Die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt zeigt sich im Frühjahr unerwartet robust. Konsum, Exporte und Investitionen legen zu. Doch Experten verweisen auf die US-Zölle. Deren Folgen werden spürbar sein, und zwar nicht unerheblich. Dennoch rückt das Thema Zinsanhebung in den Fokus.
Die exportabhängige japanische Wirtschaft ist im Frühjahr trotz des Zollkonflikts mit den USA überraschend kräftig gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt legte von April bis Ende Juni um 0,3 Prozent im Vergleich zum ersten Vierteljahr zu, wie aus Regierungsdaten hervorgeht. Ökonomen hatten wie schon im ersten Quartal nur mit einem Mini-Plus von 0,1 Prozent gerechnet. Zum Vergleich: Der Export-Europameister Deutschland schrumpfte im Frühjahr um 0,1 Prozent, während die Eurozone insgesamt ein Plus von 0,1 Prozent schaffte.
Der private Konsum, der mehr als die Hälfte der japanischen Wirtschaftsleistung ausmacht, wuchs im zweiten Quartal etwas stärker als erwartet. Die für die Binnennachfrage wichtigen Investitionen der Unternehmen legten kräftiger zu. Der Außenhandel trug ebenfalls zum Wachstum bei, nachdem er im ersten Quartal noch belastet hatte.
Experten warnen jedoch, dass für Japan das dicke Ende angesichts der von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle erst noch kommen wird. "Die Daten für April bis Juni verschleiern die wahre Wirkung von Trumps Zöllen", sagte Ökonom Takumi Tsunoda vom Shinkin Central Bank Research Institute. Die Exporte seien zwar dank solider Pkw-Ausfuhren und einer Last-Minute-Nachfrage von asiatischen Technologieherstellern vor Inkrafttreten einiger branchenspezifischer Zölle kräftig gewachsen. "Aber das ist alles andere als nachhaltig." Auch Wirtschaftsminister Ryosei Akazawa zeigte sich zurückhaltend. Die Daten signalisierten zwar eine moderate Erholung. Man müsse jedoch die Abwärtsrisiken durch die US-Handelspolitik im Auge behalten.
Die USA hatten im April Zölle von 25 Prozent auf Autos und Autoteile verhängt. Im Juli einigten sich beide Länder jedoch auf ein Handelsabkommen, das die Zölle auf 15 Prozent senkt. Im Gegenzug sagte Japan Investitionen in den USA im Umfang von 550 Milliarden Dollar zu.
Das robuste Wachstum könnte der japanischen Notenbank den Weg für eine Zinserhöhung noch in diesem Jahr ebnen. "Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die soliden Daten zur Inlandsnachfrage eine Änderung der BoJ-Haltung erforderlich macht, wonach die zollbedingte Unsicherheit die Wirtschaftstätigkeit belastet", sagte Benjamin Shatil, Ökonom bei JP Morgan Securities. Er erwartet, dass die Zentralbank ihren Leitzins im Oktober anheben wird.
Ökonomen erwarten jedoch, dass die Exporte in den kommenden Monaten leiden werden, wenn die Unternehmen die Zollkosten an die US-Kunden weitergeben. "Es ist möglich, dass die Wirtschaft im dritten Quartal in einen Abschwung gerät, da sich die Exporte verlangsamen", warnte Chefvolkswirt Shinichiro Kobayashi von Mitsubishi UFJ Research and Consulting. Für eine vollständige Erholung sei der private Konsum entscheidend. Dieser könne sich gegen Jahresende verbessern, sollte die Inflation allmählich nachlassen.
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