In den Chefetagen der deutschen Top-Unternehmen werden Männer im Schnitt wieder besser bezahlt als Frauen. Nach einer EY-Erhebung kehrt sich damit nach einem Jahrzehnt der Trend um. Nach Einschätzung der Experten ist der Grund auch Ausdruck einer Normalisierung.

Die Vergütung der Vorstände in deutschen Spitzenunternehmen ist einer Untersuchung zufolge im vergangenen Jahr gesunken. Davon betroffen waren allerdings fast nur die weiblichen Vorstandsmitglieder. Die durchschnittliche Vergütung weiblicher Vorstände in Dax-, MDax- und SDax-Unternehmen ohne Berücksichtigung der Vorstandsvorsitzenden sank im Vorjahresvergleich um elf Prozent auf 2,15 Millionen Euro, wie das Beratungsunternehmen EY mitteilte. Das durchschnittliche Vorstandsgehalt der Männer legte derweil um 0,4 Prozent auf 2,27 Millionen zu. Damit habe sich ein langjähriger Trend umgekehrt.

Laut EY ist es in der Folge das erste Mal seit zehn Jahren so, dass die Frauen in den Vorständen deutscher Top-Konzerne weniger verdienen als die Männer. Insgesamt sanken die Vergütungen der Vorstände von Unternehmen in Dax, MDax und SDax den Angaben nach um drei Prozent auf im Schnitt 2,65 Millionen Euro. Dieser Rückgang sei "vor allem der insgesamt eher schwachen Umsatz- und Gewinnentwicklung der Unternehmen geschuldet", erklärte Jens Massmann von EY. Viele Unternehmen hätten die eigenen Ziele verfehlt und massiv Kosten gespart. "In solch einem Umfeld sind hohe Gehaltssteigerungen schwierig zu rechtfertigen."

Den Grund für den deutlichen Rückgang des Durchschnittsgehalts weiblicher Vorstandsmitglieder sieht der Experte vor allem in den "teils erheblich niedrigeren Gehältern neu bestellter weiblicher Vorstände". Noch vor einigen Jahren gab es nur sehr wenige Frauen in Vorständen von Börsenkonzernen, was sich positiv auf ihr Gehalt auswirkte - sodass Managerinnen hier die Männer überholten. Doch das habe sich geändert, erklärte Massmann weiter. "Die Zeiten, als weibliche Vorstände eine seltene Spezies waren und teils sehr hohe Gehälter fordern konnten, sind vorbei."

Besonders deutlich ist der Untersuchung zufolge die Gehaltslücke zwischen Frauen und Männern bei den Vorstandsmitgliedern (inklusive Vorsitzenden) bei den Dax-Unternehmen: Die Durchschnittsgehälter der Frauen in den Vorständen sanken 2024 von zuvor 3,05 Millionen Euro auf 2,92 Millionen Euro. Die Vergütungen der Männer nahmen leicht von 3,34 Millionen Euro auf 3,38 Millionen Euro zu. "Damit ist eine Gehaltslücke von fast einer halben Million Euro zwischen weiblichen und männlichen Vorständen entstanden", erklärte EY.

Einen Großteil der Vorstandsgehälter macht demnach mit 70 Prozent die variable, an Erfolgsfaktoren gekoppelte Vergütung aus. An der Spitze der Top-Verdiener steht dem Beratungsunternehmen zufolge Volkswagen-Konzernchef Oliver Blume mit einer Gesamtvergütung von rund 11,56 Millionen Euro, gefolgt von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing mit 9,75 Millionen Euro und SAP-Chef Christian Klein mit 8,92 Millionen Euro.

Bei den Frauen bekommt Merck-Chefin Belén Garijo mit rund 7,63 Millionen Euro die höchste Entlohnung, wie EY mitteilte. Deutsche-Bank-Managerin Rebecca Short belegt demnach den zweiten Platz mit 6,50 Millionen Euro. Helen Giza, Chefin von Fresenius Medical Care, erhält 5,75 Millionen Euro. Auch VW-Vorständin Hauke Stars und Merck-Finanzchefin Helene von Roeder zählten zu den Topverdienerinnen.

Für die Erhebung hat EY nach eigenen Angaben die Vergütung von 368 Vorstandsmitgliedern der größten Börsenunternehmen analysiert, die das komplette Geschäftsjahr im Vorstand waren. Darunter war die Rekordzahl von 88 Frauen, ein Anteil von fast einem Viertel (23,9 Prozent). Zehn Jahre zuvor waren es erst 6,4 Prozent. Betrachtet wurde die Gesamtvergütung aus Fixgehalt sowie kurz - und langfristigen Boni.

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