Es ist eine Szene, die in deutschen Haushalten regelmäßig vorkommt: Es klingelt. Ein Vertreter steht vor der Tür und fragt, ob man Zeit für ein Gespräch über schnelles Internet habe. Ganz oben in den Werbebroschüren taucht dabei meist ein Begriff auf, der Synonym für schnelles Internet stehen soll: das Glasfasernetz.

Dieses Glasfasernetz wird gerade quer durch die Bundesrepublik verlegt – und soll die alten Kupferkabel ablösen. Ganz vorne mit dabei im Ausbau und der Türwerbung dafür: die Deutsche Telekom.

Doch das Versprechen vom schnellen Internet stößt auf immer neue Grenzen. So sollte eigentlich bis zum Jahr 2030 flächendeckend in ganz Deutschland Glasfaser verbaut sein. Mittlerweile gilt diese Zahl jedoch nur noch als Richtwert. Die Telekom plant, diesem Ziel möglichst nahezukommen – genau wie ihre Wettbewerber.

Doch auch die einzelnen Akteure des Ausbaus ziehen Kritik auf sich. Und auch hierbei steht die Deutsche Telekom im Fokus mehrerer Branchenverbände und auch von Verbraucherschützern. So haben mehrere Branchenverbände die Telekom in den vergangenen Jahren immer wieder als „Bremser“ beim Glasfaserausbau bezeichnet. Die Verbände werfen Europas größtem Telekommunikationskonzern vor, seine Marktmacht auszunutzen und Wettbewerber zu benachteiligen. Die Telekom selbst weist die Vorwürfe zurück. Auch die Bundesnetzagentur hat sich in die Debatte eingeschaltet.

Vorwurf Doppelausbau

Einer der heftigsten Kritiker der Telekom war dabei der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO). In seinen Marktanalysen warf er der Telekom regelmäßig Ineffizienzen beim Glasfaserausbau vor. Und auch ein anderer Vorwurf wird von diesem und anderen Branchenverbänden immer wieder geäußert. So würde die Telekom Baugruben, in denen Wettbewerber bereits Glasfaser verlegt haben, erneut öffnen, um eigene Kabel zu verlegen. Überbau oder Doppelausbau wird diese Taktik in der Branche genannt. Der Sinn dahinter: Die Telekom vermeidet damit Gebühren für die Nutzung fremder Netze.

Nun stellte der BREKO seine neueste Analyse vor. Zur Verwunderung vieler Branchenbeobachter hat der Branchenverband seine Kritik am Glasfaserausbau der Deutschen Telekom dabei deutlich reduziert. Im letzten Jahr hatte BREKO in der Martkanalyse noch davon gesprochen, dass rund 78 alternative Netzbetreiber von solchen Überbauten betroffen gewesen. In etwa einem Drittel der Fälle sei es zu Projektabbrüchen oder Rückzügen gekommen.

Die Telekom weist diese Vorwürfe des Überbaus auf Anfrage von WELT zurück: „Es gibt keinen strategischen Überbau“, erklärt das Unternehmen und verweist auf den Monitoringbericht der Bundesnetzagentur (BNetzA) vom Juli 2025. Dieser stützt die Sicht der Telekom: Die Auswertung von 539 Meldungen seit Juli 2023 habe ergeben, dass „keine belastbaren Rückschlüsse“ auf wettbewerbswidriges Verhalten möglich seien.

Glasfaserausbauquote bei mehr als 50 Prozent

„Leere Ausbauankündigungen“ seien selten und nicht auf einen Anbieter begrenzt. Die Behörde schreibt jedoch auch: „Der Ausbau durch ein marktbeherrschendes Unternehmen – wie die Deutsche Telekom – hat jedenfalls das Potenzial, Wettbewerb zu beeinträchtigen.“ Ob ein solcher Missbrauch vorliegt, müsse immer im konkreten Einzelfall geprüft werden.

Doch auch im Bereich des Glasfaserausbaus weist der aktuelle Marktbericht von BREKO überraschend positive Tendenzen auf. Laut der aktuellen Marktanalyse lag die Ausbauquote Ende Juni 2025 bei 52,8 Prozent. Das heißt: Bei mehr als der Hälfte aller Haushalte in Deutschland liegen Glasfaserkabel bereits vor dem Gebäude. Doch nur rund 27 Prozent aller Haushalte haben den Anschluss auch im Haus – und können die Technologie tatsächlich nutzen. Den größten Teil dieser Leistung schreibt BREKO jedoch den Wettbewerbern der Telekom zu. 70 Prozent der aktiven Anschlüsse stammen demnach nicht von der Telekom.

In anderen Aspekten des Glasfaserausbaus findet der Branchenverband auch lobende Worte für die Telekom. So sei die Zahl der Kooperationen im Bereich Glasfaserausbau „im positiven Sinne explodiert“. Daran habe auch die Telekom einen großen Anteil.

Telekom verhindert laut BREKO „konstruktive Debatte“

Doch trotz der in diesem Jahr wesentlich besseren Noten von BREKO für die Deutsche Telekom, bleibt der Konzern im Fokus von Kritikern. So wirft der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) der Telekom vor, als Marktführer einen strukturellen Vorteil zu haben. Das liege an der asymmetrische Kupferabschaltung: So könne die Telekom ihr Kupfernetz nur dort stilllegen, wo sie selbst Glasfaser ausgebaut habe – in von Wettbewerbern erschlossenen Gebieten fehle dieses Recht. BREKO-Geschäftsführer Stephan Albers teilt diese Kritik. Die Telekom verlängere laut Albers „mit neuen Hybrid-Tarifen die Lebensdauer ihrer Kupferkabel“ und entziehe sich einer „konstruktiven Debatte“ zum Technologiewechsel.

Die Deutsche Telekom weist diese Vorwürfe zurück. Der Konzern verweist auf das Telekommunikationsgesetz, wonach nur der Netzbetreiber den Antrag auf Abschaltung stellen könne. Ein Recht auf das Abschalten für Wettbewerber würde gegen EU-Recht verstoßen, außerdem schütze das die Kunden „vor Zwangsabschaltung und Zwangsanbieterwechsel“.

Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzb) mahnt gegenüber WELT vor allem den Blick auf die Kunden an. Für Verbraucher sei derzeit häufig nicht erkennbar, ob sie „lediglich theoretisch einen Glasfaseranschluss zur Verfügung haben oder diesen auch tatsächlich für ihren Internetzugang nutzen“. Auch in Studien fehlten oft die klare Differenzierung. Die Verbraucherzentrale fordere deshalb „von den Anbietern transparente und für Laien verständliche Tarifbezeichnungen- und beschreibungen“, damit die Kunden erkennen könnten, ob sie „bereits praktisch von der modernen digitalen Infrastruktur profitieren oder lediglich für diese bezahlen und tatsächlich noch über alte Leitungen versorgt werden“.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit „Business Insider Deutschland“.

Max Skowronek berichtet für WELT und Business Insider über Informationstechnologie und Telekommunikation.

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