Weihnachten findet auch 2025 statt, da ist sich Stefan Genth sicher. „Es wird ein Weihnachtsgeschäft geben und es wird auch Weihnachtsgeschenke geben, die gekauft werden“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE). Von Festtagsstimmung ist seine Branche dennoch weit entfernt. Die Mehrheit der Händler blickt pessimistisch auf die Monate November und Dezember, die je nach Segment bis zu 25 Prozent des Jahresumsatzes ausmachen und damit die mit Abstand wichtigste Zeit des Jahres für die Handelsunternehmen sind.
Unter den Verkäufern von Spielwaren zum Beispiel glauben 57 Prozent an ein schlechteres oder sogar deutlich schlechteres Weihnachtsgeschäft. Im Bereich Uhren/Schmuck sind es 56 Prozent, bei Bekleidung und Textilien 55 Prozent und bei Nahrungs- und Genussmitteln sogar 63 Prozent, wie eine aktuelle HDE-Trendumfrage zeigt.
Anhaltspunkte sind dabei die schwachen Umsatzzahlen der vergangenen Monate, aber auch verschiedene Umfragen, nach denen die Verbraucher in diesem Jahr merklich weniger Geld für Geschenke ausgeben wollen. „Die Kauflaune ist aktuell sehr gedämpft“, bestätigt Dirk Seng, Partner bei der Beratungsgesellschaft EY, die Ende Oktober gut 1000 volljährige Konsumenten befragt hat. Gründe seien die hohe Inflation der vergangenen Jahre, die schwache Wirtschaftslage und die derzeit wieder aufkommenden Sorgen um Arbeitsplätze.
Der HDE hat zudem noch einen weiteren Punkt ausgemacht, der den Zulauf in den Innenstädten ausbremst. „Wir haben den Eindruck, dass sich insbesondere Themen wie Erreichbarkeit, Sauberkeit und Sicherheit in den Städten bemerkbar machen“, sagt HDE-Präsident Alexander von Preen.
Seit Jahren schon weise sein Verband intensiv auf diese Probleme hin. „Denn wenn wesentliche Faktoren wie Aufenthalts- und Einkaufsqualität nicht sichergestellt werden können, hat das auch negative Auswirkungen auf das Kaufverhalten und in der Folge auf die geschäftliche und wirtschaftliche Entwicklung des Einzelhandels.“ Und der sei immerhin der drittgrößte Wirtschaftsbereich in Deutschland.
Betroffen sind derzeit vor allem die Hauptgeschäftslagen in den Innenstädten, zeigt die Trendumfrage des HDE. Dort steigt die Unzufriedenheit der Ladenbesitzer mit den Besucher- und den Umsatzzahlen ganz besonders.
„Unsere Händler schätzen in der Innenstadt-Situation die Lage schwieriger ein als im ländlichen Raum“, sagt Branchenvertreter Genth, der sich über die aktuelle Stadtbild-Debatte nicht wundert. Gemeint ist damit die Diskussionen um die subjektive Wahrnehmung von Sicherheit und Ordnung in urbanen Räumen, die Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) unlängst entfacht hat. „Wir wünschen uns natürlich eine sachliche Debatte. Wir haben das über die letzten Jahre bereits sehr intensiv und mehrfach angeregt.“ Und auch jetzt fordert Genth wieder: „Die Politik muss sich um das Innenstadt-Thema kümmern.“
Der HDE-Geschäftsführer sieht dabei verschiedene Facetten. Stichworte sind Genth zufolge Wohnen in Innenstadt-Lagen, Aufenthaltsqualität, die Vermeidung von Leerständen, aber auch Stadtmarketing. „Und das Thema Sicherheit spielt natürlich auch eine Rolle.“ Diesem subjektiven Sicherheitsempfinden, was natürlich da ist, müsse entgegengewirkt werden. „Die sicherste Innenstadt ist sicherlich eine Innenstadt ohne Leerstände und ohne Verödung“, sagt Genth. „Wir brauchen wieder mehr Handel, wir brauchen mehr Umsatz, wir brauchen mehr Vertrauen, mehr Sicherheit in die Zukunft, damit die Händler wieder gutes Geschäft machen können.“
Denn die notwendigen Investitionen können sich aktuell die wenigsten Kommunen leisten. Und auch bei den Unternehmen sieht es nicht besser aus, angesichts der anhaltenden Konjunkturflaute. Der HDE regt deswegen an, Sonderabschreibungen für Investitionen in Innenstädte zu ermöglichen, um neue Impulse setzen zu können.
Helfen würde zudem die schlichte Umsetzung von Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag von CDU und SPD, mahnt Genth und nennt als ein Beispiel die eigentlich versprochene Absenkung der Stromsteuer. „Bei uns in der Branche sind es 700 Millionen Euro, die diese Absenkung der Stromsteuer bedeutet hätten für Investitionen, möglicherweise aber auch für bessere Preise für die Verbraucher. Das fehlt uns.“ Und am Ende auch im Portemonnaie der Verbraucher. „Das wäre eine Entlastung für den normalen Arbeitnehmerhaushalt, mit der Sicherheit, dass solche Gelder auch in den Konsum fließen.“
Und so zeigt sich der Einzelhandel mit seinen 3,1 Millionen Beschäftigten an über 300.000 Standorten zurückhaltend, was die Erwartungen angeht. Bei plus/minus null liege die Prognose für das just angelaufene Weihnachtsgeschäft. „Es ist nicht zu erwarten, dass sich die Verbraucher unbesorgt ins Getümmel stürzen“, bestätigt Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IfH). Für das Gesamtjahr rechnet der HDE immerhin noch mit einem leichten Plus von real, also preisbereinigt, 0,5 Prozent auf gut 678 Milliarden Euro.
Bei den Weihnachtsausgaben ist die Bandbreite indes groß. Gut ein Viertel der Verbraucher plant mit einem Budget von weniger als 100 Euro, zeigt das aktuelle HDE-Konsumbarometer, für das gut 2000 Bundesbürger befragt wurden. Am anderen Ende der Skala geben immerhin 16 Prozent mehr als 300 Euro aus. Unter dem Strich steht laut Handelsverband ein Durchschnitt von 263 bei den Geschenkeausgaben – 34 Euro weniger als im Vorjahr.
Besonders beliebte Geschenke sind wie schon in den Vorjahren Gutscheine, auf die laut HDE-Schätzung mittlerweile schon acht Prozent des gesamten Weihnachtsumsatzes entfallen, aber auch Spielwaren, Bücher, Kosmetik- und Körperpflegeprodukte sowie Bekleidung und Schuhe. 71 Prozent der Verbraucher kaufen Geschenke im November und Dezember – wobei die Last Minute-Käufer am 23. und 24. Dezember nur einen einzigen Prozentpunkt ausmachen.
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und Business Insider erstellt.
Carsten Dierig ist Wirtschaftsredakteur in Düsseldorf. Er berichtet über Handel und Konsumgüter, Maschinenbau und die Stahlindustrie sowie Mittelstandsunternehmen.
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