Deutschen Unternehmen sind europäische Finanzplätze häufig zu klein. Die Folge: Sie lassen sich an der Wall Street listen. Kanzler Merz ist das ein Dorn im Auge. Er will eine große europäische Börse schaffen, um Geld und Wertschöpfung auf dem Kontinent zu halten.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat eine gemeinsame europäische Börse gefordert. "Wir brauchen eine Art European Stock Exchange, damit erfolgreiche Unternehmen wie zum Beispiel Biontech aus Deutschland nicht an die New Yorker Börse gehen müssen", sagte der CDU-Chef in der Regierungserklärung zum EU-Gipfel im Bundestag.

Merz griff damit eine Debatte auf, die seit Jahren in der EU läuft, ohne dass es aber zu Lösungen kam. "Unsere Unternehmen brauchen einen ausreichend breiten und tiefen Kapitalmarkt, damit sie sich besser und vor allem schneller finanzieren können", sagte Merz. Dazu müsse man auch die EU-Kapitalmarktunion vollenden. Nur so bleibe Wertschöpfung aus deutscher und europäischer Forschung in Europa.

Hintergrund ist, dass sich Firmen mit Wurzeln in Deutschland wie Linde, Birkenstock oder Biontech an der Wall Street statt an der Frankfurter Börse listen lassen. Die einzelnen europäischen Börsen gelten häufig als zu klein im Vergleich zum US-Finanzmarkt. Das Entstehen einer gemeinsamen Börse in der EU scheiterte auch an der nationalen Konkurrenz, etwa zwischen den Finanzmarktplätzen Frankfurt und Paris. In Frankfurt sitzt die Europäische Zentralbank (EZB), in Paris die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA).

Merz: Finanzmarktregulierung hemmt Wachstum

Merz hatte bereits im Juni kritisiert, dass der Kapitalmarkt in der EU zu zersplittert sei, obwohl man mehr Einwohner als die USA und Kanada zusammen habe. Er wolle erreichen, dass deutsche Firmen künftig nicht in New York an die Börse gehen müssten, sagte das frühere Aufsichtsratsmitglied bei der Deutschen Börse.

Der Kanzler hatte vergangene Woche zudem auch eine Deregulierung des Bankensektors in der EU gefordert, ohne Details zu nennen. "Die Banken sind zu stark reguliert", sagte er. Deshalb könnten auch sie Unternehmen oft nicht die von diesen benötigte Finanzierung anbieten. Dies hemme das Wachstum.

"Deutschland setzt sich auf europäischer Ebene für eine Vereinfachung der Finanzmarktregulierung ein", sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums. Ziel sei es, die Wettbewerbsfähigkeit Europas und des Finanzstandorts Deutschland zu verbessern, ohne die Stabilität des Finanzsystems zu gefährden.

Derzeit liefen in Europa verschiedene Arbeitsstränge für Vereinfachung ("Simplification") von Bankenregulierung und Aufsicht. Involviert seien die Europäische Kommission, die EZB und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority, EBA). Ergebnisse liegen noch nicht vor. Die EU-Kommission hat für das nächste Jahr einen Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit des Bankensektors angekündigt. "Wir sind mit allen maßgeblichen Akteuren und Stakeholdern im Austausch und werden uns in diesen Prozess einbringen", so die Brüsseler Behörde.

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