Höhere Zölle, mehr Bürokratie, sinkende Wettbewerbsfähigkeit - eine Umfrage zeigt: Die Einigung der EU mit den USA erfüllt deutsche Unternehmen mit großer Sorge. Eine Entlastung erwartet so gut wie niemand. Viele gucken sich bereits nach anderen Märkten um.
Nach der vorläufigen Einigung zwischen der EU und den USA im Zollstreit erwarten die deutschen Unternehmen mehrheitlich weitere Beeinträchtigungen im transatlantischen Handel. Von rund 3500 befragten Betrieben im gesamten Bundesgebiet befürchtet mehr als die Hälfte (58 Prozent) neue Belastungen, wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) mitteilte. Bei Unternehmen mit direktem US-Geschäft geben dies drei Viertel (74 Prozent) an.
"Statt Erleichterung melden uns viele deutsche Unternehmen vor allem eins: zusätzliche Sorgen", erklärte DIHK-Hauptgeschäftsführerin Helena Melnikov. Eine wirtschaftliche Entlastung durch die Zolleinigung erwartet laut Umfrage so gut wie niemand: Nur fünf Prozent der befragten Betriebe rechnen mit positiven Effekten.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump hatten Ende Juli eine Einigung im Zollstreit erzielt. Ab Donnerstag gelten damit Zölle von 15 Prozent auf die meisten EU-Produkte inklusive Autos. Trump zufolge sollen die Europäer zudem US-Energie für 750 Milliarden Dollar (knapp 650 Milliarden Euro) kaufen und Investitionen von 600 Milliarden Dollar in den USA tätigen. Bundeskanzler Friedrich Merz von der CDU sagte bereits, er fürchte "erheblichen Schaden" für die deutsche Wirtschaft.
DIHK-Geschäftsführerin Melnikov erklärte: "Diese Einigung mag politisch notwendig gewesen sein, für viele Unternehmen in Deutschland ist sie dennoch eine bittere Pille." Sie bringe zusätzliche Belastungen: höhere Zölle, mehr Bürokratie sowie sinkende Wettbewerbsfähigkeit. "Besonders problematisch: Es ist nicht einmal sicher, ob dieser Kompromiss hält", klagte Melnikov. Nichts sei garantiert. "Gerade deshalb muss die EU-Kommission in den weiteren Gesprächen dringend auf echte wirtschaftliche Verbesserungen drängen."
Bereits weniger Handel mit den USA
Die handelspolitischen Unsicherheiten zeigen sich laut Umfrage bereits in der globalen Marktstrategie deutscher Unternehmen: 54 Prozent der befragten Betriebe mit direktem US-Geschäft geben an, weniger mit den USA handeln zu wollen. 26 Prozent reduzieren ihre US-Investitionen bereits oder legen sie auf Eis.
Die höheren Zollkosten im US-Geschäft treffen nicht nur die Unternehmen in Deutschland. Von den Betrieben, die von einem veränderten Umgang mit Zollkosten berichten, geben 84 Prozent an, zumindest einen Teil der Mehrkosten an ihre Kunden in den USA weiterzugeben. Damit heizten die Zölle die US-Inflation an. "Die US-Zollpolitik kennt keine Gewinner: Sie schadet Unternehmen und Verbrauchern auf beiden Seiten des Atlantiks", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführerin Melnikov.
Knapp zwei Drittel der befragten Unternehmen nehmen laut DIHK-Umfrage neue Märkte in den Blick. Für knapp drei Viertel davon gewinne der europäische Binnenmarkt als "stabiler und berechenbarer Wirtschaftsraum" an Bedeutung, erklärte die DIHK. Auch der asiatisch-pazifische Raum rücke stärker in den Fokus, ebenso wie weitere europäische Länder außerhalb der EU. Ebenso gewinnen demnach Märkte wie Mexiko und Kanada an Attraktivität.
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