Wenn deutsche Bankmanager ihre Zahlen präsentierten, waren das über Jahre peinvolle Übungen darin, dass Misslingen der eigenen Pläne einigermaßen zu kaschieren. Mittlerweile sind die Termine jedoch Anlässe heller Freude. „Wir freuen uns sehr, sowohl im zweiten Quartal als auch im ersten Halbjahr den höchsten Gewinn seit 2007 erzielt zu haben“, sagte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing Ende Juli. Knapp zwei Wochen später bejubelte Vorstandschefin Bettina Orlopp „das beste Operative Ergebnis in der Geschichte der Commerzbank.“ Und auch Cornelius Riese, Vorstandschef der genossenschaftlichen DZ Bank, konnte Anfang des Jahres, „das sehr gute Ergebnis des Vorjahres übertreffen.“
Seit die Europäische Zentralbank (EZB) im Sommer 2022 die Leitzinsen nach jahrelangem Dauertief deutlich erhöht hat, sind die deutschen Banken den Status als Problembranche los. Das für sie zentrale Zinsgeschäft wirft seitdem wieder sehr ordentliche Erträge ab. Dass die EZB den Einlagenzins seit dem Juni 2024 wieder auf zwei Prozent und damit auf die Hälfte seines Höchstwertes reduziert hat, hat die Ergebnisse bisher kaum belastet. Zudem ist die Zahl der Kreditausfälle trotz der langen Wirtschaftsschwäche bisher nur moderat gestiegen.
Folglich blicken deutsche Bankmanager weiterhin positiv in die Zukunft. Im Vergleich mit den Branchengrößen in anderen europäischen Ländern spielen sie trotz des Aufschwungs jedoch weiterhin nur in der zweiten Liga.
Welch enormen Effekt die Zinswende auf die Banken hatte, zeigt eine Ende 2024 veröffentlichte Studie der Beratung Bain & Company, die die Jahresabschlüsse der deutschen Kreditinstitute für das Jahr 2023 auswertete. Demnach stieg der Zinsüberschuss branchenweit um 17 Prozent auf 104 Milliarden Euro. Die Eigenkapitalrendite nach Steuern verdoppelte sich innerhalb von zwei Jahren auf 6,1 Prozent – den höchsten Wert seit 15 Jahren.
Dabei war der Provisionsüberschuss, der auf Einnahmen aus der Beratung und dem Verkauf von Wertpapieren basiert, sogar leicht gesunken. Mit durchschnittlich 8,7 Prozent waren Banken in anderen Eurostaaten jedoch noch rentabler, in den USA lag der Durchschnittswert sogar bei gut zehn Prozent.
Der Blick in die Zukunft fällt auch in diesem Jahr optimistisch aus. Obwohl 80 Prozent der von der Beratung EY für ihr jährlich veröffentlichtes Bankenbarometer befragten Bankmanager mit steigenden Kreditrisiken rechneten, beurteilten 86 Prozent die Geschäftsentwicklung ihres eigenen Instituts positiv. Große Hoffnungen setzen sie dabei vor allem auf das gehobene Privatkundengeschäft und Wertpapierdienstleistungen.
71 Prozent nannten die Finanzierung des unter anderem von der durch eine Grundgesetzänderung ermöglichten staatlichen Investitionsoffensive geförderten Strukturwandels in Deutschland als zusätzliche Einnahmequelle. Und 80 Prozent rechneten damit, dass sich der im Vergleich mit den meisten anderen Ländern stark fragmentierte deutsche Markt stärker konsolidieren dürfte.
Viermal so viel verdient
Dass nicht nur die amerikanischen, sondern auch die größten europäischen Wettbewerber die deutschen Geldhäuser abgehängt haben, zeigt ein Blick auf deren jüngere Zahlen. Mit einer Bilanzsumme von rund 2,7 Billionen Euro ist die französische BNP Paribas die Bank der Eurozone mit dem größten Geschäftsvolumen. 2024 erzielte das Institut aus Paris einen Nettogewinn von rund zwölf Milliarden Euro. Seinen Börsenwert von aktuell rund 91 Milliarden Euro übertrifft Santander mit knapp 120 Milliarden Euro noch deutlich: 2024 erwirtschafteten die Spanier bei Erträgen von 62 Milliarden Euro ebenfalls mehr als zwölf Milliarden Euro Gewinn. Die Commerzbank verdiente mit 2,7 Milliarden Euro nicht einmal ein Viertel davon.
Obwohl ihre Bilanzsumme mit rund 785 Milliarden Euro nur ein Drittel der von BNP Paribas beträgt, spielt auch die Mailänder Großbank Unicredit in der obersten Liga. Nicht zuletzt wegen ihrer enormen Effizienz, die sich in einem Verhältnis von Kosten zu Erträgen von nur 38 Prozent spiegelt, verdienten die Italiener im vergangenen Jahr fast zehn Milliarden Euro. Ihr Aktienkurs hat sich auf Jahressicht auf mehr als hundert Milliarden Euro verdoppelt.
Damit ist die Bank zweieinhalbmal so viel wert wie die Commerzbank, deren Übernahme im Raum steht, seit Unicredit vor knapp einem Jahr bei ihr eingestiegen ist. Mit einem Börsenwert von 60 Milliarden Euro rangiert auch die Deutsche Bank deutlich hinter den größten Konkurrenten. Obwohl sie zuletzt deutlich gewachsen sind, bleiben die hiesigen Banken im großen Teich, was sie schon seit Jahren sind: die kleineren Fische.
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit „Business Insider Deutschland“.
Cornelius Welp ist Wirtschaftskorrespondent in Frankfurt. Von dort aus berichtet er über Banken, Versicherungen und Finanzinvestoren und Unternehmen.
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