Der Internetkonzern Google veröffentlicht am Dienstag die neueste Version seiner Künstlichen Intelligenz (KI) Gemini. Die KI soll ab heute in der Version 3.0 in allen Google-Diensten gleichzeitig arbeiten, am präsentesten ist das große Sprachmodell für alle Google-Nutzer in der Internet-Suche des Konzerns.

Die Gemini-KI liefert aktuell bei rund 13 Milliarden Suchanfragen pro Tag die sogenannte „Übersicht per KI“. Das Modell hat laut Google zwei Milliarden Nutzer pro Monat und ist damit nach Zahl der Anfragen aktuell das weltweit meistgenutzte System.

Ungewöhnlich: Anders als bei den Vorgängermodellen verzögert Google den Start der neuesten Version in der Suche nicht, sondern setzt sofort bei allen Diensten auf das neueste Modell. „Dies ist das erste Mal, dass wir Gemini in der Suche am ersten Tag ausliefern“, schreibt CEO Sundar Pichai anlässlich des Starts, und betont die multimodalen Fähigkeiten des neuen Modells: „Es ist darauf ausgelegt, Tiefe und Nuancen zu erfassen – sei es das Erkennen subtiler Hinweise in einer kreativen Idee oder das Entschlüsseln der komplexen Zusammenhänge eines schwierigen Problems.“ Gemini 3 soll Kontext hinter Suchanfragen besser verstehen, sodass Nutzer mit weniger Nachfragen das gewünschte Ergebnis erhalten, so Pichai.

Gemini 3 soll OpenAI, Meta und X.ai abhängen

Gemini 3 soll auch bei logischen Fragen deutlich leistungsfähiger als seine Vorgänger sein, Google zitiert Benchmark-Ergebnisse, wonach es auch die Konkurrenz von OpenAI, Meta und X.ai übertrifft. Es kann mit Text, Bildern, Videos, Audio und Programmcode arbeiten und soll Nutzer beim Lernen, Planen und Programmieren unterstützen.

Laut Demis Hassabis, dem Chef von Google DeepMind, markiert das Modell „einen weiteren großen Schritt auf dem Weg zur allgemeinen KI“. Für Endnutzer zeigt sich das vor allem in neuen, interaktiven Such- und Lernfunktionen, die Informationen nicht nur liefern, sondern visuell aufbereiten und erklären. Zugleich betont Google den Sicherheitsaspekt: Gemini 3 sei das bislang am gründlichsten geprüfte KI-System des Konzerns.

Dass Google die KI gleich auf allen Plattformen gleichzeitig ausspielt, zeigt entweder, dass Gemini 3.0 außerordentlich effizient mit Rechenleistung in Googles Supercomputer-Centern umgehen kann – oder dass der Konzern aktuell freie Kapazitäten hat, die nicht von Cloud-Kunden nachgefragt werden. Erst im Juni hatte Googles Cloud-Tochter einen Deal mit OpenAI über das Bereitstellen von Rechenleistung abgeschlossen.

Googles KI-Modelle sind jedoch anders als die GPT-Modelle der Konkurrenz darauf optimiert, möglichst effizient auf Googles hauseigenen Tensor-Chips zu laufen – die sogenannte Inferenzrechnung, also das Ausführen der eigenen Gemini-KI, kann Google deswegen mutmaßlich günstiger abwickeln als die Konkurrenz, die auf relativ teuren Nvidia-Chips rechnen muss.

Ob große Sprachmodelle angesichts ihres großen Leistungs- und Energiehungers aktuell überhaupt kostendeckend ausgeführt werden können, ist eine noch offene Frage im aktuellen KI-Geschäft.

In einem aktuellen Gespräch mit der BBC warnte Google-Chef Sundar Pichai vor einer möglichen Überhitzung des KI-Marktes. Zwar sprach er von einem „außergewöhnlichen Moment“ für Investitionen in KI, doch zugleich sehe er „eine gewisse Irrationalität“ in der aktuellen Euphorie.

Auf die Frage, ob Google im Falle eines Platzens der KI-Blase verschont bliebe, antwortete Pichai offen: „Ich denke, kein Unternehmen wird immun sein – auch wir nicht.“ Die Einschätzung des Google-Chefs kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Bewertungen von Technologiekonzernen neue Rekorde erreichen und Zweifel an der Nachhaltigkeit des Booms wachsen.

Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und „Business Insider Deutschland“ erstellt.

Benedikt Fuest ist Wirtschaftsredakteur und schreibt über Technologie-Unternehmen.

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