Die amerikanischen Autohersteller hadern mit den von Donald Trump verhängten Zöllen. Vor allem die jüngsten Vereinbarungen mit der EU und Japan stören die Manager: Der auf 15 Prozent gesenkte Zollsatz für Autoimporte sei zu niedrig, um europäische und asiatische Konzerne dazu zu bringen, Produktion in die USA zu verlagern. Zugleich sehen sich die US-Konzerne selbst durch Trumps Politik stark belastet.
„Japan und Südkorea haben echte Vorteile bei Arbeitskosten, Rohstoffen und Währung“, beklagt sich etwa Ford in der größten US-Wirtschaftszeitung, dem „Wall Street Journal“. „Gleichzeitig hat Ford Milliarden-Belastungen durch etliche Zölle auf Autoteile, Stahl, Aluminium und mehr, die unsere Kosten für die Produktion in Amerika steigern.“
Trump hatte im April einen Sonderzoll auf Autos aus der EU von insgesamt 27,5 Prozent erhoben. In der Vereinbarung mit der EU hat er diesen gekippt. Ab Mitte August soll ein einheitlicher Zollsatz von 15 Prozent auch auf Autos gelten. Das gilt als einer der wenigen Erfolge der EU-Verhandler.
Weiter gelten jedoch die Sonderzölle auf Stahl und Aluminium aus dem Ausland von 50 Prozent verhängt. Trump will damit erreichen, dass US-Hochöfen mehr Erz schmelzen können. Ford verweist hingegen darauf, dass auch seine US-Zulieferer ihre Zollbelastung an den Autokonzern weiterreichten, denn bislang gibt es in den USA nicht ausreichend Aluminium für die Ford-Modelle.
GM-Chefin Mary Barra hatte sich in den vergangenen Monaten für von Trump erdachte neue Zölle ausgesprochen. Die US-Autokonzerne seien schließlich seit Jahrzehnten im Ausland mit Zöllen und anderen Handelshindernissen konfrontiert. Daher seien neue US-Zölle legitim.
Auch US-Gewerkschaften drängen auf höhere Zölle
Nicht nur die Autokonzerne, sondern auch die Autogewerkschaft UAW drängen Trump zu höheren Zöllen auf ausländische Autos aus Europa und Asien. „Die US-Handelspolitik sollte Autobauer dazu nötigen, in Amerika zu produzieren, mit gut ausgebildeten, gewerkschaftlich organisierten Arbeitskräften“, erklärte die UAW. Ein Einheitszoll von 15 Prozent gewährleiste das nicht.
Ausgerechnet BMW bestätigte die Sicht der US-Gewerkschaft indirekt. Denn Konzern-Chef Oliver Zipse gab diese Woche Entwarnung: „Die Zolldebatte wird komplett überhöht.“ Schließlich habe die EU im Gegenzug ihren eigenen Autozoll von zehn Prozent auf Importe aus den USA gestrichen. Und da BMW aus seinem Werk in South Carolina in etwa so viele Autos nach Europa exportiere, wie der Konzern in die USA einführe, höben sich die Effekte für BMW fast auf. „In der Summe sind das gar nicht so viel mehr Zölle als vorher“, rechnete Zipse vor – und sah keine Notwendigkeit, die US-Produktion rasch auszubauen.
Zölle kosten auch US-Hersteller Milliarden
Andere deutsche Autobauer sind aber durchaus stärker betroffen als BMW. Der VW-Konzern meldeten 1,2 Milliarden Euro Belastung im zweiten Quartal. Mercedes sprach von einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag. Doch die Belastungen für die US-Konzerne, die überwiegend in der Heimat produzieren, sind kaum geringer. Ford verbuchte im zweiten Quartal 800 Millionen Dollar Zollbelastung, GM 1,1 Milliarden Dollar. Stellantis mit den US-Marken Jeep und Ram kam mit 350 Millionen Dollar etwas günstiger davon. Tesla meldete 200 Millionen Dollar.
Die amerikanischen Autobauer sehen sich im aktuellen Zollstreit vor allem im Handel mit Mexiko und Kanada belastet – trotz erheblicher heimischer Produktion. Denn in der nordamerikanischen Freihandelszone, gegründet als Nafta und in Trump erster Amtszeit in USMCA umgetauft, konnten sie lange zollfrei auf die Nachbarländer ausweichen.
Dabei ist Kanada über die Jahre zum wichtigen Lieferanten etwa für Stahl und Aluminium geworden, während in Mexiko große Werke für Autoteile und die Einstiegsmodelle der Hersteller entstanden sind. Auch deutsche Konzerne wie VW produzieren dort für den US-Markt – etwa das preisgünstige Modell Jetta.
Die US-Regierung reagiert offenbar bereits auf die Beschwerde von Ford, das immerhin 80 Prozent der in den USA verkauften Fahrzeuge in den USA produziert. Finanzminister Scott Bessent sagte, er hoffe auf einen schnellen Aluminium-Deal mit Kanada – schließlich sei er ein Bewunderer des Unternehmens Ford.
Details des EU-Deals noch in der Schwebe
In Richtung EU ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Zwar steht der Handels-Deal seit vergangenem Sonntag im Prinzip. Im Detail ist er aber bisher nicht ausgearbeitet. Und die kurzfristige Verschiebung der Gültigkeit um einige Tage am Freitag zeigt: Es kann durchaus noch nachgeschärft werden – vor allem von US-Seite.
Denn die EU hat in den USA immer wieder Kritik auf sich gezogen, nicht nur wegen des bislang gültigen EU-Importzoll von zehn Prozent auf Autos. Auch technische EU-Standards machen es unmöglich, US-Modelle unverändert nach Europa zu bringen. Prominentestes Beispiel ist derzeit Teslas Cybertruck.
Die Ford-Manager rühmen sich jedenfalls, in wöchentlichem Kontakt zur US-Regierung zum Thema Zölle zu sein. Sie rechnen laut „Wall Street Journal“ vor, dass es rund 5000 Dollar teurer sei, einen SUV in den USA zu bauen als in Japan. Daher reiche ein Zollsatz von 15 Prozent bei Weitem nicht aus, um den Nachteil zu kompensieren.
Allerdings ist die Front der US-Autobauer nicht geschlossen. GM beispielsweise führt Autos aus Südkorea in sein Heimatland USA ein – und spart durch die jüngste Zollsenkung schätzungsweise eine Milliarde Dollar pro Jahr.
Christoph Kapalschinski ist Wirtschaftsredakteur. Er schreibt über die Auto-Branche.
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