Die von Donald Trump verhängten Strafzölle setzen die deutschen Autobauer unter Druck. So prüft die Volkswagen-Tochter Audi ein erstes eigenes Werk in den USA. Laut dem Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer gibt es aber nur eine Möglichkeit, wie eine neue Produktionslinie in den USA Sinn ergibt.
Die deutschen Autobauer stehen unter Druck: Die von den USA verhängten Importzölle auf Fahrzeuge treiben die Kosten für europäische Hersteller massiv in die Höhe. Es ist also höchste Zeit, die Produktionsstrategien zu überdenken. Im Unterschied zu den Wettbewerbern Mercedes und BMW verfügt Audi bisher über kein eigenes Werk in den USA. Wie die VW-Tochter jüngst mitteilte, werden deshalb aktuell die Vor- und Nachteile eines Standorts in Amerika geprüft. Die Frage ist aber, ob ein Audi-Werk Sinn ergibt, wenn nicht einmal das VW-Werk in Chattanooga im US-Bundesstaat Tennessee ausgelastet ist. Im Gespräch mit ntv.de erklärt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer, wie Volkswagen tatsächlich einen großen Coup gegen Trump landen könnte.
Grundsätzlich gilt: Zölle zu umgehen bedeutet, Kosten zu senken. Laut dem Automobilverband VDA werden auf Anfrage von ntv.de derzeit immer noch 27,5 Prozent US-Zölle erhoben. Selbst wenn die zwischen den USA und der EU vereinbarten Importzölle auf Fahrzeuge aus der EU demnächst auf 15 Prozent sinken, bedeutet das immer noch hohe Kosten für die Autobauer.
Durch eine Produktion in den USA könnten diese Zölle umgangen werden. Und es gäbe noch einen weiteren Vorteil: "Die Autobauer hätten die Möglichkeit, ihre Fahrzeuge zollfrei nach Europa zu exportieren", so Dudenhöffer. Die Kostenersparnis könnte sich nach seinen Berechnungen auf bis zu 30 Prozent belaufen. Es entstünde auf diese Weise also ein erheblicher Wettbewerbsvorteil gegenüber Herstellern, die weiterhin aus Europa oder Mexiko in die USA liefern. Es gibt aber auch andere Gründe, warum ein neues Werk in den USA Sinn ergibt.
Mexiko hat deutlich an Attraktivität verloren
Bislang setzte Volkswagen, Audi und BMW mit eigenen Werken auf Mexiko, doch auch hier haben sich die politischen Rahmenbedingungen verschlechtert. So hat Trump unter anderem den Import von Fahrzeugen aus Mexiko in die USA mit einem hohen Zollsatz von 27,5 Prozent belegt. "Mexiko bietet nicht mehr die früheren Kostenvorteile und mit einer Produktion von zuletzt 145.000 Fahrzeuge ist das Audi-Werk in Mexiko wenig effizient", so Dudenhöffer. Auch deshalb sei ein Umzug in die USA wahrscheinlich. Ein weiteres US-Werk wäre zudem eine langfristige Lösung, um politischen Unsicherheiten in der Zukunft vorzubeugen – etwa, wenn Vize-Präsident JD Vance auf Präsident Trump folgt.
Die Kostenvorteile und strategischen Überlegungen reichen als Argumente jedoch nicht aus, wenn ein Produktionsstandort nicht ausgelastet ist. Dudenhöffer sieht nur einen sinnvollen Ausweg: Ein Audi-Werk muss Porsche in die Planungen einbeziehen. Die beiden VW-Töchter sollten sich ein neues Werk in den USA teilen. Nur das sei wirtschaftlich sinnvoll. Audi und Porsche sind Sorgenkinder im VW-Konzern. Es wäre eine klassische Win-win-Situation. Denn auch Porsche produziert bislang nicht in den USA.
Größere Auslastung durch Bündelung
In einem gemeinsamen Werk könnten beide zudem ihre enge technologische Zusammenarbeit in der Produktion ausspielen. Modelle wie der Audi Q5 und der Porsche Macan basierten auf ähnlichen Plattformen, die Fahrzeuge seien von der Karosseriestruktur fast identisch, führt der Leiter des CAR-Instituts weiter aus. "Die großen Investitionen wie Rohkarosse, Lackierung und Montage können gemeinsam genutzt werden." Unterschiede würden erst bei Motoren, Fahrwerken und der finalen Ausstattung sichtbar – "diese Differenzierung ist problemlos in einem gemeinsamen Werk möglich." In der Autoindustrie denke man "seit gut 20 Jahren nicht mehr in Marken-Werken, sondern in Konzern-Werken. Ein Konzern-Werk montiert in der neuen Ausrichtung ein oder zwei Plattform-Modelle für mehrere Marken. Damit erreicht man deutliche Kostenvorteile".
Laut Dudenhöffer liegt der Schlüssel zum Erfolg also in der Bündelung der Produktionen. Audi verkauft in den USA knapp 200.000 Fahrzeuge pro Jahr, Porsche etwa 75.000, davon 25.000 Macan. Wenn man den Audi Q5 und den Porsche Macan in den USA in einem neuen Werk baut, sind Produktionszahlen von über 250.000 Fahrzeugen möglich. 150.000 für die USA und 100.000 für den Export nach Europa. Schließlich kann man zollfrei nach Europa exportieren. Zusammen mit Porsche-Modellen wie dem Macan wäre das Werk dann ausgelastet", so Dudenhöffer.
Kein Imageverlust für Porsche
Audi könnte als Puffer dienen, wenn Porsche weniger Produktionskapazität benötigt. "Damit könnte auch Porsche flexibel auf Marktschwankungen reagieren und seine Margen sichern", erklärt Dudenhöffer. Kooperationen gab es bereits in der Vergangenheit. So hat Porsche zum Beispiel erfolgreich mit dem Technologieunternehmen Valmet in Finnland zusammengearbeitet. Ein gemeinsames Werk mit Audi könnte eine ähnliche Funktion haben. "Die Zeiten, in denen jedes Fahrzeug in einem eigenen Markenwerk gebaut werden musste, sind längst vorbei", so Dudenhöffer. "Der Porsche Cayenne wird bereits gemeinsam mit dem VW Touareg gefertigt und der Porsche Boxster entstand in Finnland. Heute zählt die Marke, nicht der Standort." Einen Imageschaden, weil Luxusfahrzeuge von einem Audi-Band rollen, sieht er nicht.
In Amerika sind vor allem SUVs mit Verbrennungsmotor gefragt – auch das spricht für eine Verlagerung der Porsche-Produktion in die USA. Denn wie Porsche kürzlich mitteilte, will das Unternehmen seine Strategie wieder auf Verbrenner ausrichten. "Diese Autos in den USA zu produzieren, macht also Sinn", sagt Dudenhöffer. "Ein gemeinsames Werk würde nicht nur helfen, Marktanteile zu steigern, sondern auch die Kostenstrukturen zu verbessern." Die Arbeitskosten in den USA sind bekanntlich deutlich niedriger. Dass Porsche die Verlagerung der Endmontage vor einigen Monaten dementiert hat, ist für Dudenhöffer kein Argument. Porsche habe lediglich erkannt, dass ein Werk für die eigene Produktion unrentabel wäre.
Ein möglicher Deal mit Trump
Volkswagen könnte im Zoll-Hickhack sogar noch auf eine andere Weise profitieren. Trump hat erfahrungsgemäß eine große Vorliebe für Deals, vor allem, wenn sie Arbeitsplätze in den USA schaffen. Denkbar sei, dass er Investitionen gegen Strafzölle aufrechnet – "Porsche und Audi in den USA wären ein doppelter Gewinn für ihn: Arbeitsplätze und eine Stärkung der heimischen Wirtschaft", so Dudenhöffer. Volkswagen hätte also durchaus Chancen, mit dem Investment einen günstigeren Tarif herauszuschlagen. "Vor allem ein Porsche 'Made in USA' wird Trump gefallen und von ihm als Triumph gefeiert werden."
Was eine Produktionsverlagerung in die USA umgekehrt für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Standorte bedeutet, dass sie auch eine Gefahr darstellt, steht auf einem anderen Blatt. "Audi und Porsche müssen sich um ihr Geschäftsmodell kümmern", konstatiert Dudenhöffer. "Wie Deutschland strukturiert ist, ist Sache der Politik."
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