Der Volkswagen-Konzern ist schon immer ein politischer Betrieb – schon allein wegen der Rolle des Landes Niedersachsen als Großaktionär. Doch aktuell erscheint der führende europäische Autobauer vollends als Spielball der Politik in Washington und Brüssel.
Der Gewinn im zweiten Quartal 2025 ist um gut ein Drittel auf 2,29 Milliarden Euro eingebrochen. Hauptursache sind die Zölle, die US-Präsident Donald Trump auf Autoimporte aus Europa verhängt hat. Sie allein kosteten den Konzern in nur drei Monaten 1,2 Milliarden Euro. Denn VW garantiert seinen Kunden in den USA bislang die Preise vor dem Zollzuschlag, um die Käufer nicht abzuschrecken.
Ihre gesenkte Prognose für das Gesamtjahr machen die Wolfsburger nun komplett abhängig von den USA. Die operative Umsatzrendite werde zwischen vier und fünf Prozent liegen statt zwischen 5,5 und 6,5 Prozent, teilten sie mit – je nachdem, ob der Zollsatz bis zum Jahresende bei 27,5 Prozent bleibt oder dank eines möglichen Abkommens zwischen den USA und der EU auf zehn Prozent abgesenkt wird.
Das belastet vor allem die bislang gewinnträchtigen teuren Modelle. Die Marken Audi und Porsche produzieren schließlich nicht im Konzernwerk in den USA. Die US-Zölle treffen sie also mit voller Wucht. Während die Massenmarken im Konzern ein stabiles Ergebnis ausweisen, bricht der Gewinn bei den Premiumautos ein. Daher könnte es sogar dazu kommen, dass der Konzern einige Modelle vom US-Markt nehmen muss. Denn der Zollzuschlag macht sie entweder zum Verlustgeschäft oder so teuer, dass sie unverkäuflich werden.
Doch der Zoll ist nicht der einzige Grund für die VW-Misere. Die Umstellung auf E-Mobilität, mit dem Verbrenner-Aus für Neuwagen ab 2035 in der EU festgeschrieben, belastet den Konzern zusätzlich. Denn der Konzern verdient an jedem E-Auto deutlich weniger als an jedem Verbrenner – wenn überhaupt. Das liegt auch an den hohen Anfangsinvestitionen: Mit dem noch jungen Batteriegeschäft macht VW ebenso wie mit der Software-Sparte Cariad hohe Verluste. Zugleich kaufen die Europäer weniger E-Autos als erwartet. Das liegt nicht nur an Skepsis gegenüber den Modellen, sondern auch am unzureichenden Ladenetz etwa in Süd- und Osteuropa.
Die politisch induzierten Verwerfungen kommen zu hausgemachten VW-Problemen – etwa Managementfehlern bei der Software. Der heftige Absatzrückgang in China liegt – neben der von Peking politisch betriebenen Förderung der eigenen Auto-Marken – auch an eigenen Versäumnissen bei der Aktualisierung der Modellpalette und der Umstellung auf Stromer. Immerhin scheint der Rückgang vorerst auf niedrigem Niveau gestoppt.
In der Summe haben die multiplen Krisen des Konzerns deutliche Auswirkungen auf die Arbeitsplätze: Seit Dezember sind im Konzern weltweit 10.600 Jobs weggefallen – das betrifft immerhin zwei Prozent der Beschäftigten. In Deutschland ging die Zahl sogar um vier Prozent oder 4300 Jobs zurück. Das liegt im Rahmen des mit dem Betriebsrat vereinbarten Abbaus von 35.000 Stellen in Deutschland bis 2035 im Programm „Zukunft Volkswagen“.
Mit 28,4 Milliarden Euro hat der Konzern noch immer ein komfortables Liquiditätspolster. Die Politik darf keine Ausrede für Fehler des Managements sein. Dennoch sind die Zahlen eine klare Warnung: Selbst ein Weltkonzern wie Volkswagen kann Belastungen aus der Politik nicht unendlich tragen. Wenn die US-Zölle hoch bleiben und zugleich die Umstellung auf E-Mobilität in Europa so schlecht weiterläuft wie zuletzt, könnte der Konzern zu noch stärkerem Job-Abbau gezwungen sein. Bei schwächeren europäischen Autobauern werden die Einschnitte noch größer sein.
Christoph Kapalschinski ist Wirtschaftsredakteur. Er berichtet über die Auto-Industrie.
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