Ob Brandenburger Tor in Berlin, Pariser Eiffelturm oder Petersdom in Rom: Die meisten jungen Menschen zwischen 16 und 26 Jahren, die in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen, Spanien und Griechenland zu Hause sind, sehen sich selbst als Europäer. Sie identifizieren sich mit dieser Herkunft. 59 Prozent beschreiben sich als zumindest teilweise europäisch, wie aus der am Donnerstag vorgestellten Umfrage „Junges Europa“ der TUI Stiftung unter mehr als 6.000 Befragten hervorgeht.
Aber deutlich wird auch, dass die Unterschiede zwischen den Ländern groß sind: Junge Italiener, Spanier und Deutsche identifizieren sich demnach am meisten mit Europa; junge Polen (48 Prozent) und Franzosen (30 Prozent) dagegen häufiger nur mit dem eigenen Land.
Ob das eigene Land Mitglied der EU bleiben soll, steht für die meisten jungen Menschen derweil nicht zur Debatte. Zwei Drittel (66 Prozent) bewerten die EU-Mitgliedschaft als gut. Die Zahl derjenigen, die die Mitgliedschaft in der EU positiv sehen, ist besonders in Deutschland groß (80 Prozent).
Gut die Hälfte bevorzugt Demokratie
Dabei ist die Demokratie nur für gut die Hälfte (57 Prozent) der jungen Europäer die bevorzugte Regierungsform. Wiederum ist in Deutschland die Zustimmung am höchsten (71 Prozent); Schlusslicht ist Polen mit 48 Prozent.
„Wenn 57 Prozent der jungen Europäerinnen und Europäer angeben, dass sie die Demokratie jeder anderen Regierungsform vorziehen – dann bedeutet das eben auch, dass viele von ihnen nicht 100 Prozent hinter der Demokratie stehen“, sagt Thorsten Faas von der Freien Universität Berlin, der die Studie wissenschaftlich begleitet hat. Laut Studie favorisiert rund ein Fünftel (21 Prozent) aller Befragten unter gewissen Umständen eine autoritäre Regierungsform gegenüber einer demokratischen. In Deutschland sind die wenigsten jungen Menschen für eine autoritäre Regierung offen, nämlich 15 Prozent.
Unterschiede zwischen den Geschlechtern
Die Zahlen zeigten, dass die Demokratie „unter Druck stehe – von außen wie von innen“, sagt Faas. Mehr junge Leute als vor vier Jahren ordnen sich demnach selbst als rechts der Mitte ein. Waren es 2021 noch 14 Prozent, sind es inzwischen 19 Prozent. 33 Prozent sehen sich 2025 in der politischen Mitte, 32 Prozent bezeichnen sich als links und 16 Prozent wissen es nicht oder machen keine Angabe. In Deutschland – wie auch in Frankreich und Italien – nimmt vor allem der Anteil derer zu, die sich links der Mitte einordnen (Deutschland 2021: 32 Prozent, 2025: 43 Prozent).
Mit Blick auf das Geschlechterverhältnis zeigt die Studie: Junge Frauen in Deutschland, Frankreich und Italien sind heute progressiver, junge Männer in Polen und Griechenland konservativer als vor vier Jahren.
Für sechs Prozent der 16- bis 26-Jährigen funktioniert das politische System ihres Landes gut und muss nicht verändert werden. 48 Prozent der jungen Europäer halten die Demokratie in ihrem Land für gefährdet, in Deutschland sind es 61 Prozent.
Kritik an Migration gestiegen
Auch beim Thema Migration sind junge Europäer kritischer geworden: 2021 waren es 26 Prozent, heute sind es 38 Prozent, die der Meinung sind, dass Zuwanderung stärker beschränkt werden sollte.
32 Prozent (2021: 44 Prozent) sagen laut Angaben, die Bekämpfung des Klimawandels sollte auf jeden Fall Vorrang haben, auch wenn es dem Wirtschaftswachstum schade. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) meint, die EU beschäftige sich zu sehr mit „Kleinigkeiten“ und nicht mit den „wirklich wichtigen Dingen“; in Deutschland sind 57 Prozent dieser Ansicht.
Besonderen Handlungsbedarf sehen junge Menschen aus EU-Ländern beim Thema Lebenshaltungskosten: 36 Prozent sagen, der Alltag müsse für alle Bürger bezahlbarer werden. Auf Platz zwei steht mehr Verteidigung gegen Bedrohungen von außen (25 Prozent), es folgen bessere Bedingungen für Wirtschaft und Unternehmen sowie Klimaschutz (beide 23 Prozent).
EU verliert an geopolitischer Relevanz
Zudem verliert die EU in den Augen junger Europäer an geopolitischer Relevanz. 83 Prozent geben an, die USA sei einer der drei mächtigsten Staaten (danach China mit 75 Prozent und Russland mit 57 Prozent). Die EU erreicht in diesem Ranking nur 42 Prozent, Indien zehn Prozent.
Zu den grundlegenden gewünschten Veränderungen für mehr geopolitische Relevanz stehen an erster Stelle bessere Bedingungen für Wirtschaftswachstum (35 Prozent), auf Platz zwei mehr Zusammenhalt zwischen den Mitgliedsländern (34 Prozent). Auf Platz sechs wollen junge Europäer, dass die EU künftig mehr Geld für Verteidigung ausgeben soll (20 Prozent); auf Platz acht steht der Abbau von Bürokratie (13 Prozent).
Für die Jugendstudie „Junges Europa“ im Auftrag der TUI-Stiftung befragte das Meinungsforschungsinstitut Yougov 6703 Menschen im Alter von 16 bis 26 Jahren. Die Erhebung fand im April und Mai statt. Die Jugendstudie war 2017 ins Leben gerufen worden.
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