Die deutsche Automobilindustrie ist alarmiert über einen möglichen Produktionsstopp des Hamburger Werkes von Nexperia. Das Unternehmen – das einst zur Halbleitersparte von Philips gehörte – ist heutzutage Teil des chinesischen Konzerns Wingtech. Der wiederum gehört zum Teil chinesischen Städten.
Die niederländische Regierung hatte am 30. September den chinesischen Chef von Nexperia abgesetzt und die Kontrolle über das Unternehmen übernommen. Die Zentrale von Nexperia sitzt in den Niederlanden. China stoppte daraufhin den Export der Endprodukte von Nexperia. Das Unternehmen stellt jährlich Milliarden von Grundbausteinen wie Dioden und Sensoren für komplexere Chips her. In den USA steht Nexperia auf einer schwarzen Liste von Unternehmen, mit denen US-Firmen keine Geschäfte machen dürfen. Die niederländische Regierung kündigte inzwischen an, mit der chinesischen Regierung über Nexperia zu sprechen.
„Am 10. Oktober erhielten Automobilhersteller und Zulieferer eine Mitteilung von Nexperia, in der eine Abfolge von Ereignissen beschrieben wurde, die dazu führt, dass das Unternehmen die Belieferung der Automobilzulieferkette mit seinen Chips nicht mehr in Gänze gewährleisten kann“, sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), am Dienstag. „Nexperia ist ein wichtiger weltweiter Großlieferant von Halbleitern, die beispielsweise häufig in elektronischen Steuergeräten von Fahrzeugelektroniksystemen zum Einsatz kommen, die aber auch für andere Branchen relevant sind.“
Die Situation, so Müller weiter, könne schon in naher Zukunft „zu erheblichen Produktionseinschränkungen, gegebenenfalls sogar zu Produktionsstopps führen, falls die Lieferunterbrechung von Nexperia-Chips nicht kurzfristig behoben werden kann. Der VDA ist seither mit den betroffenen Unternehmen, der Industrie, der Bundesregierung sowie der EU-Kommission in Kontakt. Aktuell sollte der Fokus sein, schnelle und pragmatische Lösungen zu finden.“
Bereits 2023 war die Lage in Großbritannien eskaliert: In Wales musste Nexperia auf Druck der britischen Regierung Ende 2023 die Newport Wafer Fab weiterverkaufen, Großbritanniens größte Halbleiterfabrik, die das Unternehmen erst 2021 übernommen hatte. Als Grund dafür nannte die Regierung den chinesischen Eigner Wingtech und reklamierte ein„Risiko für die nationale Sicherheit“.
Olaf Preuß ist Wirtschaftsreporter von WELT und WELT AM SONNTAG für Hamburg und Norddeutschland.
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