• Der Bundesrechnungshof warnt vor einem finanziellen Defizit der gesetzlichen Pflegeversicherung, das bis 2029 auf 12, 3 Milliarden Euro anwachsen könnte.
  • Der Bund gibt der Pflegeversicherung 2025 und 2026 ein Darlehen, das die Kosten jedoch nicht deckt.
  • Die Bund-Länder-AG soll bis Ende des Jahres Vorschläge zur Stabilisierung der Finanzen erarbeiten.

Am Montag startet eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern, die angesichts der chronischen Finanznot der Pflegeversicherung Vorschläge für eine grundlegende Reform erarbeiten soll. So war es auch im Koalitionsvertrag von SPD und CDU vorgesehen.

Im Vorfeld hatten sich bereits mehrere Interessengruppen zur Dringlichkeit der Situation geäußert. So warnten Spitzenvertreter der gesetzlichen Krankenversicherung davor, die großen Finanzierungsprobleme erneut in die Zukunft zu verschieben.

Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes, erklärte in der "Rheinischen Post": "Wichtig ist, dass mit der geplanten Reform wirklich eine nachhaltige finanzielle Stabilisierung der Pflegeversicherung geschafft wird." Mit der vorübergehenden schuldenfinanzierten Unterstützung der Pflegeversicherung werde das Finanzierungsproblem nicht gelöst, sondern nur in die Zukunft verschoben.

Es fehlt nicht an Erkenntnissen, sondern am Willen zur Umsetzung.

Bundesrechnungshof

Das sieht der Bundesrechnungshof ähnlich. In einem Bericht der Behörde an den Haushaltsausschuss, den die "Bild am Sonntag" zitierte, heißt es, die Gewährung des Darlehens löse die Finanzprobleme nicht. An einer durchgreifenden Reform führe kein Weg vorbei. "Es fehlt nicht an Erkenntnissen, sondern am Willen zur Umsetzung", zitiert die Zeitung. Unter Berufung auf Zahlen aus dem Bundesgesundheitsministerium warnten die Rechnungsprüfer demnach vor einer Finanzlücke im Bereich der gesetzlichen Pflegeversicherung, die bis 2029 auf 12,3 Milliarden Euro anwachsen werde.

Geldnot in der Pflegeversicherung: So groß ist das Finanzloch

Laut GKV-Spitzenverband hat die Pflegeversicherung das Jahr 2024 mit einem Defizit in Höhe von 1,54 Milliarden Euro abgeschlossen. Obwohl der Gesetzgeber zum Jahresanfang den Beitragssatz um 0,2 Prozentpunkte angehoben hat, gab es demnach im ersten Quartal 2025 bereits ein Defizit von rund 90 Millionen Euro, bis zum Jahresende erwartet die GKV ein Minus von rund 160 Millionen Euro.

Im kommenden Jahr droht den Angaben zufolge dann ein Defizit in Milliardenhöhe. Laut dem aktuellen Haushaltsentwurf bekommt die Pflegeversicherung vom Bund in den Jahren 2025 und 2026 zwei Darlehen. 2025 werden 0,5 Milliarden Euro an den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung und 2026 weitere 1,5 Milliarden Euro überwiesen. Die Rückzahlung muss ab 2029 erfolgen.

Gesetzlich Versicherten drohen steigende Pflegebeiträge

74,57 Millionen Bürger und damit etwa 90 Prozent der Bevölkerung sind dem Bundesgesundheitsministerium zufolge gesetzlich abgesichert, der Rest ist privat versichert. Dem weitaus größten Teil der Gesamtbevölkerung könnte daher in den nächsten Jahren heftige Beitragssteigerungen oder Leistungskürzungen bevorstehen. Grund für die wachsende Finanzlücke sind der starke Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen sowie die Deckelung des Eigenanteils bei den Pflegeleistungen im Heim. Ende 2024 waren laut Bundesrechnungshof 5,6 Millionen Menschen pflegebedürftig – 400.000 mehr als im Vorjahr.

Die Bund-Länder-AG soll nun noch in diesem Jahr Ergebnisse vorlegen, wie die Finanzen zu stabilisieren sind. Konkret soll es laut Koalitionsvertrag unter anderem darum gehen, steigende Eigenanteile für Pflegebedürftige zu begrenzen. Hintergrund ist, dass die Pflegeversicherung – anders als die gesetzliche Krankenversicherung – nur einen Teil der Kosten für die reine Pflege trägt. Geprüft werden sollen auch der Umfang von Leistungen und Anreize für mehr Eigenvorsorge.

Oliver Blatt von der GKV bot der Kommission noch einmal ausdrücklich die Unterstützung von Experten aus den Reihen der Pflegeversicherer an. Hintergrund der Aussage ist, dass es im Vorfeld Kritik an der Zusammensetzung der Kommission gab, da diese vor allem aus Politikern und Beamten besteht, die Pflegeverbände aber fehlen. Die Arbeitsgruppe wird vom Bundesgesundheitsministerium unter Leitung von Ministerin Nina Warken (CDU) koordiniert.

KNA, dpa, MDR (ewi)

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