Autos aus den USA sollen als Teil des Handelsdeals mit US-Präsident Donald Trump künftig zollfrei in die Europäische Union importiert werden können. Das bestätigte eine EU-Beamtin in Brüssel einen Tag nach der Einigung in Schottland. Die EU erhebt bislang auf Autoimporte aus den USA einen Zoll in Höhe von zehn Prozent.

„Wir sind bereit, auf null zu gehen“, sagte die Beamtin. Voraussetzung sei allerdings, dass die Vereinigten Staaten sich an ihren Teil der Vereinbarung halten und die aktuell fällig werdenden US-Zölle auf Autoimporte aus der EU von aktuell 27,5 auf 15 Prozent senken.

Für die europäische Autoindustrie bedeutet die Zusage der EU, dass sie künftig mit stärkerer Konkurrenz von US-Herstellern rechnen muss. Zudem muss sie künftig mit dem neuen 15-Prozent-Zoll leben. Vor dem Amtsantritt von Trump hatte der Zollsatz noch bei 2,5 Prozent gelegen.

Scharfe Kritik aus Frankreich

Aus Frankreich kommt scharfe Kritik an der Einigung. Der französische Premierminister François Bayrou sprach am Montag von einem „einem schwarzen Tag“ für Europa. Es sei traurig, dass die EU – „ein Bündnis freier Ländern, die ihre Werte und ihre Interessen verteidigen wollen“ – sich nun zur „Unterwerfung“ entschlossen habe.

US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatten am Sonntagabend eine Grundsatzeinigung im Handelsstreit bekanntgegeben. Demnach werden künftig 15 Prozent US-Zoll auf die meisten Produkte aus der EU fällig. Das ist weniger als die von Trump angedrohten 30 Prozent, aber bedeutend mehr als vor seiner Zolloffensive. Außerdem soll die EU deutlich mehr US-Flüssigerdgas kaufen und europäische Unternehmen in den USA investieren.

Ungarns Regierungschef Viktor Orbán, der seit Jahren mit der EU-Kommission über Kreuz liegt, bewertete die am Sonntag verkündete Einigung als „schlechter“ als die Einigung, die Großbritannien mit den USA erzielt hatte. „Es ist nicht Donald Trump, der mit Ursula von der Leyen ein Abkommen geschlossen hat, es ist eher Donald Trump, der Ursula von der Leyen zum Frühstück verspeist hat“, sagte er in einem Livestream im Onlinedienst Facebook.

Viele Detailfragen rund um die Abmachung blieben jedoch ungeklärt oder zumindest unklar, etwa das Zoll-Niveau auf EU-Seite, das künftig bei Importen aus den USA fällig werden soll. Auch Zollsätze für einzelne Branchen und Produkte etwa aus der Landwirtschaft wurden vorerst nicht präzisiert. Wie Zusagen von Milliardeninvestitionen in den USA in der Praxis aussehen sollen, ist ebenfalls fraglich.

Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sagte am Montag, sie müsse die Einzelheiten des Abkommens zunächst prüfen. Grundsätzlich begrüßte sie aber die Einigung, die „potenziell verheerende“ Folgen einer Eskalation des Zollstreits verhindere.

„Dieser Deal ist besser als ein Handelskrieg mit den USA“

EU-Handelskommissar Maros Sefcovic nannte den Deal einen Durchbruch. Zölle von 30 Prozent hätten den gegenseitigen Handel zum Erliegen gebracht, sagte er in Brüssel. Es habe entsprechend viel auf dem Spiel gestanden. Mit Zöllen von 15 Prozent könne der transatlantische Handel weitergehen. „Dieser Deal ist besser als ein Handelskrieg mit den USA.“

Die Bundesregierung hofft nach dem Kompromiss im Zollkonflikt zwischen der EU und den USA noch auf Erleichterungen bei der hohen Belastung für Stahl und Aluminium. Die Einfuhr dieser Produkte in die USA ist nach wie vor mit Zöllen von 50 Prozent belegt. Man sehe hier weiter Bedarf zu verhandeln, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Sebastian Hille in Berlin. „Das ist einer der Bereiche, auf die wir besonderes Augenmerk legen werden.“ Weitere Bereiche nannte er nicht.

Die Bundesregierung begrüße die Einigung grundsätzlich, sagte Hille. „Ganz klar im Mittelpunkt steht, dass eine unnötige Eskalation und ein Handelskonflikt vermieden werden konnten.“

Für Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sind die neuen US-Zölle eine Herausforderung. „Aber der gute Teil daran – es gibt Sicherheit.“ Es gelte jetzt, Klarheit über die Umsetzung zu haben. Die Vereinbarung zwischen Trump und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen müsse Bestand haben, sagte Reiche.

BSW hält Zoll-Deal zwischen USA und EU für Fehler

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hält die Zoll-Einigung für einen großen Fehler. „Das ist kein Deal, das ist die Kapitulation des europäischen Selbstrespekts vor Trumps Kanonenboot-Imperialismus“, sagte Christian Leye, BSW-Generalsekretär, WELT. Der Deal helfe nur der US-Energiewirtschaft und -Rüstungsindustrie. Deutschland opfere seine Stahlindustrie und zahle für künftige US-Kriege, so Leye. „Man fragt sich ernsthaft, ob überhaupt jemand für die EU verhandelt hat, oder ob die US-Wünsche einfach devot durchgewunken wurden.“ Deutschland müsse seinen „aufrechten Gang gegenüber den USA“ wiederfinden.

„Sie quetschen mit diesem Deal Europa aus wie eine Zitrone, ziehen Kapital in Größenordnungen ab, treiben uns in immer neue Handelskonflikte mit Ländern, deren Deals günstiger sein können, und möglicherweise auch in die nächsten Kriege“, sagte der BSW-Generalsekretär. „Das sind keine Freunde, das ist ein gewalttätiger, übergriffiger Onkel, von dem man sich konsequent emanzipieren muss.“

Laut Grünen-Chefin Franziska Brantner ist die EU den USA zu stark entgegengekommen. „Mit Appeasement lernt Trump, dass seine Erpressungsmethoden funktionieren – wir müssen davon ausgehen, dass er nun immer weitermachen wird“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Auch Zölle von bis zu 50 Prozent auf Stahl und Aluminium aus Europa seien ein massives Problem. „Statt Entlastung kommen jetzt neue Belastungen hinzu.“ Der Zoll-Deal gehe zulasten der EU. „Die EU konnte ihre große Marktmacht in den Verhandlungen nicht ausreichend ausspielen – auch aufgrund des öffentlichen Drucks von Friedrich Merz für eine schnelle Einigung und gleichzeitiger Verweigerung, ein weiteres Drohpotenzial zum Beispiel via Digitalabgabe aufzubauen.“

Statt langfristig zu denken, habe der Bundeskanzler öffentlich Druck auf Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ausgeübt, eine schnelle Einigung herbeizuführen. „Das hat ihre Position eindeutig geschwächt.“ Problematisch sei auch das Gegengeschäft mit den USA: „Sollte sich die EU auf langfristige Importverträge von klimaschädlichem LNG-Gas einlassen, wird das die europäischen Klimaziele unterlaufen.“

Der deutsche Industrieverband BDI sieht die Zölle als Einstieg in eine neue Handelsordnung. „Wir erreichen hier Zollhöhen, die wir so noch nie gesehen haben“, sagt BDI-Lobbyist Wolfgang Niedermark in Berlin zu Journalisten. Dies sei ein Schlag ins Kontor und kein guter Tag für die Wirtschaft. „Wir rechnen mit deutlichen Wachstumseinbußen für unsere Industrie.“ Europa sei nicht in einer guten Verhandlungsposition gewesen und müsse seine Wettbewerbsfähigkeit dringend stärken, um bessere Ergebnisse erzielen zu können. Der Deal gebe nur eine vermeintliche Sicherheit, auch wenn er für einige Branchen Vorteile bringe und insgesamt eine Eskalation im Handelsstreit vermieden worden sei.

Julian Hinz vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) erklärte, die Einigung gefährde den „regelbasierten Welthandel“, es sei „kein guter Deal“. „Die EU versucht kurzfristig, einen Handelskrieg abzuwenden, zahlt dafür aber langfristig einen hohen Preis“, erklärte sie weiter. Brüssel verlasse „damit die Prinzipien des multilateralen und regelbasierten Welthandelssystems der Welthandelsorganisation (WTO), das Europas Wohlstand bislang maßgeblich garantiert hat“.

Wirtschaftsweise Veronika Grimm sagte dem Nachrichtenmagazin „Politico“, die EU „konnte vermutlich nicht mehr rausholen, so sind aktuell eben die Machtverhältnisse“.

Die „Wirtschaftsweise“ Ulrike Malmendier sagte im ARD-„Morgenmagazin“, Zölle in Höhe von 15 Prozent seien eine „ungeheure Belastung für die Wirtschaft, nicht nur hier, sondern auch in den USA“. Im Gegensatz zu einem Zollsatz von rund einem Prozent in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten „ist das schon ein Drama“, sagte Malmendier.

Das deutsche Kraftfahrzeuggewerbe warnt vor negativen Folgen für die Verbraucher. „Was jetzt als diplomatischer Durchbruch verkauft wird, trifft am Ende die Kunden - mit weniger Auswahl und höheren Preisen“, erklärte der Präsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), Thomas Peckruhn. Zudem könnten die Kosten für Reparaturen steigen.

Der Deal zur Entschärfung des monatelangen Zollkonflikts war am Sonntag bei einem Treffen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit US-Präsident Trump in einem Golfhotel des US-Präsidenten im schottischen Turnberry vereinbart worden. Er sieht auch vor, dass die EU künftig deutlich mehr Energie in den USA kaufen und die Investitionen dort erhöhen soll.

Lediglich auf eine begrenzte Zahl von Waren sollen künftig bei der Einfuhr keine Abgaben fällig werden. Dazu zählen nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Beispiel Flugzeuge, bestimmte Chemikalien, Agrarprodukte und kritische Rohstoffe

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