- Für eine Regierungsbeteiligung muss die AfD laut Politikwissenschaftler Werner Patzelt mit der CDU zusammenarbeiten, wofür die AfD gemäßigter auftreten muss.
- Politikwissenschaftlerin Janine Patz zufolge dient der Verhaltenskodex dazu, parteiinterne Differenzen zu überwinden.
- Stefan Merz vom Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap sieht das Wählerpotenzial der AfD ohne eine gewisse Kursänderung nahezu ausgeschöpft.
Viele Jahre gab es einen Richtungsstreit in der AfD: Auf der einen Seite die gemäßigteren Kräfte, auf der anderen der extreme, der rechte Flügel. Immer wieder habe sich dabei der extreme Flügel durchgesetzt und eine Mäßigung der Partei verhindert, sagt Politikwissenschaftler und -berater Werner Patzelt.
"Aber nachdem die AfD das ja nicht in die Nähe konkreter Machtausübung geführt, sondern in einer hilflosen Oppositionsrolle eingemauert hat, ist nun womöglich für jene, die die AfD als normale Partei aufstellen wollen, ein Gelegenheitsfenster entstanden, das zu tun", so Patzelt. Eine mögliche Regierungsbeteiligung wird Patzelt zufolge nach Lagebeurteilung der AfD-Führung auf Bundesebene nur dann gelingen, wenn man zum Partner der Union werden kann. "Und das kann man nur werden, wenn man eine fraglos auf dem Boden der Verfassung stehende Partei ist."
AfD-Verhaltenskodex soll Parteiströmungen einen
Das wiederum dürfte nach Auffassung von Janine Patz der wesentliche Stolperstein für die AfD werden. Patz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Jena. Sie sagt: "Eine Partei, die den Parlamentarismus und die parlamentarische Demokratie abschaffen möchte, die einen Systemwechsel möchte, die das überwinden möchte, für die ist natürlich parlamentarische Arbeit reine Strategie."
Das ist für Patz auch der neue Verhaltenskodex: eine Strategie. Diese diene in erster Linie dazu, die verschiedenen Spektren der Partei zu einen. Neben dem Personal, das aus demokratischen Parteien zugewandert ist, kämen auch viele etwa aus dem extrem rechten und zum Teil militanten Milieu. Ziel sei, die Partei "weniger anfällig zu machen – in Anführungsstrichen – für Verfassungsschutz, für Sicherheitsorgane, für die Debatte um ein AfD-Verbot".
Dass ein gemäßigter Ton eine extremere Wählerschaft der AfD abschrecken könnte, glaubt Patz nicht. Die Partei spiele seit Jahren mit den Extremen zwischen bürgerlich und offen völkisch-demokratiefeindlich. Hier habe die Partei ihr Wählerpotenzial inzwischen erschlossen.
Weiteres Wachstum für AfD nur mit neuen Wählergruppen möglich
Das legen auch Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap nahe. Stefan Merz, dort zuständig für Wahlen und Wählerbefragungen, erklärt: "Wir haben tatsächlich im Mai die Bürger mal gefragt, ob sie sich – ganz unabhängig von der Partei, die sie konkret im Moment wählen würden – denn grundsätzlich vorstellen könnten, die verschiedenen Parteien und eben auch die AfD zu wählen. Da sagen uns 'nur' 26 Prozent, dass sie sich das grundsätzlich vorstellen können. Also es sind gar nicht so viel Prozente mehr, als sie im Moment hat."
Laut Infratest kommt die Partei aktuell auf einen Zustimmungswert von 23 Prozent. "Das heißt, wenn die AfD weiter wachsen will, dann muss sie sich tatsächlich überlegen: Wie kann sie denn Leute für sich gewinnen, die im Moment doch eher relativ kategorisch ausschließen, die AfD zu wählen", erklärt Merz. "Und da ist so ein potenzieller Mäßigungskurs natürlich eine Option." Ob die Partei das dann aber auch glaubwürdig umsetze, sagt Merz, sei eine ganz andere Frage.
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