US-Präsident Trump hat 30 Prozent Zölle auf Einfuhren aus der EU angekündigt. Brüssel hofft weiter auf eine Verhandlungslösung und hat die geplanten Gegenzölle verschoben. Wie geht es nun weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was steht in Trumps Schreiben an die EU-Kommission?
Der Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beginnt erst einmal sehr nett. Im ersten Satz heißt es: "Es ist mir eine große Ehre, Ihnen dieses Schreiben zu übermitteln, da es die Stärke und das Engagement unserer Handelsbeziehungen unterstreicht (...)." Kurz danach kommt es für die EU allerdings knüppeldick: So kündigt Trump an, dass die USA ab dem 1. August auf Einfuhren aus der EU einen Basiszoll in Höhe von 30 Prozent erheben werden - gesondert von den Sektorzöllen, die schon heute auf den Import von Autos und Autoteilen sowie von Stahl- und Aluminiumprodukten gelten.
Zudem lässt er wissen, dass er erwartet, dass US-Unternehmen Waren künftig zollfrei in die EU importieren können. Dazu gibt es auch noch eine Drohung: Sollte die EU Vergeltungszölle erheben, werde deren Zollsatz auf die angekündigten 30 Prozent aufgeschlagen, warnt er.
Gelten die neuen Basiszölle für alle Branchen?
Nein. Nach Angaben des Weißen Hauses sind unter anderem die Auto- und die Stahlindustrie nicht betroffen. Auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa teilte die US-Regierung mit: "Sektorale Zölle werden separat behandelt und nicht kumuliert." Die USA belegen Autos und Autoteile aus der EU bislang mit einem Zollsatz von 25 Prozent, bei Stahl und Aluminiumeinfuhren sind es 50 Prozent.
Was würde eine Umsetzung der Ankündigungen bedeuten?
Vor allem für die exportorientierte deutsche Wirtschaft wäre das ein heftiger Schlag, da Zölle Produkte in der Regel teurer machen und damit den Handel bremsen. Bereits unter den von Trump schon eingeführten Zöllen litt die Wirtschaft. Dazu gehörte ein Basiszollsatz in Höhe von 10 Prozent, und eben die Zölle auf Import von Autos und Autoteilen und auf Stahl- und Aluminiumprodukte von 25 bzw. 50 Prozent.
Die Präsidentin des Auto-Branchenverbandes VDA, Hildegard Müller, kommentierte: "Die Kosten für unsere Unternehmen sind bereits im Milliarden-Bereich - und mit jedem Tag wächst die Summe."
Wie begründet Trump seine neuen Ankündigungen?
Trump beschreibt die Zölle in dem Brief als notwendige Korrekturmaßnahme. Aus seiner Sicht haben europäische Zölle und andere Handelsbarrieren über Jahre hinweg ein großes und nicht tragbares US-Handelsdefizit verursacht. Dieses Defizit stelle eine erhebliche Bedrohung für die Wirtschaft und die nationale Sicherheit der USA dar. Mit dieser Berufung auf ein nationales Sicherheitsrisiko kann Trump den US-Kongress umgehen, der sonst seiner Zollpolitik zustimmen müsste.
Wie hoch ist dieses Defizit?
Im Warenhandel mit den USA verbuchte die EU 2024 nach jüngsten Zahlen des Statistikamts Eurostat einen deutlichen Überschuss in Höhe von rund 198 Milliarden Euro. So wurden im Jahr 2024 Waren im Wert von etwa 533 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten ausgeführt und nur Waren im Wert von rund 335 Milliarden Euro aus den USA importiert.
Im Dienstleistungsbereich hat die EU hingegen ein Handelsdefizit mit den Vereinigten Staaten, sodass die EU nach eigenen Angaben 2024 im Handel mit Waren und Dienstleistungen lediglich einen Handelsüberschuss von 50 Milliarden Euro hat. "Dies entsprach weniger als drei Prozent des gesamten Handels zwischen der EU und den USA", wird in Brüssel argumentiert.
Trump schaut allerdings immer ausschließlich auf Güter und Waren. Die Marktmacht von US-Techgiganten wie Apple oder Google in der Digitalwirtschaft lässt er bei seinen Zoll-Argumentationen stets außen vor.
Sind die Verhandlungen mit Trumps Brief vorerst beendet?
Das ist völlig unklar. Optimisten in Brüssel hoffen, dass Trump mit dem Schreiben lediglich eine Drohkulisse aufbauen will, um bei einer Fortsetzung der Verhandlungen dann am Ende mehr herausholen zu können. Ebenso wird es für möglich gehalten, dass er einen Deal möglichst lange hinauszögern will, um bis dahin mit bereits eingeführten Zöllen Kasse machen zu können.
In der EU wird davon ausgegangen, dass Trump Zolleinnahmen braucht, um Steuersenkungsversprechen einlösen zu können. US-Finanzminister Scott Bessent rechnete jüngst vor, dass er bis Jahresende insgesamt mit Einfuhrzöllen mehr als 300 Milliarden US-Dollar einnehmen möchte. Neben der EU sind weltweit fast alle anderen Handelspartner der USA betroffen.
Lässt Trump noch Verhandlungsbereitschaft erkennen?
Ja. Sollte die EU bereit sein, ihre "bislang geschlossenen Handelsmärkte" für die Vereinigten Staaten zu öffnen und Handelsbarrieren zu eliminieren, werde man möglicherweise eine Anpassung des Schreibens in Erwägung ziehen, schreibt Trump. Die Zölle könnten je nach Entwicklung der Beziehungen nach oben oder unten angepasst werden.
Wo standen die Verhandlungen mit den USA zuletzt?
Auf dem Tisch lag eigentlich der Entwurf für eine gemeinsame Erklärung. Die meisten EU-Staaten waren grundsätzlich bereit, einen neuen US-Basiszollsatz zu akzeptieren. Dieser sollte allerdings bei zehn Prozent oder darunter liegen und nicht bei 30 Prozent. Zudem war man bereit zuzusichern, an einem Abbau des Handelsdefizits zu arbeiten - etwa durch den verstärkten Import von Flüssigerdgas (LNG) aus den USA.
Klargemacht hatte die EU allerdings auch, dass sie von Trump kritisierte Regeln für die Digitalwirtschaft nicht ändern wird.
Wie reagiert die EU auf den Brief?
Die für die Zollverhandlungen mit den USA zuständige EU-Kommission machte umgehend deutlich, dass sie sich so lange wie möglich weiter um eine einvernehmliche Lösung des Handelskonflikts bemühen will. Man nehme das Schreiben von US-Präsident Trump zu einem neuen Zollsatz und einem neuen Zeitplan zur Kenntnis, teilte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit. Man sei weiterhin bereit, bis zum 1. August auf eine Einigung hinzuarbeiten. Deswegen wurden die Gegenzölle der EU, die ursprünglich am 14. Juli in Kraft treten sollten, auch auf den 1. August verschoben.
Welche Handlungsoptionen hätte die EU noch gehabt?
Eine Option wäre es gewesen, die Gegenzölle auf Importe aus den USA wie geplant bereits am Montag in Kraft treten zu lassen. Das hätte damit begründet werden können, dass bisherige Zollerhöhungen von Trump wegen der bis zuletzt noch laufenden Verhandlungen unbeantwortet geblieben sind und die USA dadurch aus EU-Sicht ungerechtfertigte Einnahmen generieren.
Warum setzt die EU nicht mehr auf Druck?
Als Hintergrund gilt insbesondere die Abhängigkeit in Verteidigungsfragen. So gibt es die Sorge, Trump könne im Fall eines verschärften Handelskonflikts neue Drohkulissen aufbauen - beispielsweise indem er erneut die militärische Beistandspflicht innerhalb der NATO infrage stellt oder die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt - beides sind äußerst sensible Themen angesichts der Bedrohungen durch Russland.
Um was für ein Handelsvolumen geht es eigentlich?
Nach Angaben der EU haben die Europäische Union und die Vereinigten Staaten die umfassendsten bilateralen Handels‑ und Investitionsbeziehungen der Welt und die am engsten miteinander verzahnten Volkswirtschaften. Zusammen machen sie demnach fast 30 Prozent des weltweiten Handels mit Waren und Dienstleistungen und 43 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus. Im Jahr 2024 belief sich der transatlantische Handel mit Waren und Dienstleistungen nach EU-Zahlen auf rund 1,7 Billionen Euro. Die EU und die USA waren jeweils füreinander der wichtigste Warenhandelspartner.
Was sagen US-Wirtschaftsvertreter zu den Zöllen?
Die Zölle würden auch Verbraucher in den USA hart treffen, weil sie mehr für die Produkte zahlen müssten. In der US-amerikanischen Wirtschaft gibt es deswegen Unsicherheit.
Die US-Börsenkurse hatten sich zuletzt allerdings wieder erholt und Spitzenwerte erreicht - die Anleger vertrauen offenbar auf Trump, der durch die bisherigen Strafzölle 100 Milliarden US-Dollar zusätzlich eingenommen hat. Zudem sind die Preise in den USA bislang nicht massiv gestiegen. Die Unternehmen zahlen zwar die Zölle, geben sie aber bislang nicht an ihre Kunden weiter. Irgendwann werden sie das aber müssen.
Warum gibt es überhaupt Zölle?
Zum einen sind Zölle eine willkommene Einnahmequelle für den Staat, der an jeder Lieferung aus dem Ausland mit verdient und damit öffentliche Ausgaben finanzieren kann.
Zudem dienen Zölle als Schutz für die heimische Wirtschaft: Importierte Waren werden teurer - das macht inländische Produkte wettbewerbsfähiger und schützt heimische Unternehmen. Dadurch soll die heimische Produktion angekurbelt werden. Hohe Ausfuhrzölle sollen dagegen dafür sorgen, dass bestimmte Waren und Güter im Land verbleiben.
Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa und von Martin Ganslmeier, ARD New York.
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