Der Ukraine- und Gaza-Krieg hat den 100 weltgrößten Rüstungsunternehmen 2024 einen Umsatzschub um 5,9 Prozent auf den neuen Rekordwert von 679 Milliarden Dollar beschert. Das Wachstum hat sich damit beschleunigt, nach zuvor 4,2 Prozent für 2023. Das zeigt eine Untersuchung des schwedischen Friedensforschungsinstituts Sipri. Insgesamt gibt es große regionale Unterschiede, ermittelten die Analysten.
Erstmals seit 2018 steigerten im vergangenen Jahr alle fünf größten Rüstungsfirmen ihre Umsätze. Vor allem die 26 europäischen Konzerne legten um 13 Prozent zu und übertrafen dabei die 39 US-Wettbewerber, die um 3,8 Prozent wuchsen.
Herausragend entwickelten sich die vier deutschen Rüstungskonzerne unter den Top 100, deren Umsätze im Durchschnitt um 36 Prozent auf 14,9 Milliarden Euro stiegen. Umsatztreiber waren bodengestützte Flugabwehrsysteme, Munition und gepanzerte Fahrzeuge.
Zu dem Quartett gehören der Nürnberger Diehl-Konzern mit 53 Prozent höheren Rüstungsumsätzen, der damit von Rang 80 auf 67 kletterte, sowie Rheinmetall mit plus 47 Prozent und ThyssenKrupp (Rang 61) und Hensoldt (Rang 62).
Bei der Platzierung stieg Rheinmetall von Rang 26 auf 20. Im Jahr 2021, also vor dem Ukraine-Krieg, rangierte Rheinmetall noch auf Platz 31.
Unverändert liegen die US-Konzerne Lockheed Martin, RTX, ein Zusammenschluss aus Raytheon und United Technologies, sowie Northrop Grumman an der Spitze der Top 100. Boeing rutschte von bisher Platz vier auf sechs, bei einem Umsatzminus von 4,6 Prozent.
Auch zwei russische Rüstungskonzerne legen zu
Deutlich legten auch die zwei russischen Rüstungskonzerne zu, die in den Top 100 der Sipri-Liste erfasst sind. Ihr Umsatz stieg 2024 vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges um 23 Prozent auf 31,2 Milliarden Dollar.
Überraschend sank der Umsatz der acht chinesischen Rüstungskonzerne, deren Werte in der Top-100-Skala gelistet sind. Mit minus zehn Prozent auf 88,3 Milliarden Dollar verzeichnete China den größten prozentualen Rückgang aller Staaten in der Aufstellung.
Als Grund für den Umsatzrückgang nennen die Sipri-Analysten Korruptionsvorwürfe im Beschaffungsprozess, die zu Verzögerungen und der Überprüfungen bestehender Verträge führten. AVIC (Rang 8) blieb Chinas größter Waffenproduzent, obwohl seine Waffeneinnahmen aufgrund eines Rückgangs bei den Lieferungen von Militärflugzeugen um 1,3 Prozent auf 20,3 Milliarden US-Dollar zurückgingen.
NORINCO (Rang 11), Chinas größter Produzent von Landsystemen, verzeichnete den stärksten Rückgang unter allen Unternehmen in den Top 100. Seine Waffenumsätze gingen um 31 Prozent auf 14,0 Milliarden US-Dollar zurück, da die Regierung nach der Entlassung des Vorstandsvorsitzenden und des Leiters der Militärsparte aufgrund von Korruptionsvorwürfen wichtige Verträge überprüfte oder verzögerte.
CASC (Platz 17), Chinas wichtigster Hersteller von Luft- und Raumfahrt- sowie Raketentechnik, verzeichnete einen Rückgang seiner Waffenumsätze um 16 Prozent auf 10,2 Milliarden US-Dollar.
Sipri-Experte Lorenzo Scarazzato verweist auf Hürden bei der weiteren Entwicklung der Rüstungskonzerne. „Obwohl die Unternehmen ihre Produktionskapazitäten ausgebaut haben, stehen sie immer noch vor einer Reihe von Herausforderungen, die sich auf Kosten und Liefertermine auswirken könnten.“
Die Entwicklung und Produktion wichtiger US-amerikanischer Programme wie des Kampfflugzeugs F-35, des U-Boots der Columbia-Klasse und der Interkontinentalrakete Sentinel werden weiterhin durch weitverbreitete Verzögerungen und Budgetüberschreitungen beeinträchtigt.
Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzcenter von WELT und „Business Insider Deutschland“ erstellt.
Gerhard Hegmann ist freier Wirtschaftsredakteur und berichtet seit Jahrzehnten insbesondere über die Rüstungs- und Raumfahrtindustrie.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt beim ursprünglichen Autor. Die erneute Veröffentlichung dieses Artikels dient ausschließlich der Informationsverbreitung und stellt keine Anlageberatung dar. Bei Verstößen kontaktieren Sie uns bitte umgehend. Wir werden bei Bedarf Korrekturen oder Löschungen vornehmen. Vielen Dank.