Mehr als 50 Jahre steht Klaus Schwab an der Spitze des Weltwirtschaftsforums. Im Frühjahr tritt er überraschend zurück, dann folgt eine interne Untersuchung gegen ihn. Ein Bericht gibt jetzt Aufschluss darüber, was die Ermittler dem Gründer des Forums nachweisen können.

Das Weltwirtschaftsforum (WEF) hat eine Untersuchung gegen den inzwischen zurückgetretenen Gründer der Organisation, Klaus Schwab, wegen Vorwürfen des finanziellen und ethischen Fehlverhaltens abgeschlossen. Der Verwaltungsrat habe wegen des Schreibens eines Whistleblowers eine Untersuchung eingeleitet, erklärte das WEF Ende April, nachdem das "Wall Street Journal" über Vorwürfe gegen den 87-Jährigen und seine Frau Hilde unter anderem wegen der Veruntreuung von WEF-Mitteln berichtet hatte.

Jetzt schreibt die Zeitung unter Berufung auf Einsicht in die Ermittlungsakten, dass Schwab "in den vergangenen zehn Jahren am Arbeitsplatz Fehlverhalten an den Tag gelegt" habe. Es geht demnach um unerlaubte Ausgaben von ihm und seiner Frau, Mobbing und unangemessenen Umgang mit weiblichen Mitarbeitern.

Die Untersuchung ergab, dass Schwab gegenüber mindestens einer leitenden Angestellten anzügliche und möglicherweise unangemessene Äußerungen getätigt habe. "Haben Sie das Gefühl, dass ich an Sie denke?", soll Schwab ihr 2020 in einer E-Mail spätabends geschrieben haben. Auch anderen Frauen gegenüber soll er übergriffig aufgetreten sein. Aktuelle und ehemalige Arbeitnehmerinnen sprachen laut "Wall Street Journal" von sexueller Belästigung durch den 87-Jährigen. Zudem fanden die Ermittler laut Bericht weitere Beweise, wonach Schwab einige Schwangere oder Frauen über 40 Jahre in einer Weise ausgegrenzt habe, die ihre Karriere, ihre psychische Gesundheit oder beides beeinträchtigte.

Zudem wurde bereits vorher bekannt, dass das Schreiben des Whistleblowers Behauptungen enthielt, "dass Klaus Schwab jüngere Mitarbeiter gebeten hat, in seinem Namen Tausende von Dollar von Geldautomaten abzuheben", schrieb das "Wall Street Journal". Auch soll der WEF-Gründer etwa mit Mitteln der Organisation private Massagen in Hotels bezahlt haben. Hilde Schwab soll auf Kosten des WEF luxuriöse Urlaubsreisen unternommen haben.

Privatreisen im Wert von rund einer Million Euro

Die Ermittler erklärten den Kuratoren des Forums, dass ihre Befragungen ergaben, dass Klaus Schwab nicht nur gewohnheitsmäßig Belästigungen und Diskriminierungen duldete, sondern auch auf Einschüchterung und Angst zurückgriff, um zu erreichen, was er wollte. Zudem wurden fragwürdige Reise- und sonstige Ausgaben in Höhe von mehr als 1,1 Millionen Dollar aufgedeckt, die weder vom Forum noch von den Kuratoren überwacht worden seien, hieß es. Sie zeigten kaum oder gar keine Anzeichen für einen geschäftlichen Bezug.

Über einen Sprecher wies Schwab in der Zeitung die Ergebnisse weitestgehend zurück und verteidigte seine 55-jährige Tätigkeit als öffentliches Gesicht und oberste Führungskraft des WEF. Er sagte der Zeitung, dass er Frauen immer respektvoll behandelt habe und dass er und seine Frau nie versucht hätten, aus ihren Rollen bei der Organisation, die einen Großteil ihres Lebens in Anspruch genommen habe, finanziellen Nutzen zu ziehen. Er beabsichtige, seiner Erklärung zufolge, dem Forum alle persönlichen Ausgaben zu erstatten, die er und seine Frau hätten zahlen müssen, bis die abschließenden Ergebnisse der Untersuchung vorliegen.

Die Ermittler beziehen nun noch Aussagen Schwabs sowie weitere Dokumente in ihren Bericht ein. Anschließend soll laut "Wall Street Journal" darüber entschieden werden, ob der Ermittlungsbericht an die Staatsanwaltschaft gesendet wird.

Schwab hatte Mitte April überraschend seinen Rücktritt vom Vorsitz des Verwaltungsrats verkündet. Er hatte das WEF 1971 gegründet und war mehr als 50 Jahre lang das Gesicht der Organisation. Bekannt geworden ist das Weltwirtschaftsforum insbesondere für seine jährlichen Treffen zwischen Politikern und führenden Vertretern der Wirtschaft im Schweizer Alpenort Davos.

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