Jährlich schlagen sich Millionen Menschen mit komplexen Steuererklärungen und Formularen herum. Schon lange werden einfache digitale Lösungen gefordert. Ein Blick in andere Länder zeigt: Es ginge einfacher.
Nicht wenige Menschen bekommen bei dem Gedanken daran, ihre Steuererklärung ausfüllen zu müssen, Bauchschmerzen und Schweißausbrüche. Noch bis zum 31. Juli kann die Erklärung für 2024 eingereicht werden. Wer sich steuerlich beraten lässt, hat noch bis zum 30. April 2026 Zeit.
Kurz vor Ablauf der kommenden Abgabefrist kritisiert die Deutsche Steuer-Gewerkschaft (DSTG) die Steuererklärung für Arbeitnehmer: "Wir fordern, dass das Steuerrecht einfacher wird - weniger Formulare, weniger Nachweise, mehr digitale Lösungen. Pauschalen statt Einzelabrechnungen, wo immer es geht", sagte Gewerkschaftschef Florian Köbler der Funke Mediengruppe. Das würde seiner Ansicht nach Millionen Menschen viel Zeit, Nerven und Geld sparen.
Angst vor Fehlern bei Steuererklärung
Die Forderung nach einer einfachen Steuererklärung ist nicht neu. Schon 2003 sorgte ein Reformplan von Friedrich Merz für ein einfacheres Steuersystem für Aufsehen. Zum Sinnbild dafür wurde die Steuererklärung, die auf einen Bierdeckel passen sollte.
Dazu ist es nicht gekommen - die Steuererklärung umfasst in Deutschland noch immer mehrere Seiten. Studien gehen davon aus, dass deutsche Steuerzahlerinnen und Steuerzahler im Schnitt neun bis zehn Stunden damit verbringen, ihre Steuererklärung auszufüllen. Viele haben Angst, dabei Fehler zu machen.
Estland: Steuerbescheid in wenigen Klicks
Länder wie der Digitalvorreiter Estland zeigen aber, dass es auch anders geht. Für die Esten ist die alljährliche Angabe ihrer Einkommens- und Vermögenslage kein Behördenhorror. Die Einwohner des kleinen Baltenstaats erledigen das am eigenen PC - 99 Prozent der Steuererklärungen werden online eingereicht.
Die Online-Erklärung dauert nur wenige Minuten - denn die steht am Jahresende vorausgefüllt im System. Die nötigen Daten werden vom Finanzamt automatisch bei Arbeitgebern, Banken und anderen Behörden abgerufen. Auch abzugsfähige Ausgaben wie Kreditzinsen oder Versicherungsbeträge werden direkt an das System übermittelt. Nach der Einwahl müssen die Daten nur noch einmal überprüft werden.
Analoge Kommunikation
Auch hierzulande kann die Steuererklärung online eingereicht werden. In Deutschland führten bereits 1999 die ersten Bundesländer die Option ein, im System "Elster" ihre Steuerdaten digital an das Finanzamt zu übertragen.
Dass wie in Estland 99 Prozent ihre Steuererklärung digital einreichen - davon ist Deutschland aber noch weit entfernt. Laut dem Digitalverband Bitkom lag der Anteil im Jahr 2023 bei 58 Prozent - nur eine leichte Steigerung im Vergleich zum Jahr zuvor.
Nicht nur digital, sondern automatisiert
Es geht aber nicht nur darum, die Steuererklärung digital abzugeben - sondern vor allem darum, den Aufwand dahinter deutlich zu reduzieren. Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft fordert daher sogar eine komplette Automatisierung der Steuererklärung.
"Ganz konkret fordern wir auch die Abschaffung der Steuererklärung für Arbeitnehmer. Stattdessen wird die Steuererklärung ganz automatisch erstellt und muss vom Arbeitnehmer nur noch geprüft und gegebenenfalls ergänzt werden", sagte Köbler. Technisch sei dies nicht nur möglich, sondern sei in Ländern wie Österreich bereits erfolgreich etabliert.
In Österreich erhalten Steuerpflichtige unter bestimmten Voraussetzungen eine Rückzahlung der zu viel gezahlten Lohnsteuer auch ganz ohne eigene Steuererklärung. Und auch in Schweden hält sich der Aufwand in Grenzen: Dort stellen Behörden in der Regel ein vorab ausgefülltes Formular zur Verfügung, da zum Beispiel Arbeitgeber die Einkünfte direkt melden. In einigen Fällen müssen noch Angaben nachgereicht werden, meist genügt aber eine einfache Bestätigung.
Vorausgefüllte Steuererklärung auch in Deutschland?
Auch Rentnerinnen und Rentner sollten aus Sicht der Deutschen Steuer-Gewerkschaft von der Pflicht zur Steuererklärung befreit werden. Diese sollte "durch einen automatischen Quellenabzug direkt durch die Rentenkasse ersetzt werden", so Köbler.
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD spricht sich die Regierung für eine "Steuervereinfachung durch Typisierungen, Vereinfachungen und Pauschalierungen" aus. Rentnerinnen und Rentner sollen demnach von Erklärungspflichten so weit wie möglich entlastet werden.
Außerdem plant die schwarz-rote Koalition, die digitale Abgabe von Steuererklärungen schrittweise verpflichtend zu machen. "Für einfache Steuerfälle sollen vorausgefüllte und automatisierte Steuererklärungen sukzessive ausgeweitet werden."
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