Europas führender Softwarekonzern SAP hat angesichts zögerlicher Kunden seine Prognose für das Cloud-Geschäft angepasst. Die Walldorfer rechnen nun damit, dass der währungsbereinigte Cloud-Umsatz im Gesamtjahr am unteren Rand der bisherigen Zielspanne von 26 bis 28 Prozent liegen wird. Diese Anpassung gab SAP nach US-Börsenschluss bekannt – und löste damit unmittelbare Marktbewegungen aus: Die in New York gehandelten SAP-Aktien gaben im nachbörslichen Handel zunächst deutlich nach.

Finanzchef Dominik Asam sprach laut Mitteilung von einem unsicheren gesamtwirtschaftlichen Umfeld. Bereits vor dem dritten Quartal hatten sowohl US-Behörden als auch Industriefirmen weniger Interesse an neuen Vertragsabschlüssen gezeigt. Trotz des verhaltenen Ausblicks kann SAP auch im dritten Quartal ein solides Wachstum verbuchen: Der Cloud-Umsatz stieg um 22 Prozent (währungsbereinigt um 27 Prozent) auf 5,29 Milliarden Euro.

Der Wert verfehlte damit knapp die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten. SAP-CEO Christian Klein sprach trotzdem von einem „großartigen dritten Quartal“ und zeigte sich optimistisch mit Blick auf das Jahresende.

Für das operative Ergebnis strebt SAP nun das obere Ende der bisher angepeilten Bandbreite von währungsbereinigt 26 bis 30 Prozent Plus an. Auch beim Barmittelzufluss werden die Walldorfer optimistischer. Der Free Cash Flow erhöhte sich im dritten Quartal um fünf Prozent auf 1,27 Milliarden Euro und lag damit fast doppelt so hoch wie von Fachleuten erwartet. „Wie der angehobene Ausblick für das Betriebsergebnis und den Free Cashflow zeigt, sind wir zuversichtlich, dass wir im vierten Quartal unsere Versprechen einhalten können“, hieß es von Asam.

Den Gesamtumsatz konnte der Softwareriese im dritten Quartal um sieben Prozent auf 9,08 Milliarden Euro steigern. Beim um Sonderposten bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) verzeichnete SAP ein Plus von 14 Prozent auf 2,57 Milliarden Euro – etwas mehr als von Experten erwartet. Der Nettogewinn lag damit unter dem Strich um 42 Prozent höher bei 2,05 Milliarden Euro.

Cloud-Migration als Treiber der Transformation

SAP verändert sein Geschäftsmodell mit der Cloud-Migration grundlegend und wird vom Lizenzanbieter zum Abo- und Service-Dienstleister. Damit möglichst viele Kunden schnell in die Cloud wechseln, nutzt der Softwareriese das sogenannte „RISE with SAP“. Die Initiative bietet Unternehmen ganzheitliche Pakete für ihre Cloud-Migration an, kombiniert dabei technische Infrastruktur, Beratungsdienstleistungen, Migrationsdienste und neue Geschäftsmodelle.

Da die Migration für viele Unternehmen komplex ist und sie nicht nur vor organisatorische und technische, sondern auch vor kulturelle Herausforderungen stellt, arbeitet SAP mit Firmen wie Deloitte, IBM und Accenture zusammen. Ein zentraler Treiber der Cloud-Offensive ist dabei der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Mit seinem KI-System Joule will der Konzern den Übergang von On-Premise- zu Cloud-Modellen beschleunigen, also die Kunden von Lizenzen in Abo-Modelle bringen.

Globale Unsicherheiten und rechtliche Fragen

Die geopolitischen Risiken bleiben aber weiterhin ein Belastungsfaktor für SAP. Schon bei der Verkündung der Zahlen aus dem zweiten Quartal war unter anderem die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump ein großes Thema. Ein weiteres Thema ist die Unsicherheit im Markt bezüglich KI, die das Geschäftsmodell von SAP langfristig ernsthaft gefährden könnte.

Die EU-Kommission hatte im September zudem Ermittlungen gegen SAP wegen möglicher wettbewerbsrechtlicher Verstöße aufgenommen. Der Konzern steht dabei in Verdacht, den Wettbewerb bei Wartungs- und Supportdienstleistungen verzerrt zu haben. Die Kommission geht konkret der Frage nach, ob konkurrierende Unternehmen, die auch Wartungen für die Software zur Unternehmenssteuerung von SAP anbieten, wettbewerbswidrig benachteiligt werden.

SAP selbst hatte die Prüfung der Kommission bestätigt und sich verteidigt. „SAP ist der Ansicht, dass die eigenen Richtlinien und Maßnahmen vollständig mit den Wettbewerbsregeln im Einklang stehen“, hatte der Konzern mitgeteilt. Man nehme die „Bedenken der Kommission jedoch ernst und arbeite eng mit ihr zusammen, um eine Lösung zu finden“. Finanzielle Auswirkungen würden aber nicht erwartet.

Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und Business Insider erstellt.

Max Skowronek berichtet für WELT und Business Insider Deutschland über Informationstechnologie und Telekommunikation.

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