Tuzson treffen, sagte Lahbib bei einer Pressekonferenz in der ungarischen Hauptstadt.
Grünen-Parteichef Felix Banaszak forderte die deutsche Botschafterin in Budapest zur Teilnahme an der Pride Parade auf. „Gerade in Zeiten, in denen queere Menschen in vielen Teilen Europas erneut unter Druck geraten, ist es wichtig, dass Deutschland Haltung zeigt – für Menschenrechte, für Vielfalt und für die Sichtbarkeit derjenigen, die sich vor Ort mit großem Mut für Gleichberechtigung und Freiheit einsetzen“, erklärte er in Berlin. Banaszak appellierte an das Auswärtige Amt, hier ein Zeichen zu setzen.
Weltweit finden am Samstag zahlreiche Pride Parades statt, unter anderem in Frankreich, in der Türkei, in Mexiko und in Venezuela.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.