Wer vor ein paar Jahren einen Fitnesstracker am Handgelenk trug, konnte damit noch Blicke auf sich ziehen. Mittlerweile sind solche und ähnliche Produkte in der breiten Masse angekommen. 55 Prozent der Deutschen nutzen Gesundheitsapps oder sogenannte „Wearables“ wie Smartwatches oder Fitnesstracker. Je jünger, desto verbreiteter ist der Gebrauch dieser Technik. In der Gruppe der zwischen 1997 und 2012 Geborenen, der sogenannten „Gen Z“, nutzen sogar 83 Prozent solche Gesundheitsprodukte.

Diese Zahlen hat die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC in seiner aktuellen Studie „Voice of the Consumer“ erhoben, die WELT exklusiv vorliegt. Die Studie untersucht das Konsumverhalten quer durch alle Altersschichten und widmet sich insbesondere der Frage nach dem Stellenwert von Fitness und Gesundheit. 20.000 Menschen in 28 Ländern wurden dafür befragt, darunter rund 2000 Konsumenten aus Deutschland.

Die Ergebnisse der Befragung zeigen, wie ausgeprägt der Trend zu Fitness und gesunder Ernährung weltweit ist. Was die Studie ebenfalls zeigt, ist, wie stark das wachsende Segment der gesundheitsbewussten Konsumenten den Handel und Pharmabereich fordern. Denn egal ob Light-Produkte im Supermarkt, Fitnesstracker am Handgelenk oder – noch tiefgreifender – Medikamente zur Gewichtsreduktion: Die Akzeptanz solcher Produkte hat rasant zugenommen. Allerdings ist gleichzeitig auch die Erwartungshaltung der gesundheitsbewussten Konsumenten gegenüber den Herstellern und dem Handel gestiegen.

Fitness versus Fast-Food

Prinzipiell fühlt sich die große Mehrheit der Konsumenten in Deutschland laut der „Voice of the Consumer“-Befragung gesund. 75 Prozent bewerten ihren Gesundheitszustand demnach als mindestens gut. 77 Prozent legen laut der Studie Wert auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung. 74 Prozent setzen für ein langes und gesundes Leben auf einen bewussten Lifestyle, 72 Prozent auf guten Schlaf und 70 Prozent auf körperliche Aktivität.

Das Bedürfnis nach einem gesunden Lebensstil prägt auch das Konsumverhalten der Deutschen. So vermeiden 85 Prozent der Befragten stark verarbeitete Lebensmittel. 84 Prozent reduzieren ihren Alkoholkonsum. Zugleich macht die Studie auf jene Faktoren aufmerksam, die diesen Gesundheitstrends entgegenstehen. „Dieser Selbstauskunft gegenüber stehen jedoch auch gesellschaftliche Entwicklungen wie Bewegungsmangel, ein wachsender Fast-Food-Konsum sowie steigende Übergewichtsquoten“, heißt es in der Studie „Voice of the Consumer“.

Die Akzeptanz von sogenannten Abnehmspritzen und anderen Medikamenten zur Gewichtsreduktion ist laut der Studie ungebrochen. So ziehen laut der Befragung 35 Prozent der deutschen Verbraucher in Betracht, verschreibungspflichtige Medikamente zur Gewichtsabnahme zu verwenden. Unter den Millennials, zwischen 1980 und 1995 geboren, ist die Bereitschaft mit 43 Prozent besonders hoch. Ausgeprägt ist auch das Wissen darüber, dass es mittlerweile verschreibungspflichtige Medikamente zur Gewichtsreduzierung gibt. 77 Prozent haben laut der Studie bereits von Produkten wie Abnehmspritzen gehört.

Offen zeigen sich Konsumenten in Deutschland auch gegenüber dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI), wenn es um Gesundheitsfragen geht. 39 Prozent würde sich ohne Bedenken von generativer Künstlicher Intelligenz Menüvorschläge erstellen lassen. 36 Prozent würden sich auch Rat bei der KI für die Konzeption persönlicher Trainings- und Bewegungsprogramme holen. 34 Prozent ließen sich von KI auch personalisierter Ernährungs- und Diätpläne zusammenstellen. In der Gen Z ist die Bereitschaft, auf KI-Unterstützung zurückzugreifen, jeweils am höchsten.

Der Trend zu Fitness und Gesundheit geht jedoch auch mit einem erhöhten Erwartungshorizont der Konsumenten an den Handel einher. So erwartet laut der Studie jeder zweite Konsument in Deutschland von Lebensmittel- und Getränkeherstellern ein erweitertes Sortiment an Produkten, das auf individuelle Gesundheitsbedürfnisse abgestimmt ist. 40 Prozent wünschen sich ein größeres Angebot an Light-Produkten sowie eine Erhöhung der Nährstoffgehalte (39 Prozent).

Christian Wulff, Leiter des Geschäfts für Consumer Markets bei PwC Deutschland, sieht eine Chance für Lebensmittelhersteller darin, ihren Kunden personalisierte Empfehlungen zu gesunden Nahrungsmitteln oder Lifestyle-Produkten an die Hand zu geben. Die Basis dafür würden die Daten bilden, die über Wearables oder Apps erhoben werden. Auch der Einzelhandel könnte sich nach Ansicht des PwC-Experten mit individuellen Angeboten zur Förderung des Wohlbefindens besser aufstellen. Wulff empfiehlt etwa Ernährungsberatung, Fitnesskurse oder mentale Gesundheitsprogramme.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit „Business Insider Deutschland“.

Andreas Macho ist WELT-Wirtschaftsreporter in Berlin mit dem Schwerpunkt Gesundheit.

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