Im Streit um die gescheiterte Verfassungsrichter-Wahl im Bundestag ruft die Union die SPD zum Einlenken auf. Der CDU-Abgeordnete Thomas Bareiß sagte dem "Tagesspiegel", der Koalitionspartner solle eine neue Kandidatin vorschlagen. Wenn ein Partner in einer so wichtigen Frage Bedenken anmelde, müsse das die andere Seite respektieren und entsprechend reagieren. Zudem gebe es nicht nur in CDU und CSU Kritik an Frau Brosius-Gersdorf, sondern auch bei namhaften Sozialdemkraten.

Bareiß sagte zudem, die Koalitionspartner müssten sich gegenseitig vertrauen und respektieren. "Wenn also ein Partner in einer derart wichtigen Frage Bedenken anmeldet, muss die andere Seite das respektieren und entsprechend darauf reagieren."

Kritik auch an Fraktionschef Spahn

Kritik übte Bareiß allerdings auch an Unions-Fraktionschef Jens Spahn. Die plötzlich aufgetauchten Plagiatsvorwürde gegen Brosius-Gersdorf hätten bei ihm "ein ganz ungutes Störgefühl" ausgelöst. Obwohl er die Kritik an den Positionen von Frauke Brosius-Gersdorf teile, hätte er sich in der Frage der Plagiatsvorwürfe etwas mehr Zurückhaltung gewünscht.

Ungeachtet der Plagiatsvorwürfe hatte sich bereits vor der geplanten Richterwahl im Bundestag abgezeichnet, dass Brosius-Gersdorf in der Unionsfraktion keine Mehrheit bekommen würde. Einer der Hauptgründe ist ihre Haltung beim Thema Abtreibung.

Keine "Menschenwürdegarantie" für Ungeborene

Die Potsdamer Professorin hatte sich als Mitglied einer Experten-Kommission dafür ausgesprochen, Abtreibungen in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten generell straffrei zu stellen und ungeborenen Kindern die Menschenwürde abgesprochen: "Meines Erachtens gibt es gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt."

Bei "Markus Lanz" zeigte sich Brosius-Gersdorf 2024 auch für ein AfD-Verbot offen. Bildrechte: picture alliance / teutopress | -

Umstritten ist zudem Brosius-Gersdorfs Haltung zu einer Corona-Impfpflicht. In einem während der Corona-Zeit verfassten Paper erklärte sie: "Man kann sogar darüber nachdenken, ob mittlerweile eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Einführung einer Impfpflicht besteht." Auch hatte sich Brosius-Gersdorf in der Vergangenheit für ein AfD-Verbot, das Gendern des Grundgesetzes und das Tragen muslimischer Kopftücher bei Richterinnen offen gezeigt.

SPD hält an Brosius-Gersdorf fest

Abgesetzt wurde Brosius-Gersdorfs geplante Wahl am vergangenen Freitag aber erst, nachdem der österreichische Plagiatsprüfer Stefan Weber kurzfristig einen Post mit Zweifeln an der wissenschaftlichen Qualität von Brosius-Gersdorfs Doktorarbeit veröffentlicht hatte. Aus der Union hatte es daraufhin geheißen, die Vorwürfe müssten geprüft werden.

Dagegen bekräftigte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sonja Eichwede, dass ihre Partei an Brosius-Gersdorf festhalten werde. Gegenüber Welt TV bestätigte sie den Plan der SPD-Fraktionsspitze, dass sich Brosius-Gersdorf in der Bundestagsfraktion von CDU/CSU vorstellen solle.

KNA/dpa (dni)

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