Mittelständler und Verbände, die Tausende Unternehmen vertreten, sprechen sich vor dem Obersten Gerichtshof der USA gegen die Zollpolitik von Donald Trump aus. Mächtige Großkonzerne, die ebenfalls von den Zöllen betroffen sind, suchen dagegen ihren Vorteil in der Unterwerfung unter den Präsidenten.
Laut Präsident Donald Trump ist es "eines der wichtigsten Gerichtsverfahren in der Geschichte unseres Landes", das diese Woche vor dem Obersten Gerichtshof der USA beginnt. Sollten die Richter nicht in seinem Sinne entscheiden, drohe nicht weniger als der "Ruin unserer Nation". Amerika könnte "am Rand einer wirtschaftlichen Katastrophe" stehen. Die Wirtschaft sieht das allerdings anders. Tausende amerikanische Unternehmen und ihre Vertreter haben in diesem Verfahren, das einen Großteil der von Trump verhängten Zölle für illegal erklären könnte, gegen den Präsidenten Stellung bezogen - nicht ein einziges für ihn.
Der Oberste Gerichtshof beginnt in dieser Woche mit den Anhörungen zu Klagen gegen Trump Verwendung eines alten Notstandsgesetzes, um Handelspartner in der ganzen Welt mit angeblich reziproken Zöllen zu überziehen. Zwei Vorinstanzen haben bereits entschieden, dass der Präsident damit seine verfassungsgemäßen Kompetenzen überschritten habe. Nicht betroffen von den Klagen sind branchenspezifische Zölle, die Trump etwa auf Stahlimporte erließ und die auf einer anderen gesetzlichen Grundlage beruhen.
Vorangetrieben haben das Verfahren vier kleine beziehungsweise mittelständische Unternehmen mit ihren Klagen: Ein Weinhändler, ein Spielzeughersteller, ein Unternehmen für Frauen-Outdoor-Mode und ein Hersteller von Rohren und anderen Kunststoffteilen. Unterstützt werden sie von Dutzenden kleineren und größeren Verbänden, darunter die Handelskammer US Chamber of Commerce, die Branchenvereinigung der Unterhaltungselektronik und die Interessengruppe "We pay the tariffs" ("Wir bezahlen die Zölle"), der sich mehrere Hundert hauptsächlich kleine Unternehmen angeschlossen haben.
Diese Gruppen haben Stellungnahmen als sogenannte Freunde des Gerichts an den Obestern Gerichtshof geschickt. Darin legen sie die aus ihrer Sicht negativen Folgen der Zölle dar. Weitere solche Stellungnahmen wurden auch von Rechtsexperten, Politikern und Vertretern der Bundesstaaten eingereicht. Dass sich die Eingaben aus der Wirtschaft ausschließlich gegen Trumps Vorgehen richten, verwundert nicht. Nach Aussagen einer großen Mehrheit von Ökonomen und Unternehmensvertretern belasten die Zölle amerikanische Unternehmen, kosten mehr Jobs als sie in den USA neu schaffen und führen zu höheren Preisen und weniger Auswahl für die Konsumenten.
Auffällig ist jedoch, welche Unternehmen sich dem Verfahren nicht angeschlossen haben. Obwohl sie in der Vergangenheit bereits in anderen Fällen als Freunde des Gerichts aufgetreten sind, ist diesmal kein einziger der großen Konzerne dabei, die besonders von Trumps erratischer Handelspolitik betroffen sind.
Das am Umsatz gemessen größte Unternehmen der Welt, der Einzelhändler Walmart, hatte im Frühjahr noch gewarnt, die Zölle könnten zu Preiserhöhungen vieler alltäglicher Güter führen. Trump kritisierte dies öffentlich und warnte auf Truth Social, er werde Walmart beobachten. Seitdem schweigt der Einzelhandelsriese zu den Zöllen wie alle anderen großen US-Konzerne.
Das Geschäftsmodell von Apple mit der Fertigung hauptsächlich in China und künftig auch vermehrt in Indien wurde durch die Zölle massiv erschüttert. Trump griff Apple-Boss Tim Cook auch mehrfach persönlich wegen der Produktion im Ausland an. Doch Cook wandte sich nicht etwa öffentlich gegen die Zölle, sondern tat sein bestes, um den Präsidenten zu besänftigen. Mehrfach trat er in den vergangenen Monaten öffentlich mit Trump auf, lobte diesen etwa als großen Unterstützer amerikanischer Innovation und Industrie. Apple findet sich auch auf der Liste der Unternehmen, die Geld für Trumps umstrittenen Abriss und Neubau des Ostflügels des Weißen Hauses spendeten.
Zumindest kurzfristig zahlt sich für Konzerne wie Apple diese Strategie der Unterwerfung offenbar aus: Als Trump im Sommer im Streit mit Indien plötzlich hohe Zölle erhob, nahm er unter anderem Smartphones aus. Für kleine Spielzeughersteller oder Importeure französischer und anderer Weine sind Auftritte mit dem Präsidenten oder Millionenspenden für dessen Projekte allerdings keine Option. Er sei "schockiert" gewesen, dass viel mächtigere und reichere Unternehmen sich nicht zur Wehr gesetzt hätten, zitiert CNN den Chef und Gründer des Weinhandels V.O.S. Selections, Victor Owen Schwartz. Deshalb habe er selbst geklagt, "um für Amerikas kleine Unternehmen einzutreten".
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