Der mutmaßliche iranische Spion, der in Berlin mehrere jüdische Einrichtungen ausgekundschaftet haben soll, reiste noch in jüngerer Vergangenheit in die USA. Das zeigen Fotos auf einem Social-Media-Profil, die WELT auswerten konnte.
So lichtete sich Ali S. im März 2023 unter anderem in New York, Washington D.C. und Houston ab. Auf einigen Bildern ist der gebürtige Afghane, der einen dänischen Pass besitzt, vor dem Kapitol zu sehen.
Die Bundesanwaltschaft wirft S. vor, von einem iranischen Geheimdienst den Auftrag erhalten zu haben, in Berlin Informationen über jüdische Örtlichkeiten und bestimmte jüdische Personen zu sammeln. Im Juni 2025 soll er mehrere Objekte in der Hauptstadt ausgespäht haben. „Dies diente mutmaßlich der Vorbereitung weiterer geheimdienstlicher Operationen in Deutschland, möglicherweise bis hin zu Anschlägen gegen jüdische Ziele“, teilte die Bundesanwaltschaft mit.
Nach Informationen von WELT soll S. an die sogenannten Quds Forces angebunden gewesen sein, eine Spezialeinheit der Iranischen Revolutionsgarde, die für Auslandseinsätze zuständig ist. Aus Sicherheitskreisen war zu vernehmen, dass ein Anschlag durchaus realistisch schien. Der 53-jährige S. wurde Ende Juni im dänischen Aarhus festgenommen und nach Deutschland überstellt. Der Verfassungsschutz soll S. zuvor monatelang beobachtet haben.
In dieser Zeit nahm S. unter anderem die Adresse der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Berlin ins Visier.
Geheimdienste waren monatelang an S. dran
Laut einem Bericht der „Bild“ geriet der Däne als regelmäßiger Besucher des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) – bis zur Schließung im vergangenen Sommer Auslandszentrale des Mullah-Regimes – ins Visier der Geheimdienste. Der entscheidende Hinweis sei dann von der dänischen Geheimpolizei PET gekommen, die Chats von S. mit einem Führungsoffizier der Quds Forces abgefangen habe.
Fortan sei S. engmaschig observiert worden, ein Hotel in Berlin und seine Wohnung in Aarhus seien verwanzt worden. Der israelische Mossad habe zudem Erkenntnisse über eine Reise von S. in die Türkei am 11. Juni beigesteuert. Damals sei S. zur iranischen Grenze gereist und habe seinem Kontaktmann bei den Quds Forces Fotos und Videos von jüdischen Einrichtungen in Berlin übergeben – mutmaßliche Anschlagsvorbereitungen.
Nach WELT-Informationen gehört der Verdächtige zur Volksgruppe der Hazara, einer schiitischen Minderheit in Afghanistan. Noch im vergangenen Jahr dokumentierte er eine Reise in seine Heimat. Auch aus Paris postete er Fotos, unter anderem vor dem Eiffelturm.
Ob S. lediglich Urlaubsschnappschüsse machte, oder auch in anderen Ländern für die Revolutionsgarde Auftrage ausführte, ist bislang unbekannt.
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