Wie weit geht jemand, um seine Lieblingsband zu sehen? Stellt man den Wecker früh am Morgen, kampiert vor der Halle, um sich die besten Plätze zu sichern? Fährt man mit dem Auto ein paar Stunden in die nächste Großstadt? Oder ist es einem nicht so wichtig, wird ja ohnehin alles auf YouTube hochgeladen.

Ich habe jetzt eine Antwort auf die Frage. Für die Reunion-Tour von Oasis bin ich in den Flieger nach New York City gestiegen – um das beste und teuerste Konzert meines Lebens zu sehen.

Dabei gibt es aktuell nicht viele Gründe, in die USA zu fliegen. Präsident Donald Trump baut den Staatsapparat im autoritären Stil um und lässt die Einwanderungsbehörde ICE in den US-Großstädten Razzien gegen Migranten durchführen. Hinzu kommen immer wieder Berichte über Touristen, die bei der Einreise in Gewahrsam genommen werden oder das Land verlassen müssen – warum genau, bleibt oft schleierhaft.

Ich habe ein mulmiges Bauchgefühl vor der Reise. Doch der Drang, die größte Rockband aller Zeiten einmal live zu erleben, ist wesentlich größer. Und dass ich dazu überhaupt die Chance habe, gleicht einem kleinen Wunder.

Am 27. August 2024, fast auf den Tag 30 Jahre nach der Veröffentlichung ihrer ersten und vielleicht besten Platte „Definitely Maybe“, brechen die Gallagher-Brüder ihr Schweigen. Oasis ist zurück – und geht auf Welttournee. Liam und Noel, die ewig zerstrittenen Geschwister, wollen es noch einmal wissen – ob für den Geldregen oder das Gefühl, endlich wieder zusammen Rock-Geschichte zu schreiben.

Für mich war es die beste Nachricht des Jahres. Als ich geboren wurde, hatte die Band ihre großen Zeiten hinter sich. Als ich zum ersten Mal „Live Forever“ auf CD in meinem Kinderzimmer gehört habe, waren die Brüder kurz davor, sich endgültig zu zerstreiten. Als ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Konzert besucht habe, war die Band bereits Geschichte.

Diese Typen aus dem Arbeitermilieu in Manchester haben meinen Musikgeschmack nachhaltig beeinflusst. Wie oft habe ich mir Videos von ihren Auftritten angesehen. Ikonische Interviewschnipsel, die Aussagen kaum verständlich durch den dicken Mancunian-Akzent.

Trotz aller Skandale und Ausrutscher: Oasis sind für mich Legenden. Und jetzt bekomme ich die Möglichkeit, sie live zu sehen.

Doch auf die Freude folgt die Ernüchterung: Die Welttournee macht einen gekonnten Bogen um das europäische Festland. Mir wird klar, dass der Ansturm auf die Tickets in England, Irland, Schottland und Wales gigantisch ist. Ich versuche mein Glück – und scheitere.

So viel bezahlte ich für das Oasis-Ticket und den Flug

Also nächster Anlauf im Oktober 2024 für den Presale in den USA. New York soll es werden. Ich schaffe es durch die virtuelle Ticketschlange und ergattere vier Tickets.

Irgendwo auf den oberen Rängen, gefühlt auf der Höhe des Empire State Buildings. Kostenpunkt: 116,25 US-Dollar pro Ticket. Ich habe mit mehr gerechnet – und hätte auch mehr gezahlt.

Es steht also fest, dass der Jahresurlaub 2025 in New York City stattfinden wird. Nur Oasis sehen und wieder zurückfliegen kommt für mich nicht infrage. Ich kenne die Stadt bereits, doch New York ist einer dieser Orte, an denen man Dutzende Male gewesen sein kann und es nie langweilig wird. Also buche ich um das Konzert am 31. August 2025 herum acht Nächte in einer Unterkunft – zusammen mit meinen drei Begleitern.

Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis finden wir bei einer Pauschalreise auf Expedia. Für Hin- und Rückflug mit Delta und KLM sowie Hotel im Stadtbezirk Bowery im südlichen Teil von Manhattan zahlen wir im Oktober 2024 insgesamt 1326 Euro pro Person.

Dann beginnt das Warten. Im Juli 2025 starten Oasis ihre Reunion-Tournee in Cardiff. Liam und Noel Gallagher gehen gemeinsam, Arm in Arm, auf die Bühne. Es ist die Wiederauferstehung des Britpop. Und meine Vorfreude steigt mit jedem Tag.

Ende August ist es so weit und wir machen uns auf den etwa acht Stunden langen Flug von Berlin nach New York. Im Gegensatz zu allen Befürchtungen ist die Schlange bei der Einreise nicht lang. Auch die US-Grenzbeamten sind kurz angebunden. Reisepass her. Ob man schon mal hier war? Welchen Job man habe? Danke, weiter. We made it.

Oasis ist in Town

An den Tagen vor und nach dem Konzert sieht man immer wieder Menschen mit Oasis-Shirts und Trikots, Adidas Sambas und den ein oder anderen Bucket-Hat in der Stadt. Oasis ist in Town und New York ist vorbereitet. Dabei spielen sie das Konzert gar nicht in der Metropole.

Das MetLife Stadium, in dem normalerweise etwa 82.000 Zuschauer die Spiele der American-Football-Mannschaften verfolgen, liegt auf der anderen Seite des Hudson Rivers im US-Bundesstaat New Jersey. Genauer gesagt in East Rutherford. Oder wie es Liam Gallagher später auf der Bühne beschreibt: „New York, New Jersey or wherever the fuck we are.“

Liam Gallagher weiß auf jeden Fall, wo er hingehört: mit Parka und Schellenring auf eine möglichst große Bühne vor Tausenden Menschen. Um 20:45 Uhr geht die Show los. Zwei Stunden Katharsis.

Liam und Noel spielen ein Best-of ihrer Songs – hauptsächlich aus den ersten beiden Alben. Natürlich liegen sich alle bei „Don’t Look Back in Anger“ in den Armen. Aber auch B-Seiten wie „Fade Away“ begeistern die textsicheren Massen.

Und das in den USA: einem Land, das dem Britpop-Fieber der 90er nie ganz erlegen ist wie der Rest der Welt. Kurzum: Es ist das beste Konzert in meinem Leben – und das teuerste.

Ich würde wieder nach New York zu Oasis fahren

Ein Ticket? 116 US-Dollar. Ein Bier aus der Dose? 16 US-Dollar. Das Essen kostet ähnlich viel. Hinzu der gesamte restliche Urlaub in der Stadt. Eintritt für die Aussichtsplattform auf dem Rockefeller Center? Rund 50 US-Dollar. Ein halbwegs gesunder Salat von einer Imbiss-Kette? Etwa 15 US-Dollar, ohne Steuern und Trinkgeld.

Wer nach New York reist, gibt viel Geld aus. Da kommt fast niemand drumherum. Ich habe es vermieden, in Restaurants essen zu gehen, und mich eher auf Streetfood konzentriert. Abends habe ich die Happy-Hours der vielen Bars in Manhattan und Brooklyn abgepasst.

Aber klar, ein paar Souvenirs durften nicht fehlen. Und zum Sparen bin ich auch nicht in die bekannteste Stadt der Welt gefahren. Zusätzlich zum Konzert sowie Flug und Hotel habe ich für alle anderen Aktivitäten – ich habe mir auch ein Ticket für die US-Open gegönnt – sowie Essen, Getränke und Co. etwa 1500 Euro ausgegeben. Und das in neun Tagen.

Macht insgesamt ein Reisebudget von knapp 2900 Euro. Für manche sehr viel Geld, wer zu den Besserverdienern gehört, zuckt jetzt vielleicht mit den Schultern. Ich gehöre zur ersten Gruppe.

In meinen persönlichen Finanzen klafft jetzt ein riesiges Loch – das etwas größer ausfällt als ursprünglich eingeplant. Hätte ich weniger Geld ausgeben können? Definitiv. Ist es wirklich wert, für eine Rockband, die aus Millionären besteht und ihren Höhepunkt 1996 feierte, um die halbe Welt zu fliegen? Wahrscheinlich nicht für jeden.

Doch ich würde es immer wieder so machen. Denn das sind genau die Erfahrungen, an die wir uns noch unser gesamtes Leben erinnern werden. Und die Momente, in denen es auch mal egal ist, ob ein Dosenbier 16 US-Dollar kostet. Don’t Look Back in Anger!

Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und „Business Insider Deutschland“ erstellt.

Klemens Handke ist Wirtschaftsredakteur. Er schreibt über Verkehrspolitik sowie die Deutsche Bahn – und über zwei Blokes aus Manchester.

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