Zehn Gigawatt elektrische Anschlussleistung benötigen die Supercomputer, die KI-Pionier OpenAI mit einem neuen 100-Milliarden-Dollar-Investment des Chipkonzerns Nvidia bauen möchte. Allein für dieses Projekt würde OpenAI die Leistung von zehn Atomkraftwerken benötigen. „Sehr bald wird die einzige Grenze, die wirklich zählt, die Energie sein“, sagte OpenAI-Gründer Sam Altman beim WELT KI Summit im Berliner Axel-Springer-Gebäude den Strombedarf der KI-Revolution.
Altman setzt deswegen auf Kernenergie als Stromquelle für die künstliche Intelligenz: „Ich persönlich glaube, dass Kernenergie – fortgeschrittene Kernspaltung, das ganze Spektrum an Ansätzen – eine der vielversprechendsten Energiequellen ist, und dass die Welt dem stärker nachgehen sollte.“ Der OpenAI-Chef hofft mittelfristig auf die Entwicklung neuer Kraftwerkstechnologie: „Wir versuchen gerade herauszufinden, wie man Hunderte von Gigawatt aufbauen kann“, sagte er in Berlin. „Und ich glaube, die beste Antwort darauf wird die Kernfusion sein.“ In die deutsche Debatte um den Atomausstieg wollte sich Altman hingegen nicht einmischen. „Das ist die Sache der Menschen in Deutschland, und ich verstehe nicht alle lokalen Abwägungen“, sagte er im TV-Interview mit WELT.
OpenAI steht mit seinen Ausbauplänen nicht allein da. In den kommenden Jahren haben die Tech-Konzerne und Infrastrukturanbieter global Rechenzentren mit einem Gesamtbedarf von über fünfzig Gigawatt in Planung, bis 2030 soll der globale Leistungsbedarf laut einer Goldman-Sachs-Analyse auf 84 Gigawatt steigen.
„Lasst uns bauen“
Welche Kraftwerke diesen gewaltigen zusätzlichen Energiebedarf abdecken sollen, ist bislang unklar. Bereits jetzt sagen die Konzerne Projekte ab, weil die Netze an den potenziellen Standorten nicht standhalten und der Neubau von Kraftwerken innerhalb kurzer Zeit unrealistisch ist.
Den Ausbau der KI-Infrastruktur jetzt erst einmal zu bremsen, hält Altman für die falsche Entscheidung. Er fürchtet, dass die Menschheit damit Chancen vergibt: „Vielleicht kann KI mit zehn Gigawatt Rechenleistung herausfinden, wie man Krebs heilt. Oder mit zehn Gigawatt Rechenleistung herausfinden, wie man jedem Schüler auf der Erde maßgeschneiderten Unterricht ermöglicht“, schrieb er am Dienstag in seinem Blog: „Wenn wir durch Rechenleistung begrenzt sind, müssen wir entscheiden, was wir priorisieren – und niemand will diese Entscheidung treffen. Also: Lasst uns bauen.“
OpenAI arbeitet aktuell bereits daran, den Ausbau seiner Rechenzentren samt der notwendigen Energie-Infrastruktur künftig zu automatisieren, um das notwendige Ausbautempo zu erreichen: „Wir wollen eine Fabrik schaffen, die jede Woche ein Gigawatt neue KI-Infrastruktur produzieren kann“, beschreibt Altman die Pläne seiner Firma: „Die Umsetzung wird extrem schwierig sein; wir werden Jahre brauchen, um diesen Meilenstein zu erreichen, und es erfordert Innovationen auf allen Ebenen – von Chips über Energie und Gebäude bis hin zur Robotik.“
Altman hatte kürzlich offengelegt, wie viel Energie auch die Anwendung der KI benötigt: „Die durchschnittliche Abfrage bei ChatGPT verbraucht etwa 0,34 Wattstunden – etwa so viel, wie ein Ofen in etwas mehr als einer Sekunde oder eine Hochleistungsglühbirne in ein paar Minuten verbrauchen würde.“
Künftig sollen laut Expertenschätzungen über 90 Prozent der KI-Rechenleistung nicht mehr für das Training, sondern für die Anwendung der KI benötigt werden. Bei aktuellen Bauprojekten in den USA setzen die Konzerne unter anderem auf Gasturbinen oder nehmen bereits stillgelegte Atomkraftwerke wieder in Betrieb.
In Europa dagegen dient bei Neubauprojekten vor allem erneuerbare Energie als Stromquelle – insbesondere in Nordeuropa werden neue Wind- und Wasserkraftwerke für die Rechenzentren in Betrieb genommen. Der Haken dabei ist der Grundlastbedarf der Rechenzentren: Wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, können die Konzerne ihre Supercomputer nicht einfach abschalten.
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und „Business Insider Deutschland“ erstellt.
Benedikt Fuest ist Wirtschaftskorrespondent für Innovation, Netzwelt, IT und Rüstungstechnologie.
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